Natur Schönebeck: Zukunft für Dornburger Alte Elbe
Hochwasserschutz ist wichtig. Das Land nimmt dafür viel Geld in die Hand. Doch die Eingriffe des Menschen, seit Jahrhunderten, greifen in die Kreisläufe von Flora und Fauna. Gewässer verlanden. Vor den Toren von Schönebeck, an der Dornburger Alten Elbe, wird der Versuch unternommen, dem entgegen zu wirken.

Elbenau - „Das ist die Kehrseite des Hochwasserschutzes“, sagt Christian Kunz Landesgeschäftsführer des BUND Sachsen-Anhalt. Im Bereich der Dornburger Alten Elbe (DAE) zwischen Elbenau und Magdeburg, wo aufgrund des veränderten Flusslaufes kein entsprechender Wasseraustausch stattfinden kann, leidet hierbei sowohl die Tier- wie auch die Pflanzenwelt.
Die umfangreichen Schutzmaßnahmen betrifft auch die Elbe, die laut Fluthilfe in Deutschland in den vergangen Jahrhunderten um 67 Kilometer gekürzt wurde. Dadurch entstehen Gebiete wie die Dornburger Alte Elbe, die nun vom Fluss und Nährstoffaustausch abgeschnitten sind.
„Der historische Hochwasserschutz wirkt sich bis heute aus, jedoch haben sich die Siedlungsformen zwischen den Deichen an den Vorteil des HW-Schutzes ,gewöhnt’ und entwickelt. Deshalb sehen wir den Hochwasserschutz dort nicht als das Hauptproblem, sondern schauen auf die Revitalisierungsmöglichkeiten in der gegebenen Situation“, führt Kunz aus. Er blickt optimistisch auf das anstehende Projekt.
Feuchtbiotop Alte Elbe
„Von den insgesamt 23 Kilometer Länge der DAE werden also noch immer etwa 8 Kilometer bei Hochwasser durchflossen. Der Rest, etwa 15 Kilometer, liegen in der sogenannten fossilen Aue“, erklärt Christian Kunz, für den die Trennung der Alten Elbe vom Zufluss als problematisch ansieht. Dies sei der Hauptgrund für die Verlandung. Dieser langwierige Prozess führt dazu, dass die Wasserfläche verringert wird. Also müssen Gegenmaßnahmen getroffen werden.
Warum ist die Wiederbelebung wichtig?
Gerade an Gewässern sind viele Pflanzen und Tiere beheimatet, die durch den Rückgang dieser Feuchtgebiete bedroht sind. Sowohl das Bundesamt für Naturschutz als auch die Europäische Union schützt verschiedene Tier- und Pflanzenarten. Auf der Unionsliste der EU stehen inzwischen 66 Arten darunter auch die grüne Mosaikjungfer und die Rotbauchunke, die beide an der Alten Elbe leben. Doch bedrohte Arten auf Listen zu setzen, kann nur der erste Schritt sein.
In diesem Fall gilt es, das Ökosystem aufrecht zu halten. Beispielsweise benötigt die grüne Mosaikjungfer – eine seltene Libellenart – eine Pflanze, die Krebsschere, um dort ihre Eier abzulegen. Eine Alternative gibt es nicht. Die Situation hat sich dahingehend verschlimmert, dass es in diesem Bereich keine Krebsschere mehr gibt und somit auch keine Chance für die Libelle ihre Eier abzulegen.
Auch die Rotbauchunke ist noch an der Dornburger Alten Elbe heimisch, aber wie lange noch, ist nicht klar. „Wir haben Glück gehabt, dass sie noch da ist“, sagt Projektleiter Ralf Meyer.
Sein Ziel ist es in mehreren Bauabschnitten, das Biotop wiederherzustellen. „Im Bereich der Alten Elbe ist die Zahl der Arten von 120 auf 50 zurückgegangen“, beziffert er die Auswirkungen der letzten Jahre. Seiner Ansicht nach wäre in diesem Jahr vielleicht die letzte Chance, eine weiteren signifikanten Rückgang der Libelle und Unke zu verhindern.
Im Bereich Dessau, wo eine Revitalisierung bereits erfolgreich durchgeführt worden ist, seien schnell Erfolge erzielt worden. „Dort ist die Zahl der Arten von 10 auf 200 sehr schnell angestiegen“, verweist Meyer auf den Erfolg an anderer Stelle.
All dies kostet eine Menge Geld. Die Renaturierung eines toten alten Elbarmes bei Lostau etwa kostete über vier Millionen Euro. Um einen unterbrochenen Durchfluss der Ehle zu Elbe zu erreichen, mussten 150000 Kubikmeter Schlamm ausgebaggert werden. Jetzt floriert das Gebiet neu.
Revitalisierung des Gebiets
Der BUND setzt sich bereits seit 2010 dafür ein, diesem Gebiet neues Leben einzuhauchen. Die Schwierigkeit ist, dass durch den nicht vorhandenen Wasseraustausch, das Gebiet verlandet. Für die erste Maßnahme, deren Ziel es ist, den Prozess der Verlandung zu stoppen, sind 750000 Euro veranschlagt worden. Finanziert wird dies durch den Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Das Land Sachsen-Anhalt ist mit rund 25 Prozent an den Kosten beteiligt.
„Bereits in den vergangenen Jahren haben wir bei Infoveranstaltungen auf die komplexe Gemengelage hingewiesen, die ein Projekt dieser räumlichen und finanziellen Größenordnung mit sich bringt“, erinnert sich Christian Kunz an den schwierigen Prozess. Inzwischen sind die Finanzierung des Projekts und viele weiteren Hürden aus dem Weg geräumt. Im Herbst könnte es losgehen.
Dabei wird ein innovatives Verfahren erstmals angewendet. Um den Schlamm aus dem Wasser zu bekommen, wird ein Saugspülbagger benötigt. Allerdings braucht dieser Wasser, um entsprechend arbeiten zu können. Die Alternative wäre ein Schaufelbagger, für den aber erst eine Straße gebaut werden müsste, die größer wäre als die letztlich zu entschlammende Fläche.
Die Innovation in diesen Verfahren ist, dass bei dem Spülbagger künstlich Wasser zugefügt wird, so dass dieser seine Arbeit erledigen kann. Was einfach klingt, ist vorher noch nie gemacht worden und es somit letztlich keine Garantie für das Gelingen gibt. Auch deswegen sind Schätzungen über die Länge des Projekts schwierig zu machen. Meyer geht davon aus, dass es über zehn Jahre dauern kann.
Letzte Hürde
Das die Arbeiten noch nicht begonnen haben, liegt an einer historischen Schwierigkeit, da das Gebiet um Magdeburg bis in den Mai 1945 heftigen Bombardements ausgesetzt war. Entsprechend werden immer wieder gefährliche Fliegerbomben gefunden, die noch entschärft werden müssen. Also muss die Kampfmittelräumung durch das Gebiet der Alten Elbe und dieses Areal falls nötig säubern.

