Rettung einer Delikatesse Ostalgie: Der „Bördespeck“ ist zurück
Vor einem Jahr verschwindet der berühmte Käse aus Vahldorf in der Börde aus den Supermärkten. Nach monatelangen Tüfteleien hat der neue Hersteller „Jermi“ der geräucherten Delikatesse zur Wiedergeburt verholfen.

Samswegen/Laupheim - Der „Bördespeck“ ist zurück. Zwar versteckt sich der berühmte Rauchkäse wegen seines kleinen Aufdrucks inmitten der Spezialitäten bekannter Markenhersteller. Dennoch: „Es ist schön, ein Produkt mit regionalem Bezug anbieten zu können. Da werden sich die Kunden richtig freuen“, sagt Nicole Müller, Betreiberin des „Nah & Gut“-Marktes in Samswegen in der Gemeinde Niedere Börde. Und sie fügt hinzu: „Jetzt können wir unsere Kundschaft wieder glücklich machen.“ Wo der Bördespeck zu kaufen ist.
Der Rauchkäse war im März vergangenen Jahres vom Markt verschwunden. Zuvor war die Spezialität in der Manufaktur „Bördekäse“ – gegründet im Jahr 1879 in Vahldorf – nicht nur hergestellt, sondern auch erfunden worden. Das Rauchverfahren wurde hier einst entwickelt und der „Bördespeck“ zur preisgekrönten Traditionsmarke.
Hilfe aus Niedersachsen
Doch auf dem Firmengelände herrscht seit Anfang 2024 gähnende Leere und der Rauch aus den Öfen ist seither verflogen. Bereits zwei Jahre zuvor war der Vahldorfer Familienbetrieb in wirtschaftliche Schieflage geraten und durch die norddeutsche „Molkerei Ammerland“ aus Niedersachsen übernommen worden. Der „Bördespeck“ schien gerettet.
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Doch im März 2024 kam die Nachricht vom Aus. Eine wirtschaftliche Fortführung des Betriebes in Vahldorf sei unmöglich, hatte „Ammerland“-Vertriebsgeschäftsleiter Lars Schildwach mitgeteilt. Seither waren sowohl der „Bördespeck“ als auch die ebenfalls international ausgezeichneten Käsemarken „Ziegenpeter“ und „Osteseegold“ aus den Regalen der Supermärkte verschwunden.
Markenrechte gehen nach Baden-Württemberg
Allerdings hielt der Schock in der Region über das Ende der Tradition nur einige Tage und Hoffnung machte sich breit. So hatte die „Ammerland“ die Markenrechte für die drei Rauchkäsesorten an den Produzenten „Jermi“ ins baden-württembergische Laupheim verkauft. Der Senior-Chef des Familienbetriebs, Gerhard Jerg, versprach, den berühmten „Bördespeck“ wieder in die Verkaufsräume und in die Ladentheken zu bringen.
Für den Unternehmenschef war es eigenen Aussagen zufolge eine Herzensangelegenheit, den fast zum Kulturgut avancierten „Bördespeck“ zu erhalten, dessen einzigartigen Namen und seine Blockform er irgendwie schräg fand. Doch dieses Projekt sei für ihn mehr als nur Käse. Es gehe um Tradition, familiäre Wertschätzung und den unbedingten Willen, ein Stück ostdeutscher Genusskultur zu bewahren.
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Mit der Hilfe und den Tipps von Rosemarie Appel, der ehemaligen Inhaberin und Geschäftsführerin der „Börde Käse GmbH“ in Vahldorf, sollte der „Bördespeck“ bald wieder die Regale deutscher Supermärkte zieren. „Die Spezialität ist Nostalgie, Retro und insgesamt ein cooles Produkt“, hatte der Firmenchef begründet. „Ein Spezialitätenkäse, der beweist: Gewisse Genüsse bleiben unvergänglich.“
Käse aus dem Räucherofen
Zunächst musste die Delikatesse erneut zur Marktreife entwickelt werden. Zudem wurden ehemalige Kunden kontaktiert. Nach Produktanpassungen und Lösungen nach Schwierigkeiten mit der Verpackungstechnologie wurde auch die Verpackung selbst geändert. Statt klassisch verschweißter Vakuumbeutel werden die Käseriegel nunmehr in spezieller PTF-Folie verpackt – bereits bedruckt mit dem Logo des „Bördespeck“.
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Nicht nur deshalb habe sich das äußere Erscheinungsbild verändert. Denn auch aufgrund des angepassten Produktionsprozesses präsentiert sich die Käsespezialität in neuer Optik. Anstatt hängend werden die 250-Gramm-Riegel des Milcherzeugnisses nämlich nunmehr liegend auf dem Rost geräuchert. Was übrig bleibt ist nicht nur das beliebte Raucharoma, sondern auch ein typisches rautenförmiges Muster direkt auf dem Käse. Das soll den „Bördespeck“ unverwechselbar machen und Bezug nehmen auf das Netz, in dem der Käse früher im Rauch hing.
„Bördespeck“ bei Edeka, „Nah & Gut“, Marktkauf und NP
Das Versprechen des Laupheimer Firmenchefs Gerhard Jerg, die Käsespezialität wieder auf den Markt zu bringen, ist nun also eingelöst. Laut Lars Olbertz, Kundenbetreuer und verantwortlich für den Vertrieb bei „Jermi“, sind Listungen beispielsweise bei „Edeka Minden“ generiert worden. Zu kaufen ist der „Bördespeck§ also in Märkten „Edeka“, „Nah & Gut“, „Marktkauf“ und NP.
„Alle anderen Kunden von uns haben jetzt den ‚Sales Folder‘ bekommen mit dem Hinweis, dass wir ab sofort lieferfähig sind und mit dem Produkt starten können.“
Erstbestellungen werden als NZ geschickt, also als Naturalrabatt, erklärt der Kundenbetreuer weiter. „Das heißt, den ersten Karton mit dem ‚Bördespeck‘ gibt es kostenlos, um in den Geschäften schon mal platziert werden zu können“, erklärt der Kundenberater.
Stammkunden lieben die Spezialität
Anja Schmidt ist Stammkundin im NP-Markt in ihrem Heimatort und hat den Käse schon im Regal entdeckt. „Ich finde es ganz toll, dass es den ‚Bördespeck‘ wieder zu kaufen gibt“, sagt die Samswegerin. Sie sei zwar die einzige in der Familie, die die Spezialität genießt. Dennoch sei für sie der Käse etwas ganz Besonderes: „Ich mag den rauchigen Geschmack.“
Zudem habe sie seit jeher die Geschichte des Käsebetriebs in Vahldorf „gleich um die Ecke“ und der von dort stammenden Delikatesse mit großem Interesse verfolgt. Als Lokalpatriotin musste sie dann vor mehr als einem Jahr mit Wehmut das Ende des „Bördespecks“ vernehmen. „Schön, dass unser geräucherter Käse endlich wieder zu haben ist.“