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Tiersichtung Wolf auf Buchholzer Berg beobachtet

Laut dem aktuellsten Wolfsmonitoring leben inzwischen nachweislich 92 Wölfe in Sachsen-Anhalt. Auch bei Stendal.

Von Egmar Gebert 26.04.2019, 01:01

Stendal l 88 Wölfe in Sachsen-Anhalt leben in Rudeln, vier in Paaren. Vermutlich sind es aber auch 17 Tiere mehr. Für die gibt es Beobachtungsmeldungen in den sogenannten Suchgebieten, aber dort noch keine gesicherten Nachweise.

Sicher ist hingegen, dass in zehn der zwölf Rudel im Frühjahr 2017 insgesamt 42 Welpen geboren wurden. Für die älteren männlichen Tiere unter ihnen wird es langsam zu eng in den Rudelverbänden. Sie müssen, so will es die Natur der Wölfe, die Familien verlassen, sich eigene Territorien suchen.

Also gehen die jungen Wölfe auf Wanderschaft. Ob es ein solcher Wanderer war, der am 16. April gegen 9 Uhr die B 189 auf dem Buchholzer Berg unbeschadet überquerte? Peter Oestreich, Mitarbeiter des Idener Wolfskompetenzzentrum, hält das auf Nachfrage und aufgrund der Schilderung dieses Erlebnisses für möglich.

Dass Isegrim sein junges Leben nicht auf dieser stark befahrenen Bundesstraße ließ, ist wohl einem Lkw-Fahrer zu danken. Der hatte das Tier rechtzeitig bemerkt und seinen Lastzug kurz abgebremst. Wie knapp das war, schien auch dem Wolf bewusst geworden zu sein. Er trabte mit eingeklemmtem Schwanz, sich noch einmal kurz umschauend, zügig in westliche Richtung weiter, auf die am Horizont zu erkennende Waldkante bei Wittenmoor zu.

Ob er später in Richtung Süden und damit in die Colbitz-Letzlinger Heide abdrehte, wo mindestens ein Wolfsrudel sein Territorium hat, wahrscheinlich mittlerweile bereits zwei Rudel leben und auch Einzeltiere nachgewiesen sind, ist reine Spekulation. Ebenso wie das Nachsinnen über den Startpunkt der Wolfswanderschaft.

Das Tier könnte laut Wolfsexperte Oestreich ebenso aus dem Brandenburgischen wie vom Klietzer Truppenübungsplatz gekommen sein, denn: „50 bis 70 Kilometer läuft so ein Wolf am Tag. Das heißt, in zwei bis drei Tagen kann er die ganze Altmark durchqueren“, erklärt Peter Oestreich.

So außergewöhnlich so eine Beobachtung auch erscheinen mag, Wolfswanderungen seien es gerade im Frühjahr nicht. Jetzt sei die Zeit, in der in den Rudeln neuer Nachwuchs geboren werde. Und dann müssten die fast zweijährigen, aber noch nicht erwachsenen Jährlinge das Rudel zu verlassen, erklärt Oestreich.

Das sie dann auch auf Ackerflächen zu sehen sind, und das nicht nur in der Dämmerung, könne auch nicht überraschen. Auch ein Wolf würde eine Maus oder ähnliches Getier, das er in einer frisch gezogenen Ackerfurche aufstöbert, nicht verschmähen.

Zusammenhänge zwischen diesen Wanderungsbewegungen und Nutztierrissen durch Wölfe lassen sich jedoch nicht nachweisen. Auch dazu nennt das aktuelle Wolfsmonitoring von Sachsen-Anhalt Zahlen und Fakten: „Bei den 61 Nutztierübergriffen mit Wolfsbeteiligung in Sachsen-Anhalt im Monitoringjahr 2017/18 wurden insgesamt 198 Nutztiere verletzt oder getötet. Betroffen waren 36 Gehegewildtiere bei fünf Übergriffen (Damwild), ein verletztes und später notgetötetes Pferd, 33 Kälber bei 28 Übergriffen, 108 Schafe und zwei Ziegen bei 27 Ereignissen.“

Im Landkreis Stendal gab es 2017/2018 sechs Übergriffe von Wölfen, bei denen zehn Nutztiere verletzt oder getötet wurden. Im Altmarkkreis Salzwedel gab es im gleichen Zeitraum fünf Wolfsübergriffe mit 13 verletzten oder getöteten Nutztieren.

Interessant auch folgende Aussage: „Nur eines der im Monitoringjahr 2017/2018 festgestellten (13) Wolfsindividuen, die an den Nutztierrissen identifiziert wurden, ist vorher schon einmal an einem Nutztierriss in Sachsen-Anhalt gefunden worden. Ein männliches Individuum wurde später in Niedersachsen nachgewiesen, eine Fähe (Wölfin) im Juni 2018 an einem weiteren Riss in Bremen.“