Rassismus im Alltag Facebook: Eine Plattform des Hasses - Nutzer hetzen gegen Frauen mit Kopftuch
Zwei Frauen wollen Zugewanderten in Stendal Deutsch beibringen – und werden dafür online rassistisch beleidigt. Der Fall zeigt, wie tief Alltagsrassismus in sozialen Medien verankert ist.

Stendal. - Zwei Frauen wollen in Stendal eingewanderte Menschen unterstützen und ihnen die deutsche Sprache lehren. Als Reaktion auf den Volksstimme-Beitrag „Frauen vom Café Merhaba wollen eingewanderte Menschen weiter unterstützen“ ernten sie Hass, Hetze, Verleumdung und Rassismus in den Kommentarspalten auf der Facebookseite „Volksstimme Altmark“.
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In dem Volksstimme-Beitrag sprechen die Frauen davon, dass eines der größten Probleme für zugewanderte Menschen Rassismus im Alltag ist. Innerhalb weniger Minuten, nachdem der Beitrag auf Facebook geteilt wurde, bestätigt sich diese Aussage.
Die jungen Frauen suchen nach Unterstützung, um ihr Projekt fortzusetzen. Die männliche Person M. S. (Namen sind der Redaktion bekannt) schreibt auf Facebook: „Tipps, wie man deutsche Sozialleistungen ergaunert, ohne etwas für die Gesellschaft zu tun.“ Er wirft ihnen also kriminelle Handlungen vor.

„Wichtig, jeden Monat selber ein gutes Gehalt und den deutschen Staat aushöhlen, können sie daheim im Kalifat praktizieren!“, schreibt J. B. Eine Behauptung von T. S.: „Die will hier die Mehrheit nicht.“

A. W. versucht es mit Falschinformationen: „98 Prozent der Flüchtlinge in Deutschland sind illegal hier, wenn man nach unserem Grundgesetz geht!“ Doch das Recht auf Asyl ist in den deutschen Gesetzen verankert. Übrigens, in Artikel 1 des Grundgesetzes heißt es: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Das scheint T. L. offensichtlich wenig zu interessieren, da er die Frauen lieber in anderen Klamotten sehen würde. Er schreibt: „Erst mal deutsch kleiden.“

I. H. hinterfragt, ob es überhaupt Rassismus gibt. Sie höre davon nichts und sehe auch keinen in kleineren Städten. Und Sebastian Koch, Kreischef der rechtsextremen AfD in der westlichen Altmark, findet es nach all den fremdenfeindlichen Facebook-Kommentaren schlichtweg „ungerecht“ von Alltagsrassismus zu reden.


Was auffällt: Es geht bei den Kommentaren so gut wie nie um den Inhalt des Artikels. Die Frauen tragen auf dem Bild Kopftuch und haben dunkle Hautfarbe. Das scheint Anlass genug, ihnen das Erschleichen von Leistungen vorzuwerfen und Abschiebungen zu fordern. Gleichzeitig wird Alltagsrassismus als Illusion abgetan, obwohl es sich bei der offensichtlichen Stigmatisierung in den Kommentaren um nichts anderes handelt.
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Ein Facebook-Nutzer bezeichnet die Kommentare als „ekelhaft“ und wird dafür angegriffen. T. S. reagiert mit: „In Deutschland gibt es immer noch die Meinungsfreiheit.“ Ein Argument, dessen sich Personen bei menschenfeindlichen Aussagen häufig bedienen. Doch das heißt nicht, dass alles ohne Konsequenzen gesagt werden darf.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte schreibt auf seiner Internetseite zur Meinungsfreiheit: „Sie ist kein Freifahrtschein für rassistische Diffamierungen und Parolen.“ Aussagen, die gegen Grund- und Menschenrechte verstoßen, stehen unter Strafe.
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Oder wie es in Artikel 5 des Grundgesetzes zur Meinungsfreiheit heißt: „Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“