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Wasserrettung Wer zahlt Einsatzkleidung?

Die Zerbster Wasserretter müssen ihre Einsatzkleidung aus der Vereinskasse finanzieren, teilweise sogar aus eigener Tasche.

Von Thomas Kirchner 21.05.2019, 01:01

Zerbst l „Es ist ein Roggenmischbrot mit Roggenvollkornflocken“, sagt Marco Handrich. Ein Teil des Verkaufserlöses, nämlich 20 Cent, geht an die „JETis“, dem Jugend-Einsatz-Team der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG), Ortsgruppe (OG) Zerbst-Roßlau. Immerhin 500 Euro konnte der Bäckermeister nun an die Wasserretter übergeben. „Wir wollen damit neue Einsatzkleidung – genau Hosen – anschaffen“, freut sich DLRG-Mitglied Andrea Wittmann. Einsatzkleidung? „Ja, die müssen wir als Verein selbst finanzieren“, erklärt Wittmann.

Das wollten wir genauer wissen. „Es ist in der Tat so, dass wir unsere DLRG-Bekleidung selbst finanzieren müssen“, sagt Simone Striebing, Schatzmeisterin der Zerbster Orstgruppe. Hierzu gehöre aber nicht nur Einsatzbekleidung, sondern auch DLRG-Bekleidung, wie T-Shirts, Sweatshirts, Trainingsanzüge, Badebekleidung, oder auch Sonnenschutzhüte. „Die Einsatzbekleidung, die auch für Einsätze innerhalb des KAT-Schutzes (Katastrophenschutz) notwendig und Vorschrift ist, finanzieren wir teilweise durch den Verein und den Rest muss jeder Kamerad selbstständig finanzieren“, erklärt die Schatzmeisterin und nennt Beispiele:

2017 habe man für alle Kat-Schützer neue Einsatzbekleidung, bestehend aus Jacke und Hose, angeschafft. Kosten pro Anzug: etwa 280 Euro, 70 davon hätten die Kameraden aus eigener Tasche zahlen müssen, den Rest habe der Verein übernommen. „Grundsätzlich ist es so, dass wir für die Erhaltung der Einsatzbereitschaft innerhalb des Kat-Schutzes (für Technik, Taucher und Einsatzkräfte) vom Landkreis jährlich ein Summe in Höhe von etwa 7.000 Euro bekommen, von der Stadt Zerbst einen Betriebskostenzuschuss“, so Striebing.

Die DLRG stellt als taktische Einheit im Einsatzdienst für Großschadensfälle und im Katastrophenschutz beispielsweise selbstständig einsetzbare Wasserrettungsgruppen (WRG), unter anderem mit Booten und Tauchern zusammen.

„Die Finanzierung unserer Aufgaben, die ja ausschließlich von ehrenamtlichen Mitgliedern erfüllt werden, ist tatsächlich eine ständige Herausforderung“, erklärt Holger Hövelmann, SPD-Landtagsmitglied und Präsident des DLRG-Landesverbandes Sachsen-Anhalt. Hövelmann: „Wir finanzieren uns aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Einige Landkreise und kreisfreie Städte unterstützen unsere Ortsgruppen mit jährlichen Zuschüssen, unter anderem auch der Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Die Kosten sind allerdings so umfangreich, dass das immer nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist.“

Die OG Zerbst-Roßlau zum Beispiel unterhalte neben dem Gebäude in der Pulspforder Straße auch die Einsatztechnik wie Boote oder Tauchausrüstung. „Das Land unterstützt nur bei der Neuanschaffung von Fahrzeugen oder Booten. Dies geschieht immer auf Antrag der jeweiligen Ortsgruppe. Ein Großteil der Technik in Zerbst ist mit Fördermitteln des Landes beschafft worden“, erläutert Hövelmann.

Seit drei Jahren habe man als Landesverband mit der AOK und der Bundesknappschaft eine Vereinbarung, dass für die Vorhaltung der Wasserrettung nach dem Rettungsdienstgesetz 25.000 Euro pro Jahr gezahlt werden. „Diese Summe ist für den gesamten Landesverband mit seinen 29 Ortsgruppen und wird nach einem Verteilschlüssel auf die Ortsgruppen aufgeteilt, die von den Landkreisen als Hilfsorganisation im Wasserrettungsdienst anerkannt sind“, so Hövelmann.

Ein Teil der 25.000 Euro werde zentral in Aus- und Weiterbildung investiert. „Für die Beschaffung der Einsatzkleidung ist die jeweilige Ortsgruppe zuständig. Der Bundesverband und der Landesverband geben jeweils einen Zuschuss je Bekleidungsstück. Einige Ortsgruppen können einen Großteil der Kosten übernehmen. Andere sind finanziell leider nicht in der Lage dazu. Die DLRG ist daher immer auf Spenden angewiesen, sonst können wir unsere Aufgaben nicht finanzieren“, betont der Vorsitzende des Landesverbandes. Dazu gehörten auch so tolle Ideen wie das DLRG-Brot von Marco Handrich.

Ist das Innenminsterium nicht für die Sicherheit der Bürger verantwortlich und damit auch für die Ausstattung der entsprechenden Institutionen und Organisationen? „Die DLRG ist eine private Hilfsorganisation, die sich der Hilfeleistung verschrieben hat und dabei lediglich ergänzend staatliche Leistungen erhalten kann“, sagt Stefan Brodtrück, Sprecher im Magdeburger Innenminsterium auf Volksstimme-Nachfrage.

Die Besonderheit dieses bürgerschaftlichen Engagements liege darin, dass sich die DLRG als grundsätzlich selbst durch Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziere. „Nicht ausschließlich der Staat sichert in unserer Gesellschaft unser Leben, sondern auch private Organisationen - wie die DLRG - haben einen Anteil daran“, betont Brodtrück. Rund 1 Million Euro an „freiwillige“ Fördermittel beispielsweise für Schlauchboote, Bootsmotoren oder Einsatzfahrzeuge seien zwischen 2015 und 2018 an die Wasserretter geflossen.

Bäckermeister Marco Handrich will die Wasserretter weiter unterstützen. „Das DLRG-Brot bleibt weiter in unserem Sortiment. Ein Teil des Erlöses wird auch zukünftig den Lebensrettern zu Gute kommen“, verspricht Handrich.