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Sechs jüdischen Familien und zwei Homosexuellen werden heute Mahnmale in Messing gesetzt Ermordet: 24 Stolpersteine erinnern an Männer, Frauen und Kinder aus Magdeburg

Von Katja Tessnow 09.10.2012, 10:40

Seit 2007 werden in Magdeburg sogenannte Stolpersteine verlegt. Jeder Stein markiert das schlimme Schicksal eines ermordeten Magdeburgers. 286 dieser Steine sind bereits über die Wege und Plätze der Stadt verteilt. 24 neue kommen heute hinzu.

Magdeburg l Pflastersteine mit Messingoberflächen - darauf graviert Namen mit Geburts- und Sterbedaten als Botschaft von einem viel zu kurzen Menschenleben - werden heute einmal mehr auf Magdeburger Wegen verlegt. Sie gelten Männern, Frauen und Kindern, die mitten aus dem Leben gerissen wurden: abgeführt, deportiert, interniert, ermordet. Weil sie Juden waren, Sinti oder Roma, homosexuell, oppositionell oder behindert; Opfer des Nationalsozialismus. Der Feind wohnte gleichsam oder bisweilen ganz wirklich nebenan. Magdeburger führten Magdeburger ab und in den Tod. Diesen schlimmen Umstand verbildlichen die Stolpersteine in besonders eindrucksvoller Weise, da sie uns an ebenjenen Orten mitten in der Stadt in den Weg gelegt werden, von denen weg die Menschen ins Verderben abtransportiert wurden.

Der Kölner Künstler Gunter Demnig erdachte in den 1990er Jahren diese Art der Mahnung und schnell machte sie bundesweit Schule. Ihre Umsetzung in Magdeburg geht auf eine Initiative der Grünen im Stadtrat zurück. Sie hinterlässt ihre Spuren längst nicht nur auf den Straßen der Stadt, sondern vielmehr noch in den Köpfen der Städter. Hunderte Magdeburger Schüler haben sich inzwischen detailliert mit den Geschichten der Opfer befasst, in Archiven recherchiert, Angehörige angehört und für das Gedenken an die Ermordeten Spenden gesammelt. Sämtliche Stolpersteine (einer kostet 120 Euro) sind rein spendenfinanziert verlegt worden. Zu jedem Stein gehört eine Dokumentation über das Menschenschicksal, dessen er gedenkt; sie geht in ein "Magdeburger Gedenkbuch" ein.

Die mit langem Atem und auf Dauer angelegte Gedenkaktion zielt wider das Vergessen und trifft auf viel positive Resonanz auch aus dem Ausland. Regelmäßig reisen Angehörige von Magdeburger Nazi-Opfern von weither an, so auch heute vier Urenkel der einst in Magdeburg ansässigen Familie Martin und Ella Blumenthal. Ihre Nachfahren leben heute in den USA. So schlimm die Erinnerung an ermordete Familienmitglieder sein mag, so sehr freuen sich deren Kinder, Enkel und Urenkel vielfach darüber, dass sie bis heute nicht vergessen werden und nehmen die Stolperstein-Verlegung als einen Akt der Versöhnung heutiger Generationen dankbar an.

Zum heutigen Gedenken bei der Verlegung von Stolpersteinen für 24 ermordete Mitbürger - Angehörige von sechs jüdischen Familien und zwei Homosexuelle - sind die Magdeburger herzlich eingeladen.