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Totensonntag Debatte um Friedhofsgebühr und Baumbestattung

Staßfurt diskutiert Friedhofsgebühr und Baumbestattung. Auf dem Friedhof Hohenerxlebener Straße ist vor dem Totensonntag einiges los. Etwa ein Ausbau der Grabkreise.

Von Tobias Winkler 20.11.2025, 10:00
Bauen derzeit den fünften Ring des Gräberrondells auf dem Friedhof Hohenerxlebener Straße: Marcus Pich (34) an der Rüttelplatte, Nicky Klinger (38) am Hopser, Simon Apelt (21) an der Harke.
Bauen derzeit den fünften Ring des Gräberrondells auf dem Friedhof Hohenerxlebener Straße: Marcus Pich (34) an der Rüttelplatte, Nicky Klinger (38) am Hopser, Simon Apelt (21) an der Harke. Foto: Tobias Winkler

Staßfurt - In Verwaltung und Politik dreht sich in Staßfurt derzeit einiges um neue Friedhofsgebühren – aber auch um die Idee neuer Arten der Bestattung, etwa an Bäumen. Für Freundes- und Familienkreise, für zufällige Gemeinschaften, für Einzelpersonen. Kurz vor dem Totensonntag dient der Friedhof derweil als ein willkommener Treffpunkt. Auf dem Friedhof Hohenerxlebener Straße ist einiges los. Etwa ein Ausbau der Grabkreise.

Dass derzeit oder in den kommenden Herbst- und Winterwochen mehr Menschen sterben, nein, das mag Ralf Kahle ausschließen.

Einsamkeit, die Melancholie, Depression, fehlender Lebensmut – dieser Mythos, er halte sich.

Dennoch: „Hier wird das ganze Jahr gestorben“, sagt der Staßfurter Bestatter. „Mit Jahreszeiten hat das nicht viel zu tun.“

Beisetzung, Bestattung, Grab

Ralf Kahle, 62 Jahre alt, Inhaber des nur wenige Meter vom Friedhof Hohenerxlebener Straße entfernten Bestattungsinstitut Pietät, wartet gerade auf Kundschaft.

Was die Bestattungsarten angeht, beobachtet er seit einigen Jahren eine deutliche Entwicklung.

95 Prozent seiner Kunden beziehungsweise derer Verstorbenen, schätzt er, bevorzugten die Feuerbestattung und damit die Beisetzung in einer Urne.

Auf dem Friedhof, unter anderlei Grund, auf dem Wasser, im Wind verstreut – der Möglichkeiten seien heutzutage selten Grenzen gesetzt.

Das Hohenerxlebener Rondell

Inmitten des Friedhofs arbeitet man derweil – in Tagen der im Stadtrat knapp beschlossenen Wirtschaftlichkeitsprüfung des Stadtpflegebetriebs – an dem vor einigen Jahren errichteten Rondell für die Urnen.

Nicky Klinger, Marcus Pich und Simon Apelt, 38, 34 und 21 Jahre alt, Mitarbeiter der Stadtpflege, eröffnen den mittlerweile fünften Ring der kreisförmigen, zielscheibenartig gezeichneten Grabanlage, bereiten das Erdreich für weitere je rund einen Quadratmeter große Urnenflächen vor.

Wenn das Wetter mitspiele, sei man bald fertig – „es braucht jetzt Beton“, erläutert Marcus Pich. Das Rondell wachse stetig, sei bei den Staßfurtern durchaus beliebt, fügt Nicky Klinger hinzu. „Ich find’s gut“, sagt er. „Eine gute Idee – bei den heutigen Preisen.“

Fotos statt Religion

Ob ein besonderes Gefühl dabei sei, auf einem Friedhof zu arbeiten – im Gegensatz zu einem Park, einem Spiel- oder Sportplatz etwa? „Ist halt Arbeit“, sagt Simon Apelt. Der Unterschied sei daher gering.

Einen gezielteren Blick auf die Gestaltung der Gräber wirft unterdessen Peter Beyer. Der 88-Jährige, ehemaliger Berufsschullehrer, hält am kommenden Mittwoch einen Vortrag zu Friedhofsentdeckungen und ist zu Besuch, um bemerkenswerte, beeindruckende und ganz alltägliche Beispiele zu sammeln.

„Die Grabsteine zeigen öfter Bilder“, stellt er fest – die Verstorbenen seien vermehrt selbst, oft fotografisch dargestellt. Immer seltener gebe es indes religiöse Motive, Sprüche und/oder Illustrationen.

