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Studie Autonomes Altern im Forscherblick

Forschungsprojekt "Autonomie im Alter": Wolmirstedt ist wieder ins Blickfeld der Wissenschaftler gerückt.

Von Gudrun Billowie 25.10.2017, 01:01

Wolmirstedt l Was brauchen Bürger, damit sie bis ins hohe Alter in den eigenen vier Wänden leben können? Das war die zentrale Frage einer Bürgerdiskussion. Dazu hatte der Verein „Gesundheit für Wolmirstedt“ in den AWG-Treff in der Farsleber Straße eingeladen. Fast 20 Besucher waren gekommen.

Das Zentralprojekt „Autonomie im Alter“ wird von Dr. Astrid Eich-Krohm und Professor Bernt-Peter Robra von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg geleitet. Die Wissenschaftler möchten herausfinden, wie Bürger ihre Situation hinsichtlich eines eigenständigen Lebens im Alter einschätzen. Dabei stehen neben den Menschen der Kleinstadt Wolmirstedt auch Bewohner der Landeshauptstadt Magdeburg sowie aus der großen Fläche der Altmark im Blickpunkt. Der Forschungsverbund aus insgesamt 19 Projekten in Sachsen-Anhalt wird vom Land und der Europäischen Union gefördert.

Ziel ist es, herauszufinden, was sich Menschen wünschen – und da legten die Wolmirstedter Einiges auf den Tisch. Zunächst wurde die AWG für ihre barrierefreien Wohnungen geschätzt. Bürger lobten die Bauweise mit den breiten Türen und dem Fahrstuhl, der ermöglicht, dass auch gehbehinderte Bewohner und Gäste in jede Wohnung gelangen können.

Als großes Manko wurde wiederholt die geringe Ärztedichte in Wolmirstedt beklagt. Obwohl Wolmirstedt nach den Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung als gut versorgt gilt, finden viele Bürger keinen Platz in einer Hausarztkartei. Derzeit praktizieren sieben Hausärzte in der Stadt, der achte Platz ist seit dem 1. Juli frei.

Den möchte eine Ärztin besetzen, doch bislang fehlen Räumlichkeiten, die den aktuellen Standards der Kassenärztlichen Vereinigung genügen. Räume in der Kita „Storchennest“, die vor einiger Zeit als Arztpraxis im Gespräch waren, entpuppten sich als suboptimal. Inzwischen scheint jedoch eine Lösung gefunden zu sein. Bauunternehmer Klaus Hartkopf wird ein Haus bauen, indem eine Arztpraxis untergebracht wird. Näheres berichten wir später.

Außerdem machten Bürger darauf aufmerksam, dass in der Stadt kein Stadtbus verkehre. Sie wünschten sich, dass die Strecken zwischen den Stationen in der Geschwister-Scholl-Straße, am Gymnasium, an der Gutenberg-Schule, der Sparkasse und dem Busbahnhof noch einmal unterbrochen werden, möchten auch unterwegs ein- und aussteig1en. Darüber wird Bürgermeister Martin Stichnoth mit der Börde-Busgesellschaft sprechen.

Dennoch: Die Stadt hat viel zu bieten. Welche Möglichkeiten Menschen schon jetzt zur Verfügung stehen, um gut in Wolmirstedt zu leben, hat Astrid Eich-Krohm an Zahlen festgemacht. Mit dieser Bestandsaufnahme lassen sich die medizinische Versorgung, vorhandene Dienstleistungen und die pflegerische Versorgung objektiv bewerten.

Die Wissenschaftlerin möchte außerdem ergründen, ob es genug Angebote für die Freizeitgestaltung gibt. Dazu hat sie ebenfalls Zahlen zusammengetragen und hofft, noch tiefer in die Materie einzudringen. „Wir müssen genauer schauen, welche Vereine sich speziell für Senioren geöffnet haben oder öffnen wollen.“

Bestenfalls, so hofft Astrid Eich-Krohm, gibt das Forschungsprojekt Impulse. Sie regt an, darüber nachzudenken, wie die Generationen näher zusammenrücken, sich gegenseitig unterstützen können. Als Beispiel nennt sie Großelternpatenschaften. Die braucht es manchmal, weil die biologischen Familien weit auseinanderwohnen und sich deshalb 11nicht gegenseitig helfen können. Manchen mag es helfen, wenn „Paten“großeltern zuweilen die Kinder betreuen.

Für das Miteinander hielt die Wissenschaftlerin weitere Anregungen bereit. Sie zeigte das Bild eines Wittenberger Spielplatzes, auf dem sich Großeltern, Eltern und Enkel gemeinsam vergnügen können und kannte außerdem eine Alternative für die vermissten Bus-Zwischenstopps, erzählte von einer sogenannten Mitfahrerbank.

Die funktioniert ähnlich wie das altbekannte Trampen, nur ohne den Daumen herauszuhalten. Auf diesen speziell ausgewiesenen Bänken können Menschen Platz nehmen, die zum Bahnhof, ins Zentrum oder in den Nachbarort fahren möchten. Autofahrer, die dort vorbeifahren und die Wartenden sehen, halten an und nehmen sie ein Stückchen mit. Es gibt Städte, in denen das längst funktioniert.

Partner dieses Forschungsprojektes ist der Verein „Gesundheit für Wolmirstedt“, der aus dem Port-Projet hervorgegangen ist. Bei diesem Projekt sollte mit Hilfe der Robert-Bosch-Stiftung ein Konzept erarbeitet werden, das die medizinische Versorgung in Wolmirstedt verbessern möge.

Im Rahmen des neuen Forschungsprojektes „Autonomie im Alter“ werden demnächst Einzelinterviews geführt. Dafür werden noch Wolmirstedter gesucht, die 70 Jahre und älter sind. Im kommenden Jahr werden die Ergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt.