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Naturschutz Einbezogen und doch außen vor bei Natura 2000

Das Gebiet „Mittelelbe zwischen Mulde und Saale“ ist mit der europäischen Naturschutzverordnung Natura 2000 in Kraft getreten.

15.01.2019, 09:00

Barby l Die Ortsbürgermeister der Einheitsgemeinde Barby sind sauer. Im September hatten sie Einspruch gegen „Natura 2000“ eingelegt. Gerade an der Elbe seien viele Grundstücke von der Naturschutzverordnung betroffen, an denen Anwohner und Jäger sich nicht mehr so bewegen können, wie sie es gewohnt waren. Mittlerweile ist „Natura 2000“ und gleichzeitig die Verordnung zum Naturschutzgebiet „Mittelelbe zwischen Mulde und Saale“ in Kraft getreten.

Einige Bauern, Angler und Jäger aus ganz Sachsen-Anhalt hatten in der vergangenen Woche in Magdeburg gegen die Richtlinie protestiert. In Barby wussten viele nicht von der Veranstaltung, oder waren verhindert. Nichtsdestotrotz ist zum Beispiel Hans-Georg Buszkowiak (parteilos), Ortsbürgermeister von Breitenhagen, immer noch gegen die Verordnung in der derzeitigen Form. Gemeinsam mit dem Ortschaftsrat von Lödderitz, hatte er im Oktober vergangenen Jahres beklagt: „Wir, die betroffenen Bürger der Ortschaften Breitenhagen und Lödderitz, werden durch die Ausweisung des Naturschutzgebietes erheblich in unserem täglichen Leben beeinträchtigt.“

Dieses Anliegen hatten sie mit konkreten Beispielen, wie, dass der Friedhof Lödderitz in der Schutzzone liegt, unterfüttert. „Nach dem aktuellen Entwurf soll der Friedhof einschließlich der Zuwegung im Naturschutzgebiet liegen. Dies lehne ich ab und fordere im Bereich des Friedhofes Lödderitz die Beibehaltung der derzeitigen Grenzen des Naturschutzgebietes“, heißt es in der Stellungnahme des Ortschaftsrates aus Lödderitz. Dazu nimmt der Referent des Landesverwaltungsamtes für Natura 2000, Torsten Pietsch, unter anderem Stellung. Der Forst Lödderitz sei in der Verordnung zum Naturschutzgebiet, und hier sei auch keine Grenzänderung mehr vorzunehmen. Der Försterfriedhof sei davon allerdings wegen der Begehung und der touristischen Erschließung ausgenommen. Auch ein anders Bedenken aus Breitenhagen, dass das Museumsschiff „Marie Gerda“ als Teil des Naturschutzgebietes an der Elbe nicht mehr zu betreten sei, wischt der Referent weg: „Wegen des Bestandsschutzes gibt es für das Museumsschiff eine Sondergenehmigung.

Der Bürgermeister der Einheitsgemeinde Barby, Torsten Reinharz, hatte den Protest der Ortsbürgermeister an das Landesverwaltungsamt weitergereicht. Bisher sei dazu keine Antwort von der Behörde gekommen. Das Landesverwaltungsamt beantwortet die Frage, warum bis heute keine Antwort auf den Protest zum damaligen Entwurf gekommen ist, damit, dass sie nicht dazu verpflichtet sind, auf jede einzelne Anfrage zu antworten.

Vielfältige Änderungen seien jedoch in die Verordnung eingeflossen, die im Interesse der Anwohner gewesen sind. So verweist Torsten Pietsch auf eine Veranstaltung vom Oktober des vergangenen Jahres, bei dem vor allem Paddler, Angler, Segler und Kanuten eingeladen waren. Beispielsweise sei damals zu vermelden gewesen, dass zehn bis zwölf Steganlagen fachlich geprüft worden sind, und nur zwei bis drei davon gestrichen worden.

Der Vorsitzende des Angelsportvereins, Elbe-Saale Barby, Winfried Schiffel, spricht sich zwar für den Zweck von Natura 2000 aus. Jedoch, was ihn insbesondere ärgere, sei die Tatsache, dass das Land Sachsen-Anhalt die Betroffenen, nämlich Land- und Forstwirte, Grundbesitzer, Städte und Gemeinden sowie die Vereine und Bürger, viel zu spät über dieses umfangreiche Projekt in Kenntnis gesetzt und an dessen Umsetzung beteiligt hat. „Viele Fragen und auch konstruktive Vorschläge hätten wesentlich früher erörtert und eingebracht werden können“, so Schiffel. Diese fehlenden Informationen hätten zu vermeidbaren Ängsten und Unsicherheiten geführt.

Eine Sorge der Ortschaftsräte und der Stadt ist zum Beispiel, dass durch die Verordnung der Hochwasserschutz gefährdet sei. Daraufhin gibt jedoch Roland Günther, Flussbereichsleiter vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz, Entwarnung: „Der Hochwasserschutz ist nicht gefährdet. Es gibt jür uns zwar ein paar Einschränkungen, wir müssen zum Beispiel zu anderen Zeiten mähen, und Auflagen beachten, aber ich sehe keine Gefährdung der Deichanlagen.“ Die Abstimmung mit dem Landesverwaltungsamt hätte einige Probleme hervorgebracht, aber am Ende hätte man sich geeinigt.

Mit Einschränkungen hatte die Jägerschaft zu kämpfen gehabt, vor allem in Lödderitz und Groß Rosenburg, sagt der Vorstand der Kreisjäger, Jens Dedow. Dass sie weniger Wildschweine jagen können, würde erhebliche Schäden an Äckern und Flächen hervorbringen. Genau wie man sich jedoch auch dem Landeshochwasserschutz angenähert habe, geschehe das auch bei den Jägern, so Pietsch vom Landesverwaltungsamt. „Wir haben dort nachjustiert und eine Vereinbarung mit dem Wildtiermanagement getroffen“, sagt er.

Zu den Vorwürfen der fehlenden Information äußert Pietsch: „Es gab mehrere Einwohnerversammlungen, und es wird die Möglichkeit zur Einsichtnahme geben. Es sind zwei Tage bei den Landkreisen eingeplant, und auch ein Tag pro Stadt. Das wird allerdings erst nach dem 14. Februar passieren.“ Bis dahin müsse man noch eine Pressemitteilung herausgeben.

Details zur Verordnung sind auch im Internet.