Grabschmuck der Saison

Wer etwa vergänglicheren Grabschmuck sucht, ist neben der Pforte zum Friedhof dazu eingeladen.

Derzeit dominierten Tanne, Koniferen, wintergrünes Gehölz, Bambus und getrocknete Blüten, berichten die Mitarbeiter von Blumen-Bank. „Es soll winterfest sein, bis ins nächste Jahr halten.“

Die Menschen kommen, um sich zu treffen, um miteinander zu reden

Ralf Kahle, Bestatter

Bestatter Ralf Kahle sieht in dem benachbarten Friedhof Hohenerxlebener Straße einen gern angenommenen Ort.

„Die Menschen kommen, um sich zu treffen, um miteinander zu reden“, sagt er.

Dass sich ein Friedhof letztlich selten vollkommen kostendeckend bewirtschaften lasse, steht außer Frage. Seit einigen Jahren passe er die Preise jedes Jahr an.

Von Friedhofsentdeckungenberichtet der etwa einstündige Vortrag von Peter Beyer am Mittwoch, 26. November, in der Staßfurter Urania, Prinzenberg 18. Start ist um 15 Uhr.

Tanne, Koniferen, wintergrünes Gehölz, Bambus und getrocknete Blüten – der Grabschmuck soll derzeit winterfest sein, bis ins nächste Jahr halten.
Tanne, Koniferen, wintergrünes Gehölz, Bambus und getrocknete Blüten – der Grabschmuck soll derzeit winterfest sein, bis ins nächste Jahr halten.
Foto: Tobias Winkler

Stadt arbeitet an Gebühren

Die Stadt Staßfurt feilt an einer einheitlichen Satzung der Friedhofsgebühren für die Kernstadt und die Ortsteile. Zu Neujahr müsse man „eine kostendeckende Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der Friedhöfe“ in Kraft setzen, heißt es aus dem Büro des Bürgermeisters. Haushaltsrechtlich der Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes entsprechend.

Im Vorfeld der nächsten Stadtratssitzung am 11. Dezember beraten dieser Tage die Ortschaftsräte (Beschlussvorlage 0268/2025). Der Kostendeckungsrechnung der Beratungsfirma Allevo nach belaufen sich die Aufwendungen seit 2022 im Mittelwert auf 1.127.533 Euro pro Jahr, die Erträge auf 438.418 Euro. Daraus ergibt sich im Jahr ein Minus von 689.115 Euro.

Alternative Baumbestattung

In Sarg oder Urne, beigesetzt auf einem Fluss, See oder Meer, im Wald oder an anderen individuell ausgesuchten Stellen – die Bestattungskultur erweitert sich stetig. In Staßfurt kommen, geht es nach der Alternativen für Deutschland (AfD), schon bald neue Möglichkeiten hinzu: Bestattungen an einem Baum, auf einem der Friedhöfe der Stadt. Derzeit läuft die Abstimmung in den Ortschaftsräten. Am 11. Dezember folgt der Stadtrat.

„Die Bürger nutzen immer mehr Alternativen zu traditionellen Erdbegräbnissen oder zur Urnenbestattung“, erläutert AfD-Stadtrat Matthias Rasehorn. „Damit Alternativen in der Stadt Staßfurt möglich sind und die Abwanderung in einen Friedwald oder Ähnliches verhindert wird, sollen weitere Bestattungsformen in die Friedhofssatzung der Stadt Staßfurt aufgenommen werden.“

Den Bürgern will man damit die Möglichkeit geben, sich nach ihren Wünschen beziehungsweise in einer künftig größeren Auswahl auch dort beerdigen zu lassen, wo sie möchten und/oder ihr Leben verbracht haben. Geplant ist dem Sachantrag 0247/2025 zufolge eine „Baumgrab-Abteilung“ auf den Friedhöfen.

Dort sollen sich biologisch abbaubare Urnen am Fuße von Bäumen beisetzen lassen: mehrere Personen an einem Familien- oder Freundschaftsbaum, mehrere Personen ohne direkte Verbindung an einem Gemeinschaftsbaum und Einzelpersonen am eigenen Platz.

Zu Lebzeiten können Bürger ihre Bäume dem Vorschlag nach selbst pflanzen, oder sie überlassen es Hinterbliebenen, sobald die Asche beigesetzt ist. Zudem sollen sich bestehende erwerben lassen. Die Kennzeichnung ist flexibel geplant – mit Plakette für Namen und Lebensdaten oder anonym. Von recht hohen Kosten sei, so Rasehorn, auszugehen. Stichwort: „Exklusivrechte“.