Trotz mieser Haushaltslage Magdeburg kauft sich ein Schloss - das sind die Hintergründe
Bei einem Termin im Amtsgericht hat die Stadt Magdeburg ein denkmalgeschützes Gebäudeensemble ersteigert. Der Verlauf des Bieterstreits sorgte aber auch für Unmut.

Magdeburg - Nach Jahren des Leerstands und des fortschreitenden Verfalls könnte sich nun ein neues Kapitel auftun: Das schlossähnliche Gutshaus am Ortseingang von Randau hat eine neue Eigentümerin. Es ist die Landeshauptstadt Magdeburg.
Zwangsversteigerung: Magdeburg kauft Schloss Randau
Im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens am Montag im Amtsgericht Magdeburg hat eine Delegation der Stadtverwaltung – darunter Wirtschaftsbeigeordnete Sandra Yvonne Stieger – den Zuschlag erhalten.
Das Siegergebot für das Ensemble mitsamt ausgedehnter Parkanlage und ehemaligen Wirtschaftsgebäuden auf rund 21.000 Quadratmetern lag bei 345.000 Euro.
Bieterstreit bei Versteigerung von Schloss Randau in Magdeburg
Vorausgegangen war ein lebhafter Bieterstreit zwischen der Stadt sowie mehrerer Privatpersonen und einem Fahrzeughandel. Letzterer war der erste, der nach Eröffnung des Verfahrens in Saal 1 pünktlich um 10 Uhr ein Gebot abgab. Dieses lag bei 15.000 Euro.
Zur Orientierung: Als Gesamtverkehrswert für das Ensemble Schloss Randau waren vorab 300.000 Euro angegeben worden. Also stieg die Stadt Magdeburg in den Bieterstreit ein – und verzehnfachte mit ihrem Einstiegsgebot von 150.000 Euro den vorherigen Höchststand. Damit war der Reigen eröffnet.
Verschiedene Privatleute sowie der Vertreter des Autohandels überboten sich im engen Takt. Erst in Zehn-, dann in Fünftausender Schritten, schnell kletterten die Gebote über die 250.000-Euro-Marke.
Parallel wurde das Tuscheln lauter. Einige Bürger äußerten ihren Unmut über das Vorgehen der Stadt, konkret den Umgang mit öffentlichen Geldern. Es war die Rede von „Preistreiberei“.

Mit dem 37. Gebot wurde schließlich der Zuschlag erteilt. Zuvor hatte eine Privatperson noch 340.000 Euro eingesetzt. Für 5.000 Euro mehr ging das Schloss Randau dann aber an die Stadt Magdeburg. Und so konnte um 10.48 Uhr der Schlusspunkt der Versteigerung verkündet werden.
Bemerkenswert: Die Stadt Magdeburg trat im Verfahren zugleich als Gläubigerin auf. So steht die bisherige Eigentümerin bei der Kommune in der Schuld – unter anderem wegen erbrachter Sicherheitsleistleistungen zur Gefahrenabwehr.
Dem Vernehmen nach summieren sich diese Verpflichtungen auf rund 120.000 Euro. Dies kann gegengerechnet werden.
Zwangsversteigerung von Schloss Randau: Frust bei Überbotenen
Zu den Überbotenen bei der Versteigerung zählte Michael Schaaf. Er äußerte sich empört über das Bieterverhalten der Stadt. Er hatte privat an der Versteigerung teilgenommen, sein letztes Gebot lag bei 300.000 Euro.
Er hatte schon konkrete Vorstellungen, was nach einem Kauf von Schloss Randau passieren sollte. In Anlehnung an die frühere Nutzung des Gebäudes als Schullandheim sollte eine Bildungsstätte für Jugendliche und Erwachsene etabliert werden. Der Name: „Akademie Randau für Bildung und Kultur.“
Dazu hätte sich nach dem Kauf auf Initiative der Bundesvereinigung für Medien ein Verein gründen sollen, mit Vertretern aus Bund, Land, Kommune und dem Ortsteil, der dann die Trägerschaft übernimmt. „Wir hatten schon 1,5 Millionen Euro für die Renovierung bereitgehalten. Jetzt kann sich eine andere Einrichtung über das Geld freuen“, sagte Schaaf.
Nach eigenen Angaben habe im Vorfeld der Versteigerung zu diesen Plänen Kontakt mit der Stadt Magdeburg bestanden – eine direkte Zurückweisung habe er nicht erhalten. Umso größer seine Irritation hinsichtlich des stetigen Überbietens.
Magdeburg plant Vermarktung von Schloss Randau
Nach der Versteigerung versuchte die Volksstimme, die Vertreter der Stadtverwaltung zu den Hintergründen für den Kauf von Schloss Randau zu befragen. Allerdings wollte sich vor Ort keiner äußern. Auf Nachfrage bei der Pressestelle der Stadt Magdeburg gab es am Nachmittag dann Antworten.
Grund für die Ersteigerung sei ein Beschluss aus dem Finanz- und Grundstücksausschuss gewesen, so Rathaussprecher Michael Reif. Sowohl der Ausschuss als auch die Stadt sahen andernfalls die Gefahr, „dass die Sicherung und der Erhalt des Ensembles auch künftig ungewiss bleiben".
„Die Verwaltung beabsichtigt nun eine Vermarktung mit konkreter Investitionsverpflichtung", so Reif weiter. Bezahlt wird der Kaufpreis aus Haushaltsmitteln der Stadt.
Gleichzeitig weist der Rathaussprecher darauf hin, dass „hohe finanzielle Forderungen gegenüber der bisherigen Eigentümerschaft" bestünden. Damit kann ein Teil der Summe refinanziert werden.
Schloss Randau in Magdeburg: Historische Bildungsstätte unter Denkmalschutz
Günther Kräuter ist Ortsbürgermeister von Randau-Calenberge. „Ich bin überrascht, aber auch froh, dass die Stadt das Schloss Randau gekauft hat“, sagte er zur Volksstimme. „Wir hoffen, dass es jetzt wiederhergerichtet und einer sinnvollen Nutzung zugeführt wird.“
Kräuter selbst plädiert schon länger dafür, das Ensemble als eine Art Schullandheim zu reaktivieren. Vorstellbar wäre dann auch eine Kooperation mit dem Freilichtmuseum Steinzeitdorf Randau im Ort.
Zum Hintergrund: In seiner jetzigen Form wurde das Gutshaus um 1885 errichtet. Wegen seiner klassizistischen Bauweise trägt das Anwesen den Namen „Schloss Randau“. Das Ensemble steht unter Denkmalschutz. Viele Jahre lang war es der lebendige Mittelpunkt des Ortes.

Zu DDR-Zeiten wurde es als Grundschule, Kindergarten und „Station junger Touristen“ genutzt. Später ging es in Privatbesitz. Seit Jahren steht das Gebäude nun leer und verfällt.
2021 ist ein Teil der historischen Schlossmauer eingestürzt und wartet seither auf Erneuerung. Die Remisen im Vorfeld des Hauses sind ruinös. Kurzum: Das Schloss Randau mit neuem Leben zu erfüllen, wird nicht günstig werden.