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Jahresinterview mit Bürgermeister Kay Gericke / Defizitäre Haushalte 2014 und 2015 / Gemeinde ist auskonsolidiert Schwarze Null auf Kosten der Kommunen

08.01.2015, 01:08

Für den Biederitzer Gemeindebürgermeister Kay Gericke ist 2014 ein Jahr ohne Hochwasser und mit vielen Wahlen. Über 2014 und 2015 sprach Thomas Rauwald mit dem Gemeindechef.

Volksstimme: Die Wahlen im Sommer des Vorjahres sind ja schon fast vergessen. Sie sprechen das Thema aber ausdrücklich noch mal an. Warum?

Kay Gericke: Zunächst war es nun mal ein richtiger Wahlmarathon mit den fünf Wahlen an einem Tag. Das hatten wir auch noch nicht oft. Für die Gemeindeverwaltung ist das mit einem riesigen Aufwand verbunden. Da sage ich noch einmal allen Wahlhelfern, Wahlvorständen und auch unserer Mitarbeiterin Frau Herrmann einen herzlichen Dank. Alles verlief reibungslos und ohne Beanstandungen.

Und mit Ortschaftsräten in allen Ortsteilen...

... was mich ganz besonders freut. Das ist ja, wie man in anderen Gemeinden sieht, nun nicht mehr selbstverständlich. Es sah zwar in einigen Ortschaften bei uns zu Beginn 2014 auch nicht so toll aus. Aber dann hatten sich doch für alle Ortschaften ausreichend Bewerber gefunden. Das stand vor allem in Woltersdorf auf der Kippe. Da ist ja dann mit Beschluss von Ortschafts- und Gemeinderat die Anzahl der Räte auf drei reduziert worden. Zum Schluss hatten wir aber auch in Woltersdorf mehr Kandidaten als Plätze am Rats- tisch. Die Zahl kann ja bei der nächsten Wahl wieder erhöht werden.

Mit Selbstbewusstsein ist auch Heyrothsberge in diese Wahlen gegangen. Bisher Teil der Ortschaft Biederitz wurde nun ein selbständiger Ortschaftsrat gewählt. Wie bewerten Sie dieses Novum?

Im Gebietsänderungsvertrag, der vor der Bildung der Einheitsgemeinde Biederitz unter allen Ortschaften geschlossen worden war, ist der Schritt zu einer selbständigen Ortschaft Heyrothsberge bereits festgeschrieben gewesen. Wir haben diese Zusage erfüllt, und ich bin sehr zufrieden, dass sich nicht nur ein in Heyrothsberge geschätzter Ortsbürgermeister gefunden hat, sondern auch ein agiler Ortschaftsrat. Das ist ganz wichtig.

Bei den Kommunalwahlen hat es neben den bereits vorhandenen Wählervereinigungen einige neue gegeben. Ist das eine Tendenz weg von den Parteien?

Ich glaube, dass es Ausdruck eines realistischen Blickes auf die Besonderheit der Kommunalpolitik in den Ortschaften und Gemeinden ist. So wurden auch im Gemeinderat die Karten neu gemischt. Hier gibt es jetzt die beiden großen Blöcke Aktiv für Bürger und die CDU sowie die kleinen Fraktionen der Unabhängigen Wählergemeinschaft, der Linken und der Wählergemeinschaft Gerwisch. Die Kräfteverhältnisse sind damit andere als zuvor. Aber die Ratsarbeit ist im Wesentlichen von Sachlichkeit getragen. Bei sachlichem Streit um die beste Lösung spielen Parteienbindungen kaum eine Rolle. Von außen und ein bisschen auch von innen war der Schritt der SPD, dem Bündnis Aktiv für Bürger beizutreten und nicht als eigene Fraktion aufzutreten, umstritten. Zum Schluss, denke ich, ist doch aber wichtig, welche Arbeit ein Rat insgesamt im Interesse der Einwohner in den Dörfern leistet. Und die Ratsarbeit ist ja auch von Kontinuität geprägt. Der neue Ratsvorsitzende Dr. Sanftenberg hatte ja auch schon dem ersten Rat nach der Gemeindebildung vorgestanden.

Nun vielleicht ein Blick ins letzte Jahr.

Ja, gern. Insgesamt war es ein Jahr ohne bedeutsame Ausschläge nach oben oder unten. Die im Haushalt fixierten Maßnahmen sind bis auf wenige Ausnahmen verwirklicht worden. Ich erinnere an den neuen Spielplatz in Heyrothsberge, den Bau der neuen Krippe in Biederitz, Umgestaltung von Friedhöfen, Erneuerung Bahnübergang Woltersdorfer Straße, Planungsarbeit für Verbindungsstraße des Industriegebietes Fuchsberg in Heyrothsberge und anderes mehr. Was Biederitz wie alle Gemeinden umtreibt, ist die Finanzsituation. Auch Biederitz hat Schulden in Millionenhöhe. Dank des Entschuldungsprogramms Stark II ist die Gemeindekasse um 750 000 Euro entschuldet worden. Zufrieden bin ich damit, dass es uns als Gemeinde Biederitz als erste im Landkreis und als eine der wenigen in Sachsen-Anhalt gelungen ist, diese Bilanz mit sehr, sehr viel Aufwand zu erstellen und somit nun erst richtig mit der doppischen Haushaltsführung beginnen können. Das Rechnungspüfungsamt hat sie für ordentlich befunden und somit sind die Voraussetzungen für die Genehmigung des 2015er Haushaltes erfüllt worden.

Ein Haushalt, der einen Bürgermeister mit Freude in die Zukunft blicken lässt?

Das wäre jetzt echt übertrieben. Aber ich sage auch: Würden wir jetzt noch die kameralistische Haushaltsführung haben, könnten wir auf einen ausgeglichen Haushalt verweisen. Bei der Doppik machen uns die geforderten Abschreibungen große Sorgen. Die verursachen immerhin ein Defizit in Höhe von rund 700 000 Euro. Und nach wie vor unterliegt die Gemeinde der Konsolidierung. Wir sehen gemeinsam mit dem Gemeinderat in Anbetracht der wiederum sinkenden Landeszuweisungen um 350 000 Euro als Ausgleich nun keine wesentlichen Einsparungsmöglichkeiten mehr. Die schwarze Null, auf die die Landesregierung so mächtig stolz ist, kommt auch und sehr schmerzhaft spürbar auf Kosten der Gemeinden zustande.

Dennoch wird es im neuen Jahr doch weitergehen, oder?

Ja, natürlich. Es gibt noch ein paar Überhänge aus dem Vorjahr. So wird nun der zweite Bauabschnitt der Gartenstraße in Biederitz ebenso in Angriff genommen wie die grundhafte Sanierung des Körbelitzer Weges. Außerdem werden in den nächsten Wochen die Knirpse aus der Biederitzer Krippe in den Neubau hinter der Mehrzweckhalle umziehen. Hier entstand mit Hilfe von Fördermitteln eine großzügige Kinderbetreuungseinrichtung. Außerdem wird der Schulhof der Biederitzer Grundschule saniert. Für die künftige Entwicklung der Gemeinde ist von Bedeutung, dass ein Gesamtflächennutzungsplan erarbeitet wird.