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Geburtstag 40 Jahre Salzwedeler Kulturhaus

Einst als „Grauer Wilhelm“ verspottet, heute als „Kulti“ fest etabliert: Das Salzwedeler Kulturhaus hat in 40 Jahren viel erlebt.

Von Antonius Wollmann 29.02.2016, 00:01

Salzwedel l Anfang der 1970er-Jahre drohte in Salzwedel der kulturelle Notstand auszubrechen. Die Stadthalle – der gößte Veranstaltungsort der Stadt – befand sich baulich in einem bedenklichen Zustand. Am 30. September 1972 wurde sie für das Publikum gesperrt und kurze Zeit später abgerissen. Ersatz musste also her. Da traf es sich gut, dass der Volkseigene Betrieb Erdöl/Erdgas Stendal schon seit längerer Zeit Pläne für ein Mitarbeiter-Klubhaus in der Schublade hatte.

„Ohne VEB Erdgas/Erdöl hätte es das Kulturhaus nicht gegeben. Der Betrieb übernahm den größten Teil der Finanzierung“, berichtet Steffen Langusch, Leiter des Salzwedeler Stadtarchivs.

Im August 1972 erteilte der Rat der Stadt die städtebauliche Bestätigung, als Standort wurde der Klingenberg aufgrund seiner guten Erreichbarkeit gewählt. Entstehen sollte ein „Flachbau in Montagebauweise“, geben die Bauakten Auskunft. Die Grundsteinlegung erfolgte im Frühjahr 1973. Gut zwei Jahre Bauzeit waren geplant, um die Veranstaltungshalle am 7. Oktober 1975 – dem Tag der Republik –einzuweihen. Der Plan konnte indes nicht eingehalten werden, am 26. 1976 Februar wurde das Klubhaus von Alois Pisnik, 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung, übergeben.

Zu Ehren des ersten Präsidenten der DDR lautete der offizielle Name „Klubhaus der Erdgasarbeiter Wilhelm Pieck“. Erste Leiterin wurde Brigitte Radde, Dieter Karrasch ihr Stellvertreter. Die Salzwedeler gaben ihrem neuen Kulturhaus übrigens einen wenig schmeichelhaften Spitznamen. Angelehnt an die eher triste Farbe der Fassade, sprach der Volksmund nur vom „Grauen Wilhelm“.

Trotzdem erfreute sich der Veranstaltungsort schnell größter Beliebtheit. Dabei wurde die Halle keineswegs nur exklusiv von den Erdgasmitarbeitern genutzt. Kulturelle Ereignisse jeder Art fanden dort statt. Außerdem nutzten diverse Jugendklubs die Räume, genauso wie verschiedene Schulzirkel.

„Das Programm war sehr vielfältig“, erinnert sich Joachim Mikolaiczyk, der 1987 als kulturpolitischer Mitarbeiter zum Kulturhaus stieß und heute den KulTour-Betrieb der Hansestadt leitet. Jedoch sei man in der Auswahl der auswärtigen Künstler vor der Wende immer ein wenig eingeschränkt gewesen, ergänzt Michael Tunger, früher ebenfalls kulturpolitischer Mitarbeiter und heute Leiter des Veranstaltungsbetriebes. „Die Konzert- und Gastspieldirektion hat uns immer gewisse Vorgaben gemacht. Da blieben uns nicht immer so große Möglichkeiten, selbst zu gestalten“, erzählt Tunger.

In diesem Sinne sei die Wiedervereinigung nicht nur politisch eine Befreiung gewesen. Doch, dass das Kulturhaus die Wende überlebte, ist keine Selbstverständlichkeit. „Wir waren von Beginn an der Verwaltung der Stadt unterstellt. Viele Häuser, die zu DDR-Zeiten vom Kreis betrieben wurden, wurden nach 1990 geschlossen. Das Haus in Osterburg zum Beispiel“, merkt Joachim Mikolaiczyk an.

Bei all der gewonnen künstlerischen Freiheit, stellte die Wende die Mitarbeiter des Kulturhauses vor nicht geringe Herausforderungen. „Gerade in der unmittelbaren Wendezeit hatten die Menschen andere Interessen und sind nicht mehr so häufig zu uns gekommen. Das hat sich aber relativ schnell wieder gelegt“, sagt Michael Tunger. Was er in diesem Zusammenhang besonders erfreulich findet: „Wir haben im Laufe der Zeit ein großes Publikum aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg gewinnen können, das uns immer noch die Treue hält.“

Dennoch bereitete vor allem die Modernisierung des Gebäudes den beiden Mitarbeitern des KulTour-Betriebes zwischenzeitlich Kopfschmerzen. Doch der Umbau in den Jahren 2003 und 2004 machte das Haus fit für die Zukunft. Nicht nur wurde die Technik modernisiert, ebenso wurde der Saal vergrößert, der Künstlertrakt erneuert und das Foyer komplett umgebaut.

Die Zuschauer honorierten die Renovierung. Auch im Jahre 2016 ist das Kulturhaus ein Zuschauermagnet. „Wir waren zu DDR-Zeiten das kulturelle Zentrum der Region, und sind es heute noch“, sagt Joachim Mikolaizcyk nicht ohne Stolz.