Landwirtschaft Kroppenstedter Schäferin schwärmt von ihrer Liebe
Juliane Liebke aus Kroppenstedt ist Schäferin mit Leib und Seele. Trotz aller Widrigkeiten, viel Bürokratie und Problemen liebt sie ihre Tiere und ihren Beruf.

Kroppenstedt - Die „Hofkolonne“ ziert sich heute. Der Nebel und die fremde Person mit dem Fotoapparat machen es Schäferin Juliana Liebke nicht einfach, die Schafe samt ihrer Lämmer für ein Foto zu begeistern. Da helfen auch Leckerlis wie Apfelschale oder Brot nichts.
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Als Hofkolonne bezeichnet Juliane Liebke jene Schafe, die auf den Weiden am Schafstallgelände stehen und noch lammen müssen. Die ersten Lämmer sind bereits geboren. Vor allem „Zutreter“ werden in den nächsten Wochen noch lammen. Das sind jene Schafe, die zum ersten Mal ein Lamm zur Welt bringen.
Fast 20 Jahre im Beruf
Die Kroppenstedterin Juliane Liebke hat 2003 von ihrem Vater Siegfried, als dieser in Rente ging, die Schäferei übernommen. „Wir sind in der Krippe groß geworden“, erzählt die 43-Jährige. In der Familie Liebke gab es immer Kühe, Schweine und eben die Schafe. Diese haben es ihr besonders angetan. Aber ihr Vater hat darauf bestanden, dass sie erst einmal einen „richtigen“ Beruf lerne. Bäckerin ist sie geworden. Doch mit Backen hatte das Bedienen der Anlagen in einer Osterweddinger Großbäckerei wenig zu tun. Außerdem war sie es gewohnt, draußen und in Bewegung zu sein. Da gab es schließlich kein Zögern, die Schafe vom Vater zu übernehmen.
Die Schäferin hat eine Herde von 360 Mutterschafen. „Sonst gibt es keine Nachzucht. Seit Dezember sind bereits 400 Lämmer auf die Welt gekommen“, erzählt Juliane Liebke. Ihre Herde besteht aus sogenannten Leineschafen, eine Rasse, die besonders gut für die Landschaftspflege geeignet ist.
Im Frühjahr geht es hinaus in die Natur
Mit der beginnenden Osterzeit werden etliche Lämmer verkauft und dann geschlachtet. Andere wiederum gehen als „Rasenmäher“ an Grundstücksbesitzer. Das Gros der Lämmer jedoch bleibt als Nachzucht für das nächste Jahr.
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So wie es wärmer ist und je nach Vegetation also genügend Grün als Futter auf den Flächen steht, geht es hinaus, beispielsweise zum alten Steinbruch oder auf eine 15 Hektar große Obstbaufläche. Erst seit einigen Jahren ist es auch wieder möglich, auf Winterbegrünungsflächen zu weiden. Die Tiere, die dann draußen bleiben, werden von Herdenschutzhunden bewacht.
Job bietet kein gesichertes Einkommen
Auf den ersten Blick sieht es nach einer großen Idylle aus, wenn ein Schäfer oder eben die Schäferin, mit der Herde über die Landschaft zieht. Aber ein Zuckerschlecken ist es eben nicht. Auch um Schäferin Juliane Liebke macht das Bürokratiemonster keinen Bogen. Um überhaupt Geld zu verdienen, müssen Anträge über Anträge gestellt werden. Es gibt unzählige Vorschriften zu beachten. „Es reicht zum Überleben, zum Bezahlen der Rechnungen, mehr nicht. Ein gesichertes Einkommen ist es nicht“, sagt Juliane Liebke. Über zehn Jahre sei keine Mutterschafprämie gezahlt worden.
Ein großes Thema ist die Verwertung der Schafwolle. Tatsächlich ist es so, dass dafür noch Geld bezahlt werden muss, um sie loszuwerden. Dabei wäre die Schafwolle ein guter Dämmstoff oder gar als Dünger bestens geeignet, sagt die Schferin. Dazu müsste die Wolle allerdings zu Pellets verarbeitet werden.
Mit dem Schafscherer unter einem Dach
Juliane Liebke kann sich zumindest die Kosten für den Schafscherer sparen. Diese Aufgabe erledigt ihr Lebensgefährte Thilo Fleischer. Er ist deutschlandweit als Schafscherer und Klauenpfleger unterwegs. Viel Arbeit steckt im Beruf der Schäferin. Und diese Arbeit muss sie immer allein bewältigen. „Es wäre nicht schlecht, wenn zwei Hände mehr mit zupacken könnten“, sagt die Kroppenstedterin.
Doch allen Widrigkeiten zum Trotz - sie liebt ihren Beruf und vor allem ihre Schafe. Wenn sie, egal ob wochen-, sonn- oder feiertags, in aller Herrgottsfrühe zu ihren Flaschenkindern fährt und sie füttert, dann ist sie mit sich im Reinen.