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Hochwasserschutz Soll Wernigerodes Kruskabrücke weg?

Wie wichtig ist die Kruskabrücke für Wegebeziehungen im Viertel? Wernigerodes Stadtrat diskutiert über den Abriss des Hochwasser-Nadelöhrs.

Von Ivonne Sielaff 02.06.2020, 01:01

Wernigerode l Brücke oder nicht Brücke, das ist hier die Frage. Fakt ist, die alte Brücke in Wernigerodes Kruskastraße muss weg - da sind sich Verwaltung, Stadtrat und Hochwasser-Experten einig.

Der Unterbau ragt viel zu tief ins Flussbett der Holtemme. Bei Fluten staut sich das Wasser, die Brücke wird zum Nadelöhr. Das hat sich beim verheerenden Hochwasser im Juli 2017 gezeigt, als das Flüsschen über die Ufer trat, die umliegenden Straßen, Grundstücke und Keller flutete. Es reicht aber schon ein heftiger Regen, und der Wasserspiegel steigt in Nullkommanichts bis unter die Brückenkante an - wie erst im Februar 2020 wieder.

Im Wernigeröder Rathaus stand man zuletzt vor der Frage, die Brücke ersatzlos abzureißen oder sie durch eine Überquerung für Fußgänger und Radfahrer zu ersetzen. Eine Brücke für den Autoverkehr war dagegen ausgeschlossen worden. Denn ein solches Bauwerk müsste künftig deutlich höher liegen, was an dieser Stelle nicht realisierbar wäre.

Eine endgültige Entscheidung ist noch nicht gefallen. Sowohl für den Abriss als für den Brückenneubau gibt es Für und Wider, wobei der Abriss die Stadt deutlich günstiger käme. Fest steht aber, dass wegen aufwändiger Planungen und Abstimmungen frühestens 2022 gebaut werden kann.

Christian Linde (CDU) möchte Nägel mit Köpfen machen. Er stellt den ersatzlosen Abriss der Kruskabrücke zur Diskussion. Im Bauausschuss wollen sich Wernigerodes Stadträte dazu austauschen. Die Entscheidung könnte schon bei der Stadtratssitzung am 2. Juli fallen.

Er möchte die Verwaltung bei ihrer Meinungsfindung unterstützen, begründet Linde seinen Vorstoß. „Ich möchte eine Diskussion anregen und eine Entscheidung des Stadtrats forcieren“, so der CDU-Politiker gegenüber der Volksstimme. Die Verwaltung stecke aktuell zwischen mehreren Varianten fest. „Wenn wir jetzt eine Entscheidung treffen, sparen wir Zeit und Geld für weitere Prüfungen“, so Linde. Und egal welche Lösung am Ende das Rennen mache, die Verwaltung wisse den Stadtrat mehrheitlich hinter sich.

Christian Linde verhehlt allerdings nicht, dass er selbst den Abriss der Brücke favorisiert. „Für mich macht eine neue Brücke an der Stelle keinen Sinn.“ In unmittelbarer Nähe gebe es zwei weitere Brücken über die Holtemme, welche Passanten und Radfahrer nur einige Meter Umweg kosten. „Der Hochwasserschutz ist ein Muss, und irgendwann kommt die nächste Flut“, so Linde. Das Nadelöhr an der Kruskastraße wäre nach dem Abriss entschärft. Sicherlich sei der ersatzlose Abriss eine „unpopuläre Entscheidung“, räumt der CDU-Stadtrat ein. „Aber in der jetzigen Lage kann man nicht mehr jeden Wunsch erfüllen“, so Linde mit Blick auf die Millionenlöcher im städtischen Haushalt.

Stadtchef Peter Gaffert (parteilos) hat sich inzwischen genau auf das Gegenteil festgelegt. Ohne den Diskussionsauftakt am 8. Juni abzuwarten, hat der OB dem Bauausschuss einen Änderungsvorschlag vorgelegt. Seine Kompromisslösung: eine zwei Meter breite Brücke. Um die gewachsenen Wegebeziehungen zu erhalten, argumentiert Gaffert. Der Abriss der Brücke habe „negative Folgen“ für den fußläufigen Verkehr in dem Wohnviertel. Gaffert befürchtet, dass die Fußgänger angesichts des 150-Meter-Umweges, der mit dem Abriss der Brücke auf sie zukäme, aufs Auto umsteigen würden. „Dies spricht gegen die Förderung des Umweltverbundes der Stadt Wernigerode.“

Die Fachämter unterstützen Gafferts Argumentation. Diese empfehlen ebenfalls den Erhalt der Wegebeziehung für Fußgänger, heißt es in der Stellungnahme. Ein ersatzloser Abriss wird aus den genannten Gründen nicht befürwortet. Die Kosten sind im Rathaus bereits grob überschlagen worden. Der Abriss würde laut Gaffert in etwa 100.000 Euro kosten, ein Ersatzneubau aus Fertigteilen etwa 280.000 Euro.

Großer Nachteil dieser Variante: Die Einfahrt zum Forellenstieg wäre künftig noch weiter eingeschränkt, darauf weisen auch der Oberbürgermeister und seine Fachämter hin. Ein Detail, das Matthias Winkelmann nicht einfach so hinnehmen kann. Der CDU-Stadtrat und Chef des Bauausschusses besitzt eines der Grundstücke am Forellenstieg, ist also selbst betroffen. „Man kann eine Straße doch nicht einfach abwerten“, so Winkelmann zur Volksstimme. „Wenn die Fußgängerbrücke gewollt ist, dann sollen sie es machen. Aber so, dass keine Benachteiligungen für die Anwohner entstehen.“ Das sei die Forderung aus dem Forellenstieg.

Der Bauaussschuss beginnt am Montag, 8. Juni, um 17.30 Uhr im Wernigeröder Rathaus.