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Corona-KriseStrenge Regeln auf Wernigerodes Friedhöfen

Für Bestattungen gelten in der Corona-Krise strenge Regeln. Wie ein Abschied in Würde möglich ist, erklärt ein Bestatter aus Wernigerode.

Von Holger Manigk 09.04.2020, 01:01

Wernigerode l Am schwersten fällt der Verzicht auf Umarmungen. „Physische Nähe ist ein zentraler Bestandteil im Trauerprozess für viele Angehörige bei Beisetzungen“, sagt Ralf Bier. Der Wernigeröder Bestattermeister und Diakon ist dennoch überzeugt: „Ein würdervoller Abschied von einem geliebten Menschen ist immer noch möglich – trotz der Restriktionen zur Eindämmung der Corona-Pandemie.“

Um das Infektionsrisiko zu minimieren, sollten Trauerfeiern auf den städtischen Friedhöfen in Wernigerode und seinen Ortsteilen auf den engsten Familien- und Freundeskreis begrenzt werden. „Maximal zehn Personen“, erläutert Rathaus-Sprecherin Winnie Zagrodnik auf Volksstimme-Anfrage. „Das heißt für uns: Wir müssen im Gespräch mit den Angehörigen herausfinden, wer dazu gehört“, sagt Bier, seit einem Jahr Co-Geschäftsführer des Bestattungsunternehmens Voß und Bier.

Weiter gilt: Trauerhallen bleiben bis auf Widerruf geschlossen. Sofern sie bereits angemietet wurden und nicht genutzt werden können, erhebt die Stadt keine Gebühren. Särge oder Urnen dürfen für kurze Feierlichkeiten ledigich vor den Trauerhallen im Freien oder direkt an der Begräbnisstätte aufgebahrt werden. An diesen Orten „werden deshalb mobile Bänke gestellt“, verspricht Zagrodnik.

„Auf Beileidsbekundungen durch Händeschütteln soll verzichtet werden und die Trauergäste sollen einen Mindestabstand zueinander wahren“, heißt es weiter. Zudem hätten Bestatter „dafür Sorge zu tragen, dass ausreichend Desinfektionsmittel bei der Abschiednahme und den Beerdigungen zur Verfügung stehen“.

Bislang hätten alle von ihm betreuten Trauernden sehr verständnisvoll auf diese „besondere Situation und die damit verbundenen Einschränkungen“ reagiert, berichtet Ralf Bier. „Zwar sind ein Blumenmeer und ein großer Abschied mit vielen Gästen zurzeit nicht denkbar, aber das ist nicht entscheidend.“ Viel mehr komme es auf Trost für die Menschen an, die einen ihrer Lieben verloren haben.

„Das ist auch im kleineren Rahmen möglich. Wir können am Grab Musik spielen. Eine Film-Aufzeichnung der Bestattung für die, die nicht dabei sein konnten, ist ebenfalls denkar“, erläutert der Seelsorger. Für ihn zähle zudem, in der Grabrede den richtigen Ton zu treffen. Statt vieler Kränze könnten genauso Pflanzschalen und ein Windlicht für ein feierliches Ambiente sorgen.

Ebenfalls wichtig für die Bestatter: Die eigenen Mitarbeiter nicht zu gefährden. Deshab haben Voß und Bier ihre sechs Mitarbieter in drei strikt voneinander getrennte Zweierteams aufgeteilt. Sinn der Aktion: Wenn eine Gruppe wegen des Virus' ausfällt, können die anderen weiterarbeiten. „Außerdem versuchen wir, den direkten Kontakt in Trauergesprächen so gut es geht zu meiden – besonders bei älteren Menschen, die zur Risikogruppe gehören“, ergänzt Ralf Bier. Mit strengen Hygienestandards seien die Bestatter beim Umgang mit Leichnamen ohnehin vertraut.

Um allen Trauernden einen würdigen Abschluss zu ermöglichen, laufen außerdem bereits die Planungen für die Zeit nach der Corona-Krise. „Wir wollen eine Gedenkfeier für die Verstorbenen organisieren – die neue Kirchengemeinde Wernigerode für die christlichen, ich für die weltlichen Bestattungen“, erläutert Ralf Bier. Eine Variante sei etwa, die Gebete zum Volkstrauertag für alle Verstorbenen des Jahres im Kalender nach vorn zu verlegen, sobald dies möglich ist.

Gleichzeitig würde er versuchen, für jede Familie eine indiviuelle Lösung zur Bewältigung des Verlusts zu finden. „In der vergangenen Woche wurde aus einer sehr groß geplanten Trauerfeier eine kleine – ohne Kirche, direkt am Grab“, nennt Ralf Bier ein Beispiel. „Die Tochter des Verstorbenen sagte danach zu mir: ‚So hätte es sich mein Vater in Anbetracht der Umstände gewünscht.‘“