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Wildunfälle Draufhalten heißt auch bremsen

Ein Drittel aller Unfälle im Landkreis Stendal wird durch Wild
verursacht. Jetzt im Herbst ist besondere Vorsicht an Waldrändern
geboten.

Von Kerstin Singer 22.10.2014, 01:07

Stendal/Magdeburg l Kreuzt plötzlich ein Reh die Straße, dann wird es für Autofahrer gefährlich. Denn viele Fahrer machen den Fehler und versuchen dem Tier auszuweichen. Am vergangenen Freitag gab es allein im Landkreis Stendal fünf Wildunfälle, in diesem Jahr bereits 766 von insgesamt 2931 Unfällen, berichtet Fred Mücke von der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord. Unfälle, an denen Wild beteiligt ist, gibt es zwar das ganze Jahr über, aber im Oktober, November und Mai etwas häufiger, berichtet die HDI-Versicherung. Außerdem sorge die Ernte auf Maisfeldern momentan dafür, dass die Tiere stärker als sonst ihren Standort wechselten, so Mücke. Er rät dazu, die Hinweis-Schilder auf Wildwechsel ernst zu nehmen und an diesen Stellen langsamer zu fahren. Denn die Aufprallwucht eines 17-Kilo-Rehbocks verdopple sich bereits, wenn man statt mit 50 Stundenkilometer (km/h) mit 70 km/h unterwegs sei. Bei Schulungen erlebt er immer wieder, dass die Autofahrer zwar wüssten, dass sie dem Wild nicht ausweichen, also draufhalten, sollten, aber nicht, dass sie auch gleichzeitig kontrolliert abbremsen sollten. "Das Lenkrad dabei gut festhalten", so Mücke.

Ein Tier kommt selten allein aus dem Wald gesprungen

Nicht ratsam sei es, aufzublenden oder das Fernlicht einzuschalten, weil die Tiere dann geblendet seien und auf die Lichtquelle zulaufen würden. Hupen helfe eher dabei, die Tiere dazu zu bringen, noch rechtzeitig wegzuspringen. Doch Vorsicht, meist kämen weitere Rehe, Hirsche oder Wildschweine hinterher.

Wer einem Tier ausweicht, bringt nicht nur sich selbst in Gefahr, sondern riskiert unter Umständen auch seinen Schutz in der Kfz-Teilkasko-Versicherung. Das gilt vor allem dann, wenn es eher ein kleineres Tier, beispielsweise ein Hase ist. Dann bezahlt die Teilkaskoversicherung unter Umständen weniger oder gar nicht, wenn der Schaden durch den Aufprall geringer gewesen wäre als durch das Ausweichen. Das haben auch schon Gerichte bestätigt. Der Versicherer darf die Leistung kürzen, wenn nicht klar ist, ob jemand einem Hasen oder einem Reh ausgewichen ist, urteilte das Oberlandesgericht Saarbrücken (Az. 5 U 356/10-57).

Welche Tiere genau in der Kfz-Teilkaskoversicherung eingeschlossen sind, steht in den Versicherungsbedingungen des Vertrags. In der Regel gehören Unfälle mit "Haarwild" dazu. Darunter zählen laut Jagdgesetz: Rehe, Hirsche, Wildschweine, Füchse, Hasen, Dachse, Marder, Seehunde und vieles mehr. Hunde, Katzen, Vögel oder Kühe zählen nicht dazu. Es gibt aber auch Tarife, die alle Tierarten einschließen. In der Vollkasko sind alle inbegriffen.

Vom Unfallort und Tier Fotos machen

Ist der Unfall passiert, dann muss der Wagen am Straßenrand abgestellt, die Warnblinkanlage angestellt und das Warndreieck aufgestellt werden. Danach sollte die Polizei gerufen werden. "Wir benachrichtigen dann den Jagdpächter oder Förster, sofern nicht bekannt," so Mücke. Fliehe das verletzte Tier, sollte der Fahrer sich die Fluchtrichtung merken. Der Gesamtverband der Versicherer (GDV) rät, die Unfallstelle samt Fahrzeug und Tier möglichst unverändert zu fotografieren. Auch am Fahrzeug sollten keine Kollisionsspuren weggewischt werden, erklärt Fred Mücke. Wegen Tollwutgefahr sollte das tote oder verletzte Tier auch nicht angefasst werden. Das sei Aufgabe des Försters oder Jagdpächters, der eine Bescheinigung über den Schaden ausstellen müsse, so der GDV.