Aktion in der Matthias-Claudius-Haus-Stiftung Mehr Inklusion durch „Schichtwechsel“ in Oschersleben
Eine Wanzleberin hat für einen Tag ihren Arbeitsplatz mit einer Werkstattbeschäftigten der Matthias-Claudius-Haus-Stiftung in Oschersleben getauscht. Die zurückhaltende Resonanz von Unternehmen zum Aktionstag wird in der Einrichtung kritisiert.

Oschersleben - vs/Jan Dahms
Vorsichtig drückt Sina Liebzeit den Aufkleber auf die Bonbontüte. Hebräische Buchstaben sind zu sehen – es sind die Inhaltsangaben der kleinen Leckereien aus dem Hause Bodeta, die für Kunden in Israel präpariert werden müssen. Sie kommt sofort mit den anderen Frauen und Männern am Bonbontisch ins Gespräch, das Kleben geht ihr dank der guten Gesellschaft immer schneller von der Hand. „Ich war neugierig auf das, was hier so für Bodeta gemacht wird“, sagt die 48-Jährige, die sonst an einem Schreibtisch im Rathaus Wanzleben sitzt.
Liebzeit hat kürzlich am „Schichtwechsel“ der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) teilgenommen und ihren Arbeitsplatz am Empfang der Stadtverwaltung Wanzleben mit der Werkstattbeschäftigten Jennifer Regener getauscht. Fünf weitere Beschäftigte aus der Matthias-Claudius-Haus-Stiftung Oschersleben waren nach eigenen Angaben anlässlich des deutschlandweiten Aktionstages ebenfalls in Unternehmen unterwegs, um neue Perspektiven zu gewinnen.

Schichtwechsel-Aktion in Oschersleben: Inklusion über das Arbeiten erreichen
„Inklusion geht hervorragend über das Thema Arbeit“, weiß Dirk Belling, der die WfbM im Neubrandslebener Weg leitet. „Wir haben aus unseren Werkstätten zwei Beschäftigte beim Landkreis Börde, drei beim Dosenhersteller ,Ardagh Metal' in Hermsdorf und eine im Rathaus Wanzleben.“ Eigentlich sollten ebenso viele Mitarbeiter in der Matthias-Claudius-Haus-Stiftung sein, aber am Ende war es nur Sina Liebzeit.
„Wir hatten mehr Anmeldungen fürs Arbeitsplätzetauschen, aber krankheitsbedingt gab es kurzfristig Absagen“, schildert Belling. Lange vor dem Aktionstag hatte er viele Unternehmen und kommunale Institutionen zum Mitmachen bewegen wollen, doch die Resonanz sei eher verhalten gewesen. „Manchmal kam nicht einmal eine Antwort“, kritisiert er. „Das ist schade. Es geht ja auch um Sichtbarkeit, Gleichberechtigung und Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Inklusion darf nicht am Werktor aufhören.“ Einen fünften „Schichtwechsel“ will er 2026 trotzdem planen – dann mit mehr Bereitschaft und Resonanz, hofft der Werkstattleiter.