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Finanzproblem Shitstorm für Wernigerodes Stadtchef

Peter Gaffert muss einiges aushalten. Wernigerodes Bürgermeister steht wegen seiner aktuellen Videobotschaft im Kreuzfeuer der Kritik.

Von Ivonne Sielaff 16.11.2018, 00:01

Wernigerode l „Peinlich“, „inhaltsloses Geschwafel“, „Dreistigkeit“ – für seine aktuelle Videobotschaft hat Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) auf Facebook ordentlich einstecken müssen. Warum? Wernigerodes Stadtchef hat sich zu den derzeit vieldiskutierten Finanzproblemen zu Wort gemeldet.

In dem Beitrag, der über 7500 Mal aufgerufen und über 30 Mal geteilt wurde, kündigt der OB Einsparungen und Gebührenerhöhungen an. „Sie werden, wenn sie dann umgesetzt werden, den ein oder anderen Bereich Ihres Lebens, des gesellschaftlichen Lebens in unserer Stadt, beeinflussen und vielleicht sogar einschränken.“ Als Grund für die Finanzmisere nennt Gaffert nur ein Beispiel: die Tariferhöhung für die 600 Mitarbeiter der Verwaltung, die die Stadt laut Gaffert zwei Millionen Euro kosten wird.

Das stößt etlichen Facebooknutzern übel auf. Gaffert schiebe als Ursache für die Finanzprobleme die Lohnerhöhungen der städtischen Angestellten vor, schreibt beispielsweise Patrick König. „Schuld sind immer nur die anderen.“ Jeder „gewissenhafte und verantwortungsvolle Geschäftsführer“ plane regelmäßige Erhöhungen seiner Belegschaft ein und tue dann nicht so, „als ob plötzlich ein Komet einschlägt, wenn es mal eine gewerkschaftliche Tariferhöhung gibt“, so König weiter. Gaffert versuche, einen Keil zwischen die Wernigeröder und die städtischen Angestellten zu treiben. „Ist es nicht traurig, wenn man jetzt die Mitarbeiter vors Loch schiebt“, echauffiert sich ein anderer Facebook-Nutzer.

Die Schuld für das Millionenloch sehen die Nutzer ganz woanders. Es sind „Wahnsinns-Projekte wie Schierke und Kulturkirche“, die durchgedrückt wurden, schreibt Tim Woitke. „Koste es, was es wolle.“ Von Andreas Saatze-Stein heißt es: „480.000 Euro für eine Kulturkirche, die kein Mensch braucht, in dem Wissen, dass ein millionenschweres Defizit ansteht.“ Ein anderer Nutzer schreibt: „Von den Millionen, die in Schierke verbrannt werden, kein Wort.“ Und weiter: „Wo war doch gleich die Stelle mit der Selbstkritik?“ Gaffert wolle von den eigentlichen Steuerverschwendungen ablenken, so Patrick König.

Vorwürfe, die bis ins Rathaus gedrungen sind. „Wir setzen uns mit jeder einzelnen Kritik auseinander“, sagt Gafferts Sprecher Tobias Kascha. Auf den städtischen Kommunikationsplattformen gebe es immer mal kontroverse Diskussionen. Von einem „Shitstorm“ wolle er aber nicht sprechen. Zwar seien die über 20 Kommentare „durchaus kritisch“. Auf der anderen Seite habe der Beitrag über 30 „Likes“ bekommen sowie Rückmeldungen, dass die Erklärungen „aufschlussreich und nachvollziehbar“ waren. Anliegen sei es, den Gesprächsfaden zwischen Verwaltung und Bürgern transparent zu halten, so Kascha. Deshalb werden negative Kommentare auch nicht gelöscht.

Zu den Vorwürfen der Facebooknutzer sagt er: „Die Entlohnung der Mitarbeiter ist keineswegs argumentativ ‚vors Loch geschoben‘.“ Der OB halte die ausgehandelten Tarifsteigerungen für „absolut richtig“. Dennoch seien sie ein weiterer Grund für das Defizit im Haushalt. Andere Punkte seien bereits öffentlich benannt worden. „Solch eine Videobotschaft ist zeitlich eingeschränkt. Und das Thema Haushalt ist sehr komplex.“ Dennoch sei es Gaffert wichtig gewesen, die Situation ansatzweise zu erläutern.

Laut Kascha ist es eine „Pflichtaufgabe“ der Verwaltung, über bestimmte Entwicklungen und Sachverhalte zu informieren. Und das soll in den sozialen Netzwerken zukünftig sogar noch ausgebaut werden, kündigt er an. „Aktuell denken wir über ein Format nach, um Fragen zu den unterschiedlichsten Themen der Stadt, die uns über Facebook, E-Mail, Briefe und Anrufe erreichen, zu beantworten.“ Der Arbeitstitel laute: Sie fragen – wir antworten. „Wir wollen noch in diesem Jahr damit beginnen.“