1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Rassismus im Alltag: Facebook: Eine Plattform des Hasses - Nutzer hetzen gegen Frauen mit Kopftuch

Rassismus im Alltag Facebook: Eine Plattform des Hasses - Nutzer hetzen gegen Frauen mit Kopftuch

Zwei Frauen wollen Zugewanderten in Stendal Deutsch beibringen – und werden dafür online rassistisch beleidigt. Der Fall zeigt, wie tief Alltagsrassismus in sozialen Medien verankert ist.

Von Mike Kahnert Aktualisiert: 11.09.2025, 14:48
Ein Ausriss der Kommentare unter dem Beitrag „Frauen vom Café Merhaba wollen eingewanderte Menschen weiter unterstützen“ auf der Facebook-Seite „Volksstimme Altmark“.
Ein Ausriss der Kommentare unter dem Beitrag „Frauen vom Café Merhaba wollen eingewanderte Menschen weiter unterstützen“ auf der Facebook-Seite „Volksstimme Altmark“. Screenshot: facebook.com/vs.altmark

Stendal. - Zwei Frauen wollen in Stendal eingewanderte Menschen unterstützen und ihnen die deutsche Sprache lehren. Als Reaktion auf den Volksstimme-Beitrag „Frauen vom Café Merhaba wollen eingewanderte Menschen weiter unterstützen“ ernten sie Hass, Hetze, Verleumdung und Rassismus in den Kommentarspalten auf der Facebookseite „Volksstimme Altmark“.

Lesen Sie auch: Beratungsstellen melden mehr unverhohlene Diskriminierung im Raum Magdeburg

In dem Volksstimme-Beitrag sprechen die Frauen davon, dass eines der größten Probleme für zugewanderte Menschen Rassismus im Alltag ist. Innerhalb weniger Minuten, nachdem der Beitrag auf Facebook geteilt wurde, bestätigt sich diese Aussage.

Die jungen Frauen suchen nach Unterstützung, um ihr Projekt fortzusetzen. Die männliche Person M. S. (Namen sind der Redaktion bekannt) schreibt auf Facebook: „Tipps, wie man deutsche Sozialleistungen ergaunert, ohne etwas für die Gesellschaft zu tun.“ Er wirft ihnen also kriminelle Handlungen vor.

Dieser Facebook-Nutzer wirft den Frauen aus dem Volksstimme-Beitrag vor, Straftaten zu begehen.
Dieser Facebook-Nutzer wirft den Frauen aus dem Volksstimme-Beitrag vor, Straftaten zu begehen.
Screenshot: facebook.com/vs.altmark

„Wichtig, jeden Monat selber ein gutes Gehalt und den deutschen Staat aushöhlen, können sie daheim im Kalifat praktizieren!“, schreibt J. B. Eine Behauptung von T. S.: „Die will hier die Mehrheit nicht.“

Laut diesem Facebook-Nutzer gibt es eine angebliche Mehrheit, die Zugewanderte nicht in Deutschland haben möchte.
Laut diesem Facebook-Nutzer gibt es eine angebliche Mehrheit, die Zugewanderte nicht in Deutschland haben möchte.
Screenshot: facebook.com/vs.altmark

A. W. versucht es mit Falschinformationen: „98 Prozent der Flüchtlinge in Deutschland sind illegal hier, wenn man nach unserem Grundgesetz geht!“ Doch das Recht auf Asyl ist in den deutschen Gesetzen verankert. Übrigens, in Artikel 1 des Grundgesetzes heißt es: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Das scheint T. L. offensichtlich wenig zu interessieren, da er die Frauen lieber in anderen Klamotten sehen würde. Er schreibt: „Erst mal deutsch kleiden.“

Von diesem Facebook-Nutzer werden Lügen und Falschbehauptungen verbreitet.
Von diesem Facebook-Nutzer werden Lügen und Falschbehauptungen verbreitet.
Screenshot: facebook.com/vs.altmark

I. H. hinterfragt, ob es überhaupt Rassismus gibt. Sie höre davon nichts und sehe auch keinen in kleineren Städten. Und Sebastian Koch, Kreischef der rechtsextremen AfD in der westlichen Altmark, findet es nach all den fremdenfeindlichen Facebook-Kommentaren schlichtweg „ungerecht“ von Alltagsrassismus zu reden.

Diese Facebook-Nutzerin hinterfragt, ob es überhaupt Rassismus in kleineren Städten gibt.
Diese Facebook-Nutzerin hinterfragt, ob es überhaupt Rassismus in kleineren Städten gibt.
Screenshot: facebook.com/vs.altmark
Sebastian Koch, Kreischef der AfD in der westlichen Altmark, lässt es sich nicht nehmen, das Thema Rassismus kleinzureden.
Sebastian Koch, Kreischef der AfD in der westlichen Altmark, lässt es sich nicht nehmen, das Thema Rassismus kleinzureden.
Screenshots: Facebook/Volksstimme Altmark

Was auffällt: Es geht bei den Kommentaren so gut wie nie um den Inhalt des Artikels. Die Frauen tragen auf dem Bild Kopftuch und haben dunkle Hautfarbe. Das scheint Anlass genug, ihnen das Erschleichen von Leistungen vorzuwerfen und Abschiebungen zu fordern. Gleichzeitig wird Alltagsrassismus als Illusion abgetan, obwohl es sich bei der offensichtlichen Stigmatisierung in den Kommentaren um nichts anderes handelt.

Lesen Sie auch: Burkini-Erlaubnis in Magdeburg: In der Kommentarspalte tobt der Kulturkampf

Ein Facebook-Nutzer bezeichnet die Kommentare als „ekelhaft“ und wird dafür angegriffen. T. S. reagiert mit: „In Deutschland gibt es immer noch die Meinungsfreiheit.“ Ein Argument, dessen sich Personen bei menschenfeindlichen Aussagen häufig bedienen. Doch das heißt nicht, dass alles ohne Konsequenzen gesagt werden darf.

Dieser Facebook-Nutzer fordert, dass sich Frauen mit Kopftuch anders kleiden sollen.
Dieser Facebook-Nutzer fordert, dass sich Frauen mit Kopftuch anders kleiden sollen.
Screenshot: facebook.com/vs.altmark

Das Deutsche Institut für Menschenrechte schreibt auf seiner Internetseite zur Meinungsfreiheit: „Sie ist kein Freifahrtschein für rassistische Diffamierungen und Parolen.“ Aussagen, die gegen Grund- und Menschenrechte verstoßen, stehen unter Strafe.

Lesen Sie auch: „Klima der Ohnmacht und Angst“- Gewalt gegen Migranten in Magdeburg nimmt zu

Oder wie es in Artikel 5 des Grundgesetzes zur Meinungsfreiheit heißt: „Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“