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Schlichten, aber nicht richten Nachbarschaftsstreit vor der Schiedsstelle

01.08.2014, 01:14
Die legendären "Frustzwerge" von Harald Schmidt aus Hettenleidelheim (Pfalz) sind in einer Sonderausstellung im Stadtmuseums Eisenberg (Thüringen) zu sehen, aufgenommen am 21.08.2009. Die humoristischen Figuren werden bis zum 26.09.2009 gezeigt. Die "Frustzwerge" sorgten 1993 für Aufregung, als sie in einem langandauernden Nachbarschaftsstreit präsentiert wurden. Das zuständige Amtsgericht setzte damals elf der Zwerge auf den "Index". Foto: Jan-Peter Kasper/lth +++(c) ZB-FUNKREGIO OST - Honorarfrei nur fuer Bezieher des ZB-Regiodienstes+++
Die legendären "Frustzwerge" von Harald Schmidt aus Hettenleidelheim (Pfalz) sind in einer Sonderausstellung im Stadtmuseums Eisenberg (Thüringen) zu sehen, aufgenommen am 21.08.2009. Die humoristischen Figuren werden bis zum 26.09.2009 gezeigt. Die "Frustzwerge" sorgten 1993 für Aufregung, als sie in einem langandauernden Nachbarschaftsstreit präsentiert wurden. Das zuständige Amtsgericht setzte damals elf der Zwerge auf den "Index". Foto: Jan-Peter Kasper/lth +++(c) ZB-FUNKREGIO OST - Honorarfrei nur fuer Bezieher des ZB-Regiodienstes+++ dpa-Zentralbild

Magdeburg (VS) l Hat man Streit mit dem Nachbarn, ist es immer besser, man einigt sich. Gelingt das nicht, kann ein Schiedsverfahren helfen. Guido Scholz vom Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen beantwortet häufig gestellte Fragen.

1. Muss man, bevor man wegen eines Nachbarschaftsstreits Klage erhebt, vorher zur Schiedsstelle?
Ja, die Klage ist erst zulässig, nachdem man versucht hat, vor einer Schieds- oder Schlichtungsstelle die Streitigkeit gütlich beizulegen.

2. Welche Ansprüche gehören dort zum Nachbarrecht?
Es sind: nach § 906 BGB - Einwirkungen auf das Nachbargrundstück (zum Beispiel Gerüche, Rauch, Geräusche, Erschütterungen); nach § 910 BGB - Überwuchs (von Zweigen und Wurzeln); nach § 911 BGB - Hin-überfall von Früchten; nach § 923 BGB - Grenzbaum; Fälle aus dem Nachbarschaftsgesetz, soweit es keine Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb sind.

3. Wo findet man die Schiedsstelle?
Beim Amtsgericht, in der Gemeinde- oder Stadtverwaltung und der regionalen Organisation des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen.

4. Welche Schiedsstelle ist zuständig?
Zuständig ist die Schiedsstelle in dem Bezirk (Stadt, Gemeinde oder Stadt-/Gemeindeteil), wo der Antragsgegner oder die Antragsgegnerin wohnen oder ihren Sitz oder eine Niederlassung hat. Beide Seiten können auch schriftlich oder zu Protokoll der Schiedsstelle eine andere Schiedsstelle vereinbaren.

5. Wer oder was ist eine Schiedsperson?
Sie ist ein ehrenamtlich tätiger Bürger. Sie wird durch die Leitung des Amtsgerichts in ihr Amt berufen. Diese beaufsichtigt die Arbeit. Die Schiedsperson hat auch nach ihrer Tätigkeit über alle Angelegenheiten der Parteien, die sie amtlich erfahren hat, absolute Verschwiegenheit zu wahren.

6. Wie lange dauert das Verfahren?
Das Verfahren wird schnell, möglichst in einer Frist von 3 Monaten, durchgeführt.

7. Was kostet es, wenn ich zur Schiedsstelle gehe?
Solange Sie vor der Schiedsstelle keinen Antrag auf Einleitung eines Verfahrens stellen, kostet es nichts. Erst mit dem Antrag wird ein Vorschuss fällig. Das Verfahren selbst kostet 25 Euro.Dieser Satz erhöht sich bei Einigung der Parteien auf 50 Euro, in begründeten Ausnahmefällen auf 75 Euro. Hinzu kommen Auslagen für zum Beispiel Porto und Schreiben. Diese Kosten trägt der Antragsteller, es sei denn, beide Seiten vereinbaren etwas anderes.

8. Muss man persönlich zum Schiedstermin erscheinen?
Ja, es sei denn, es liegt ein Fall der gesetzlichen Vertretung vor oder der geschickte Vertreter ist in der Lage, den Sachverhalt aufzuklären und wurde ausdrücklich ermächtigt, einen Vergleich abzuschließen, und wenn die Schiedsperson diesem (ihrem) Fernbleiben zugestimmt hat. Wenn eine Partei unentschuldigt nicht erscheint, wird ein Ordnungsgeld bis zu 75 Euro festgesetzt.

9. Muss ich einen Anwalt haben?
Nein. Beide Seiten können ihre Interessen persönlich wahrnehmen. Ein Anwalt wäre als Beistand zulässig.

10. Was passiert bei einem Schiedsverfahren?
Unmittelbar nach dem Antrag auf eine Schiedsverhandlung werden beide Seiten geladen. Die Verhandlung, die in der Regel mündlich und nicht öffentlich stattfindet, führt die Schiedsperson. Ziel ist es, die Parteien persönlich in die Konfliktlösung einzubinden, um eine dauerhafte Lösung zu erreichen. Dabei kann die Schiedsperson auch einen Vorschlag zur Konfliktlösung machen. Es ist nicht vorgesehen, wie vor Gericht die Sach- und Rechtslage zu erörtern.

11. Was ist, wenn man sich im Schiedsverfahren einigt?
Wenn sich beide Seiten einigen, nennt man es einen Vergleich. Dieser kann, wie ein Gerichtsurteil, 30 Jahre lang unmittelbar vollstreckt werden. Ohne Einigung erhält die antragstellende Partei auf Antrag eine Erfolglosigkeitsbescheinigung, mit der vor Gericht geklagt werden kann.

12. Muss die Schiedsperson mir Rechtsauskunft zur Lösung meines Problems geben?
Nein, die Schiedsperson prüft nur, ob sie sachlich und örtlich zuständig ist.