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Hochwasseropfer Krügers aus Silstedt sind unendlich dankbar

Das verheerende Hochwasser 2017 im Harz wird Familie Krüger aus Silstedt nie vergessen. Auch nicht die Hilfsbereitschat.

Von Regina Urbat 29.07.2018, 11:00

Silstedt l Vögel zwitschern, Gänse schnattern, der Kater Remo aalt sich im Garten in der Sonne. Landidylle pur in der Mühlenstraße 1a in Silstedt. „Na, nicht ganz“, sagt Günther Krüger. Nicht die anhaltende Trockenheit sei es, die er damit meint. Vielmehr, dass er und seine Ehefrau Birgit immer noch Spuren vom fürchterlichen Hochwasser mit all dem Kummer, den die Fluten mit sich gebracht hatten, finden.

Es war am 26. Juli vor einem Jahr, ein Mittwoch. Am Ortsrand brach ein Damm, die Holtemme ergoss sich im Unterdorf. „Nur noch Wasser war um uns herum“, erinnert sich die 67-jährige Silstedterin. In Windeseile habe sie die Hühner, die schon am Ersaufen waren, in Sicherheit gebracht, ebenso den Kater eingefangen. Ihr Mann habe auch schnell retten wollen, was zu retten war.

Doch dann der nächste Schock, alle Häuser im gefährdeten Unterdorf wurden evakuiert. Im Hotel „Blocksberg“ fanden sie Unterkunft. „Wir haben gebetet, dass die Zillierbachtalssperre nicht überläuft und unser ganzes Dorf überschwemmt wird“, sagt der 70-jährige Rentner. Diese Stunden des Bangens werde er nie vergessen. „Du kannst ja gar nichts tun.“

Dann die Entwarnung, die Talsperre hielt. Die zur Hilfe gerufene Bundeswehr war dabei, per Hubschrauber mit Bigbags ein Leck im Holtemmedamm zu flicken. Gegen 20 Uhr machten sich die Krügers „mit einem unwohlen Gefühl“ auf den Heimweg. Das Angebot, im Hotel zu übernachten, wollten sie nicht annehmen. „Nein, zuhause ist zuhaus. Und außerdem war ja unser Kater dort ganz allein“, sagt Günther Krüger.

So schnell wie das Wasser gekommen war, war es zwar wieder verschwunden. Aber Garten und Hof glichen einem großen Trümmerfeld. Im Keller stand meterhoch das Wasser. Der Schuppen war überschwemmt. Strom gab es nicht, die Heizung war hinüber. Der vor Tagen sortierte Sperrmüll lag überall auf dem Grundstück herum. Völlig überfordert fühlte sich das Ehepaar, das vor allem dringend Hilfe bei Aufräum­arbeiten brauchte.

Gemeinsam mit Ortsbürgermeister Karl-Heinz Mänz (CDU) startete die Volksstimme damals einen Aufruf, dem rund 50 freiwillige Helfer aus Sil­stedt, Wernigerode und Umgebung folgten. „Das war einfach klasse, vor allem, dass Helfer sogar mit Transportern kamen und uns spontan ein Container zur Verfügung gestellt wurde“, sagt Günther Krüger und seine Frau ergänzt: „Nie hätten wir das alleine geschafft.“

Nach der Hilfsaktion packten die Krügers selbst tüchtig an, denn an ein normales Leben in dem kleinen Einfamilienhaus war noch lange nicht zu denken.

Im September 2017 waren dann Licht und Heizung wieder in Ordnung, im Keller sind Fenster erneuert worden, das Ehepaar war zum Glück versichert. „Die Abwicklung lief reibungslos“, sagt Birgit Krüger. Nach und nach seien auch Hof und Garten vom herangeschwemmten Kuhstallmist befreit worden, „wobei wir heute noch Stroh in manchen Ecken finden“. Viele Blumen habe ihr Mann wieder einsammeln können, „sie lagen in der Flur bis zur Holtemme verstreut“, erinnert sich Günther Krüger und wird nachdenklich.

Er wisse, viele andere im Ort habe es hart getroffen, manche seien noch längst nicht fertig mit Reparaturen. Einige Schäden seien erst viel später zutage getreten, andere haben sogar aufgeben müssen, sagt der Rentner und schaut auf das Haus auf der gegenüberliegenden Seite. Dort hängt ein Schild mit der Aufschrift „Zu verkaufen“. In dem Moment umarmt ihn seine Frau Birgit und sagt: „Wir hatten am Ende doch viel Glück und sind immer noch unendlich dankbar für die Hilfe.“