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Straßenreinigung Stendaler Kleingärtner fühlen sich abgezockt

Garteneigentümer in Stendal schlagen Alarm. Bei der Berechnung der Straßenreinigungsgebühren fühlen sie sich im großen Stil abgezockt.

Von Regina Urbat 29.10.2019, 05:00

Stendal l Auf den Volksstimme-Artikel „Eigentümer fühlt sich abgezockt“ haben sich zahlreiche Leser in der Redaktion gemeldet. Darunter Kleingartenbesitzer im Dahrenstedter Weg in Stendal. Sie fühlen sich wie der Hauseigentümer Horst Klingemann aus der Gardelegener Straße nicht nur abgezockt, sondern meinen, dass ihr Fall aufzeige, „wie der Irrsinn durch Einbeziehung sogenannter Hinterliegergrundstücke noch besser geht, um über Straßenreinigungsgebühren die Kasse der Hansestadt Stendal zu füllen“, sagt Dieter Müller, einer der Kleingartenbesitzer.

Aus 50 laufende Frontmeter würden ganz schnell fast 800 Meter werden, für die die Stadt mehr als 5.800 Euro kassiert. Für die Stendaler Laubenpieper als „Anlieger und Hinterlieger“ bedeutet das, anstatt 6,77 Euro nun 162 Euro pro Parzelle im Jahr für die Straßenreinigung zu bezahlen. Wer zwei oder sogar drei Gärten besitzt, den trifft es noch härter. „Mit Gerechtigkeit hat das nichts mehr zu tun“, sagt eine Eigentümerin gegenüber der Volksstimme, die in diesem Jahr mit fast 500 Euro zur Kasse gebeten wird. Gegen eine Erhöhung hätte sie nichts, sie würde „ohne zu zucken“, 10 Euro je Garten bezahlen.

Die meisten haben nur eine Parzelle, die übrigens nicht zu Wohnzwecken genutzt werden darf. Und, die den Besitzern nun teuer zu stehen kommt. Für die Straßenreinigung entlang der Freizeit- und Hobby-Oase steigen ihre Kosten nämlich um rund 2.290 Prozent.

Wie geht das? Dieter Müller hat sich die Mühe gemacht und zeigt eine Berechnungs-Chronologie auf. Die Gartengrundstücke der betroffenen Eigentümer gehören zu einer Anlage am östlichen Rand des Dahrenstedter Weges. 36 Kleingärten sind es, die früher verpachtet waren und 1975 verkauft wurden. „Wie es zu DDR-Zeiten üblich war, wurden die einzelnen Gartengrundstücke auf dem Flurstück 466/56 unter laufenden Nummern notariell im Grundbuch erfasst.“

Die Anlage, die aus zwei nebeneinander liegenden Reihen zu je 18 Parzellen besteht, erstreckt sich bis zu der in 330 Meter vorbeiführenden Bahnlinie Magdeburg–Stendal. Die Frontmeterlänge beträgt laut Müller 50 Meter. Dafür seien seit 1993 mit Einführung einer Gebührenpflichtigen Straßenreinigung im Dahrenstedter Weg die Reinigungskosten durch die 36 erfassten Gartengrundstücksbesitzer gesplittet worden. Daraus hätte sich für jeden Eigentümer ein abgerundetes Maß von einem laufenden Frontmeter ergeben.

Seit 2006 sei die Höhe von 6,77 Euro pro zu reinigenden Straßenmeter festgeschrieben worden. Also zahlte jeder Besitzer für einen Frontmeter 6,77 Euro, was am Ende der Stadt Stendal rund 243 Euro an Reinigungsgebühr einbrachte. Ende September erhielten die Gartenbesitzer einen Änderungsbescheid. Darin wurde mitgeteilt, dass mit der neuen Straßenreinigungsgebührensatzung die Abgabe nun 162 Euro für je 25 laufende Frontmeter je Grundstück betrage.

In der Umrechnung der Anzahl der Gebührenzahler, hier 36 Anlieger- und Hinterlieger-Gartenbesitzer, multipliziert mit dem Gebührenbetrag von 162 Euro ergebe dies einen Gesamtbetrag von 5.832 Euro. Damit steigert die Stadt Stendal ihre Einnahmen entlang der Privatgärten um 2.300 Prozent bzw. um 5.589 Euro. Darüber hinaus, so Müller weiter: Werden die 5.832 Euro durch die tatsächlichen Reinigungskosten, die 2019 laut der Satzung für den Dahrenstedter Weg 7,31 Euro pro laufendem Meter betragen, geteilt, „wird aus 50 Frontmeter eine Länge von 798 Meter“.

Gegen diesen „Abzocke-Irrsinn“ legten Stendaler Gartenbesitzer Widerspruch ein - wie Dieter Müller und auch Dieter Blothevogel. Die Begründung, dass die neue Gebührensatzung zur Gleichbehandlung von direkten Straßenanliegern und jenen Eigentümern, die dahinter liegende Grundstücke besitzen, beiträgt, wollen sie nicht verstehen. „Nicht bei solch einer Dimension an Kostensteigerung“, sagt Blothevogel.

Der Stendaler verlangte bei der Einreichung seines Widerspruchs vom zuständigen Amt eine Erklärung zu Reiningskosten und Verwendung der Mehreinnahmen. „Darauf warte ich immer noch.“