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Zukunft Altmark Per Bieranleihe zu eigener Brauerei

Christian und Armin Schulz aus Tangermünde haben die Finanzierung ihrer Brauerei mit Hilfe von Privatanlegern organisiert.

Von Tim Kühne 09.11.2017, 09:35

Tangermünde l Wer ein Unternehmen gründen oder vergrößern möchte, braucht in der Regel Geld. Der erste Weg führt dann meist zur Hausbank. Doch was tun, wenn diese keinen Kredit in der benötigten Höhe gewähren will? „Crowdfunding“ nennt sich eine Alternative, für die sich immer mehr Jungunternehmer entscheiden. Das bedeutet: Statt die gesamte Summe als Kredit von einer Bank zu beziehen, leiht man es sich von vielen verschiedenen privaten Geldgebern, die an die eigene Idee glauben.

Diesen Weg hat auch der Tangermünder Unternehmer Christian Schulz gewählt, um gemeinsam mit seinem Vater Armin den Traum von der eigenen Hofbrauerei zu realisieren. Doch dabei griffen die beiden nicht etwa auf eine Internetplattform zurück, die Gründer und Geldgeber zusammenbringen. Stattdessen trauten sie sich in ein rechtliches Minenfeld vor und organisierten diese Finanzierungsform einfach selbst.

„Solche Plattformen nehmen meistens horrende Provisionen“, begründet Christian Schulz diese ungewöhnliche Entscheidung, „Früher war es ein gängiges Mittel, Brauereien über sogenannte Bieraktien zu finanzieren. Heute hat das einen coolen englischen Namen, ist im Grunde aber das Gleiche. Also haben wir es in guter Tradition einfach in die eigene Hand genommen.“

Christian Schulz begann, im Internet zu recherchieren, und fand einen erfahrenen Anwalt für Kapitalmarktrecht, der den Tangermündern bei der rechtlichen Ausgestaltung zur Seite stand. Denn solche Finanzgeschäfte unterliegen extrem strengen Regeln – und so gerieten auch die Brauerei-Gründer aus der Altmark bald ins Visier der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz: BaFin. Eigentlich überwacht diese Einrichtung Banken und Investmentfonds, nun mussten Christian Schulz und sein Vater Armin Schulz deren strenger Prüfung standhalten. Mit Erfolg. Mehrere Male wurden die Akten des Vater-Sohn-Gespanns über die Jahre geprüft. Doch sie haben immer bestanden, denn sie hatten ihre Hausaufgaben gemacht.

Die Investoren für ihr ehrgeiziges Projekt gewannen die beiden ursprünglich aus Gladigau stammenden Unternehmer seit Ende 2011 mithilfe von Zeitungsanzeigen und Flyern. „Und vielen persönlichen Gesprächen“, ergänzt Christian Schulz. Schnell hatten sie die nötige Summe zusammen. Im Schnitt investierte jeder Anleger etwa 5000 Euro – einige weniger, andere erheblich mehr. Ein wenig überraschend war dieser Erfolg für Christian Schulz allerdings schon. „Ursprünglich wollten wir ja nur eine kleine Brauanlage in den heutigen Saal integrieren“, erklärt der Inhaber des Hotels Alte Brauerei in der Tangermünder Langen Straße. „Weil das aber Feiern und Veranstaltungen im Saal erschwert und nicht zuletzt das Platzangebot deutlich reduziert hätte, haben wir uns dann entschieden, die Brauerei ins Nachbargebäude auszulagern – und ihre Größe mehr als zu verdoppeln. Bis zu 3000 Hektoliter im Jahr sind damit möglich. Da haben uns schon viele für verrückt erklärt.“

Offensichtlich fanden sich aber genug Kleininvestoren, die das Potenzial dieser Idee erkannten. Nach der ersten folgte sogar noch eine zweite erfolgreiche Finanzierungsrunde. Die Beteiligungsmodelle haben eine feste Laufzeit sowie einen festen attraktiven Zinssatz und sind teils grundschuldgesichert. Aufgrund der guten Erfahrungen haben einige Anleger sogar mehrfach bei Christian und Armin Schulz investiert. „Anderen dauerte es aber auch zu lange“, will Christian Schulz nicht verschweigen, „Aufgrund des Konzeptwechsels von der einst geplanten Gasthausbrauerei zum jetzt verwirklichten Vorhaben und der langen Planungs- und Genehmigungsphase hat manch einer zwischenzeitlich auch nicht mehr daran geglaubt, dass unsere Pläne tatsächlich noch Wirklichkeit werden.“

Und: „Natürlich ist mit so einem Modell auch enorm viel Arbeit verbunden“, stellt Schulz klar. So fallen dafür auch allerhand Verwaltungsaufgaben an, zum Beispiel jährliche Steuerunterlagen für alle Anleger. Ein Preis, den er und sein Vater aber gern zu zahlen bereit sind, um damit die nötige Flexibilität zu gewinnen, von vornherein nachhaltig bauen zu können. Die Brauerei wurde von Anfang an so konzipiert, dass sie auch für ein mögliches Wachstum gerüstet ist.

Ab Freitag wird an historischer Wirkungsstätte nach genau 100 Jahren Stillstand wieder Bier gebraut. Und damit fällt auch der Startschuss für ein neues Unternehmenskonzept. Aus der „Alten Brauerei“ wird „Schulzens“. „Weil wir jetzt ja keine alte Brauerei mehr sind, sondern eine ganz neue“, begründet Christian Schulz schmunzelnd. Neben Schulzens Hofbräu mit Hofverkauf gehören dazu auch das Hotel, das Restaurant, zwei Säle, die urige Kallaba (also Kellerbar), ein Biergarten und die Nostalgiesammlung.

Davon profitieren auch die Privatinvestoren. Sie wurden nicht nur an der Brauerei, sondern am gesamten Unternehmen beteiligt. Und das soll, wenn es nach Christian Schulz geht, weiter wachsen. Gern wieder mit der Unterstützung begeisterter Kleinanleger. „Wir haben noch einiges vor“, verrät er.