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Experten schwangen sich auf die Sattel und prüften Stendals Fahrradwege und übten Kritik "Einiges in den Sand gesetzt"

Von Christian Bark 11.07.2014, 03:15

Vorfahrtsschilder, die irritieren, Fahrradwege, die plötzlich ins Leere führen - Beim Radwegecheck durch Stendal fielen so manche Ungereimtheiten ins Auge.

Stendal l Wie sicher und bequem sind Stendals Radwege? Ist die Verkehrsführung an einigen Stellen überhaupt sinnvoll? Diesen Fragen gingen jüngst Experten vom Stendaler Tiefbauamt, vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC), von den Bündnisgrünen sowie interessierte Bürger nach. Dazu schwangen sie sich auf ihr Fahrrad und radelten auf einer gut acht Kilometer langen Strecke quer durch die Hansestadt.

Treffpunkt Hauptbahnhof: Von hier startete die Radlertruppe um Mario Peine, dem altmärkischen Vorsitzenden des ADFC-Regionalverbands Magdeburg, ihre Tour. Einen ersten Stopp legten die Teilnehmer an der Baustelle Bahnhofstraße in Richtung Nachtigalplatz ein. "Hier soll ein zweigliedriger Weg für Radfahrer und Fußgänger entstehen", sagte Helmut Trommer, stellvertretender Leiter des Stendaler Tiefbauamts. Grundsätzlich hält Mario Peine das für eine gute Idee. Doch die geplanten Abstände zu längsparkenden Fahrzeugen hält er für zu gering. "Allgemein sollten Radfahrer auf der Fahrbahn mit den Autos fahren dürfen", meint Dietmar Weihrich von den Grünen. So seien diese besser sichtbar.

Wenn Radwege mit den Zuständigkeiten enden

Am Nachtigalplatz vor dem Tangermünder Tor offenbarten sich Mario Peine gleich mehrere Auffälligkeiten. Der Radweg vom Südwall in Richtung Schadewachten verläuft plötzlich ins Leere. "Bis hier hin ist der Landkreis Baulastträger", erklärt Helmut Trommer. Ab Schadewachten sei dann die Stadt zuständig, da es sich dabei um eine kommunale und beim Südwall um eine Landesstraße handle.

Auf der anderen Straßenseite, schräg gegenüber vom Tangermünder Tor liegt Peine zufolge eine weitere Gefahrenquelle. Das Eckhaus ragt an dieser Stelle weit in den ohnehin schon schmalen Gehweg, den sich Passanten und Radler teilen müssen, hinein. "Ein plötzlich um die Ecke schießender Radfahrer würde eine Mutter mit Kinderwagen hier wahrscheinlich umfahren", meint Peine.

Weiter den Südwall entlang fuhren Mario Peine und Dietmar Weihrich provokativ auf der Fahrbahn neben den Autos her. "Hier gibt es kein Schild, das besagt, Fahrradfahrer hätten den Radweg zu nutzen", erklärt Weihrich. An übersichtlichen Hauptverkehrsstraßen empfehle sich jedoch gegebenenfalls ein Nutzungsgebot des vorhandenen Radwegs. Das erspare Auto- und Fahrradfahrern so manchen Stress. Bei der Tour durch Stendal fiel jedoch auf, dass besonders wenig befahrene Nebenstraßen wie die Arnimer Straße mit diesen Schildern bestückt sind.

Abgesehen davon gibt es ein solches Gebotsschild dann wieder kurz vor dem August-Bebel-Park. An dem Punkt müssten Radler dann in die parallel zum Südwall verlaufende Kopfsteinpflaster-Strecke einbiegen, um auf den Radweg zu gelangen. "Das Problem dabei ist, dass sie dann von der falschen Seite in eine Einbahnstraße fahren", gab Mario Peine zu bedenken.

Das Radfahren in der Fußgängerzone gestatten

Vom Südwall in die Rathenower Straße eingebogen, findet sich die Radlertruppe vor dem Fußgängerzonenschild an der Breiten Straße wieder. Von 10 bis 19 Uhr müssen hier Radfahrer absteigen und schieben. "Probeweise könnte man hier das Radfahren auch tagsüber gestatten", schlägt Dietmar Weihrich vor. Helmut Trommer befürchtet jedoch, dass ein solches Experiment wenig Früchte tragen wird. "Wenn Radfahrer zu schnell in der Fußgängerzone unterwegs sind, gefährden sie die Passanten."

Weiter ging es die Breite Straße entlang zum Alten Dorf. Dabei lobte Mario Peine das angenehm abgeflachte Kopfsteinpflaster. Wenig begeistert zeigte sich das ADFC-Mitglied allerdings von der Situation am Kreisverkehr vor dem Uenglinger Tor. "Hier ist baulich einiges in den Sand gesetzt worden", monierte Peine und verwies auf die Vorfahrt, die Radler beim Passieren der Verkehrsinseln aus dem Kreisel fahrenden Autos gewähren müssen. Laut Straßenverkehrsordnung hätten die Radler nämlich Vorfahrt. Dies könnte trotz aufgestelltem Vorfahrtsschild zu Missverständnissen führen.

"Die Schilder hat die Polizei damals mit Bedacht aufstellen lassen", so Helmut Trommer. Nach Ansicht Peines und Weihrichs sollten die Radfahrer bereits vor dem Kreisel in den Verkehrsfluss integriert werden und zusammen mit den Autos in diesem fahren dürfen. Das geschehe beispielsweise am Kreisel Moltke-, Fichte- und Scharnhorststraße. Die genauen rechtlichen Bestimmungen will das Tiefbauamt aber demnächst klären.

Erfreut zeigten sich alle Tourteilnehmer vom Radweg durch die Grünanlage am Westwall. Gleiches galt für die Stadtseeallee, auch, wenn hier an manchen Streckenabschnitten die Radwegmarkierung schlecht zu erkennen ist.

Liste mit Auffälligkeiten fürs Tiefbauamt

Ähnlich wie am Kreisel vor dem Uenglinger Tor gestaltet sich die Situation für Radfahrer am Kreisverkehr Erich-Weinert-Straße. Dementsprechende Kritik musste sich Helmut Trommer erneut von Mario Peine anhören. Außerdem irritiere die fast ausschließliche Rotpflasterung auf dem Geh- und Fahrradweg.

Helmut Trommer und Mario Peine machten sich während der Fahrt Notizen von besagten Brennpunkten. Peine will dem Tiefbauamt demnächst eine Liste mit Auffälligkeiten zukommen lassen. "Diese werden wir dann in einer Arbeitsgruppe mit dem ADFC und der Landesbaubehörde auswerten", kündigte Trommer am Ende der Tour an.

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