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Heimatgeschichte Die Geschichte der Milchbänke in Welsleben

Wie gelangte die Milch früher an die Verbraucher? Die Geschichtsarbeitsgruppe aus Welsleben klärt auf.

Von Louis Hantelmann 25.11.2023, 07:49
Traudi und Jürgen Starck erinnern mit dem Milchbock vor ihrem Haselnusshof in Binde/Arendsee an frühere Zeiten der Landwirtschaft.
Traudi und Jürgen Starck erinnern mit dem Milchbock vor ihrem Haselnusshof in Binde/Arendsee an frühere Zeiten der Landwirtschaft. Archivfoto: Helga Räßler

Welsleben. - Wenn man in Welsleben heute Milch benötigt, fährt man schnell in den örtlichen Supermarkt und greift kurzerhand ins Regal. Dort hat man dann die Auswahl zwischen zum Beispiel Vollmilch, fettarmer und laktosefreier Milch. Ganz einfach also. Doch wie gelangte früher die Milch an die Verbraucher? Darüber informiert die Geschichtsarbeitsgruppe des Dorfes in einem ihrer Hefte.

Die in Welsleben produzierte Milch wurde bis 1936 in der Molkerei Harzer zu Butter, Käse, Sahne und ähnlichen Produkten verarbeitet. Aus der 1902 von Karl Harzer gegründeten Dampfmolkerei sollte später eine Süßmostkelterei werden, heute als Natho’s Säfte bekannt. Mit Gründung der Genossenschaftsmolkerei in Bad Salzelmen, die je Liter Milch zwei Reichspfennig mehr als Harzer zahlte, wurde die Harzersche Molkerei stillgelegt. Georg Otto (Schorsch Otte) übernahm als erster den Transport der Milch nach Salzelmen. Er besaß zu diesem Zeitpunkt einen kleinen Lastwagen und übernahm diese Lieferung jeden Tag. Die Bauern stellten ihre vollen Milchkannen an den Straßenrand und da die Kannen zu schwer waren, um sie auf den Laster zu heben, bauten einige Bauern vor ihrem Gehöft eine sogenannte Milchbank an die Straße, heißt es seitens der Geschichtsarbeitsgruppe Welsleben, die die Milchbänke in einem ihrer Hefte thematisiert hat.

Diese Milchbänke oder auch -rampen waren eine Plattform, auf denen die Milchkannen zum Abholen mit Karren oder Lastwagen abgestellt worden. Einige der Bänke wurden aus Holz hergestellt, andere wiederum aus Stein oder Betonblöcken.

Die abholbereiten Milchkannen vor dem Gehöft der Langen Straße 14 in Welsleben.
Die abholbereiten Milchkannen vor dem Gehöft der Langen Straße 14 in Welsleben.
Zeichnung: privat

Zwei mal Melken pro Tag

Die erste Milchbank stand bei Georg Otto selbst, die zweite bei Peters. Diese Bank bestand aus einer genagelten Holzplatte, die an Ketten hing. Wenn sie im Weg war, konnte man sie einfach nach oben klappen. Weiter ging es zum Hof von Conrad Erxleben, dann zur Hofstelle Tuch, wo sich heute der Spielplatz befindet, danach zu Gerloff in der Langen Straße, weiter zu der Milchbank von Willi Freitag, später Walter Marckwardt. Diese Bank stand auf vier Holzpfählen mit einer Platte aus stabilen Latten. Es ging dann weiter die Straße hinunter bis zu Johannes Platz. Den Abschluss machte die Bank von Otto Horrmann. Die Bauern, die in der Nähe dieser Milchbänke wohnten, brachten ihre Kannen bis um 6 Uhr morgens dorthin. Gemolken wurde immer zwei Mal am Tag: Morgens und abends. Es kam an heißen Tagen manchmal vor, dass die Milch sauer wurde. Diese Milch nahm die Molkerei nicht an, sie kam mit den anderen leeren Kannen um die Mittagszeit wieder zurück.

Die Milchkanne  von Franz Korn mit Nummer zur Zuordnung.
Die Milchkanne von Franz Korn mit Nummer zur Zuordnung.
Foto: privat

Um zu wissen, von welchem Bauern die Milch kam, sind die Kannen nummeriert worden. Hubert Dobbert in der Lindenstraße hatte zum Beispiel die Nummer 533. Zu Kriegszeiten musste Georg Otto seinen Lastwagen abgeben. Walter Klemme fuhr von nun an mit dem Pferdefuhrwerk die Kannen täglich nach Salzelmen. An jeder Kanne befand sich auch eine Milchkarte, in der die Milchmenge eingetragen wurde.

21 Pfennig pro Liter

Monatlich kamen auch Milchkontrolleure, die den Fett- und Eiweißgehalt maßen. Wenn die Milch in Ordnung war, wurde das Geld auf das Konto des Bauern überwiesen. In der Regel bekamen die Bauern pro Liter circa 21 Pfennige.

„Wir Kinder entfremdeten diese Milchbänke manchmal. Mit alten Säcken und Decken behangen, waren sie eine tolle Butze, unter der man herrlich spielen konnte“, erinnert sich Gisela und Elmar Ziegler von der Geschichtsarbeitsgruppe.

Mit der Einstellung der Milchwirtschaft in Welsleben wurden diese Milchbänke überflüssig und verschwanden. „Leider existieren in Welsleben keine Milchbänke mehr. Fotografiert hat sie auch niemand“, berichtet Elmar Ziegler von der Geschichtsarbeitsgruppe Welsleben.