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Theater der Altmark  „Das machen wir alles zusätzlich“

Theater-Intendant Netschajew freut sich auf drei besondere Projekte in Stendal. Sie werden mit dem Preisgeld des Theaterpreises finanziert.

Von Bernd-Volker Brahms 08.04.2016, 11:46

Stendal l Selbstverständlich fühlt sich TdA-Intendant Alexander Netschajew gebauchpinselt durch den Theaterpreis, den das Theater der Altmark im Dezember von der Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) erhalten hat. Als eines von zwölf Theatern in Deutschland war die Stendaler Kultureinrichtung insbesondere dafür ausgezeichnet worden, dass sie „raus und unter die Leute geht“, wie Netschajew sagt. 80 000 Euro hat das Theater an Preisgeld erhalten.

Für drei Projekte möchte das Theater das Geld nunmehr einsetzen. „Das machen wir alles zusätzlich“, betont Netschajew. Man habe sich bewusst für Projekte entschieden, die einerseits ohne das Geld nicht möglich wären und andererseits wiederum in die städtische Gesellschaft Stendals hinein wirken. Was ist geplant, wollte die Volksstimme von den Verantwortlichen des Theaters der Altmark wissen?

Im Sommer 2014 präsentierte das TdA in vier Aufführungen mit dem Musikstück „Roland, mein Roland“ eine Hommage an die Stendaler Symbolfigur des Ritter Roland. „Das wollen wir 2017 wieder aufleben lassen“, sagt Netschajew. Seinerzeit hatten das Stück, an dem rund 100 Menschen – vor allem auch Laiendarsteller – mitgewirkt haben, 1000 Menschen gesehen. Es spielte vor und hinter dem Theatergebäude. „Bei der Neuauflage möchten wir gerne auf den Marktplatz zum echten Roland ziehen“, sagt der Intendant. Er glaube, dass die Stendaler vor zwei Jahren richtig angefixt worden seien von dem Stück. Er rechne damit, dass diesmal sechs bis acht Aufführungen laufen können. „Ich denke, das werden sich doppelt so viele Menschen ansehen, wie beim letzten Mal“, sagt Netschajew. Auch 2017 sollen wieder viele Laiendarsteller eingebunden werden. „Das Stück hat großes Indentifikationspotenzial.“ Dies habe allein schon die Tatsache gezeigt, dass im Oktober ein Bürgerchor aus 1000 Menschen auf dem Marktplatz das Rolandlied gesungen hat.

Mit Stendaler Schülern soll geträumt werden, wie die Stadt für junge Menschen attraktiver und zum Bleiben gestaltet werden könnte. Ein ganzes Schuljahr lang soll ein „Traumtag“ vorbereitet werden, bei dem der Öffentlichkeit und eben auch Entscheidern die Träume präsentiert werden sollen. „Es können die irrigsten Sachen dabei herauskommen“, sagt Theaterpädagoge Robert Grzywotz, der das Projekt betreut und dafür 40 000 Euro vom Preisgeld einplanen kann. Am Ende könne ein Film, ein Rapp oder eine Fotowerkstatt herauskommen. „Vielleicht wollen die Schüler aber auch wie Christo ihr Schulgebäude verpacken“, sagt Grzywotz. Mit dem zur Verfügung stehenden Geld soll insbesondere externes Knowhow eingekauft werden, wie zum Beispiel einen Filmemacher oder einen Künstler. Um kreative Gedanken herauszukitzeln, „müsse man wohl Schüler und auch Lehrer umkrempeln“. Man sei mit mehreren Schulen im Gespräch. „Es muss ja auch unterrichtskompatibel sein“, sagt Grzywotz.

Das Projekt richtet sich vor allem an minderjährige Flüchtlinge. Zusammen mit deutschen Jugendlichen soll ein Begegnungsort geschaffen werden, wie Leiter David Lenard sagt. Vorbild sei das „Hotel Cosmopolis“ in Augsburg, wo ein ehemaliges Altenheim zu einem kulturellen Treff von Jugendlichen umfunktioniert wurde. „Wir haben in Stendal auch schon ein Gebäude im Visier“, sagt Lenard. Er könne sich die Einrichtung einer Disco oder eines Hostels vorstellen. „Es geht auch um Hilfe zur Selbsthilfe“, sagt Lenard. Die 20 000 Euro aus dem Theaterpreis sollen dazu verwendet werden, weiteres Fördergeld einzuwerben. Die „Dehnungsfuge“ ist ein Bundesprojekt, das fünf Jahre lang läuft und bei dem das TdA seit einem Jahr dabei ist. Bis zu diesem Sommer sollen Ideen ausgearbeitet und dann vorgestellt werden.

Um die finanzielle Ausstattung des Theaters der Altmark (TdA) hatte es in den vergangenen Jahren immer wieder Diskussionen gegeben. Bei der Stadtratssitzung am Montag, 11. April (18 Uhr, Rathaus), soll der Haushalt 2016 und damit auch die Finanzierung des TdA festgezurrt werden. An Personalaufwendungen sind für 2016 3,23 Millionen Euro vorgesehen, nachdem die Summe im Jahr zuvor von der Verwaltung mit 2,927 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt worden war. Im Dezember 2015 war der Stadtrat gezwungen, zusätzliche 430 000 Euro an Personalkosten „nachzuschießen". Wie Intendant Alexander Netschajew im Finanzausschuss im Mitte März äußerte, sind die geplanten Personalkosten jetzt realistisch, Tarifsteigerungen seien allerdings nicht berücksichtigt.

Laut Theatervertrag aus dem Jahre 2014 unterstützt die Stadt das TdA jährlich mit 1,475 Millionen Euro. Weiters Geld kommt vom Land (1,48 Millionen Euro) sowie vom Landkreis Stendal (523 600 Euro) und dem Altmarkkreis Salzwedel (50 000 Euro). Stadt und Land erklärten sich zudem bereit, tarifbedingt erhöhte Personalkosten zu übernehmen. Die Stadt plant einen Zuschuss für 2016 in Höhe von 1,634 Millionen Euro ein. Allerdings sind in der Summe auch 320 000 Euro für eine neue Brandmeldeanlage und ein Datennetzwerk vorgesehen.

Auch die 80 000 Euro Preisgeld, die das TdA vom Bund bekommen hat, werden unter „Zuwendungen und allgemeine Umlagen" verbucht und fließen in den „allgemeinen Topf". TdA-Chef Netschajew hatte sich im Finanzausschuss ein eigenes separates Konto für die Summe gewünscht. Wenn das Preisgeld und die Investition für den Brandschutz (zusammen 400 000 Euro) abgezogen werden, beträgt der städtische Zuschuss für das laufende Jahr 1,234 Millionen Euro und liegt damit unter der Vertragssumme.