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Archäologie in Sachsen-Anhalt Jahrtausendealte Geheimnisse und Silberschatz entdeckt: Sechs spannende Funde 2024

Sechs Funde, die die Archäologen in Sachsen-Anhalt 2024 begeisterten - vom „Vorboten des Bauernkriegs“ bis zum Silberschatz.

Von Bernd Kaufholz Aktualisiert: 20.12.2024, 10:55
Freilegung der wiederentdeckten Überreste der Mallerbacher Kapelle bei Allstedt (Mansfeld-Südharz).
Freilegung der wiederentdeckten Überreste der Mallerbacher Kapelle bei Allstedt (Mansfeld-Südharz). Foto: Robert Prust/LDA

Magdeburg/Halle (Saale). - In Sachsen-Anhalt gibt es kein Troja (Hisarlik, Türkei) und auch kein römisches Ostia Antica (Westküste Italiens) oder einen Palast von Knossos (Kreta, Griechenland). Aber, dass das Land zwischen Arendsee und Zeitz auf Geschichte gebaut ist, hat sich längst herumgesprochen.

Nicht zuletzt, weil die „Maulwürfe“ des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie an fast jeder Baustelle präsent sind, um dem Boden ein weiteres Stück Historie zu entreißen: 2024 bei 550 Ausgrabungen und 100 Begehungen. Im zu Ende gehenden Jahr waren es sechs Stätten, die aus Sicht der Experten besonders bedeutsam sind.

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Mallerbacher Kapelle bei Allstedt (Mansfeld-Südharz)

Die Mallerbacher Kapelle bei Allstedt (Mansfeld-Südharz) galt lange Zeit als verschollen. Der Wallfahrtsort konnte jedoch im September durch gezielte Nachforschungen des Landesamtes wieder entdeckt werden. Bekannt ist, dass das Gebäude im März 1524 durch aufgebrachte Allstedter Bürger zerstört wurde.

Die Tat gilt als Vorbote des Bauernkriegs in Mitteldeutschland. Ausgelöst wurde das Geschehen durch die hohe Abgabenlast gegenüber dem Zisterzienserkloster Naundorf (1250-1531) in Allstedt, dem die Marienkapelle unterstand und sehr wahrscheinlich unter dem Einfluss des Reformators Thomas Müntzer (1489-1525), der damals in der Johanniskirche predigte.

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Besonders dem Engagement des Grabungsmitarbeiters und ehrenamtlichen Denkmalpflegers Frank Philippczycks ist es zu verdanken, dass das archäologische Kleinod 2024 ans Tageslicht gelangte.

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Ringheiligtum Pömmelte-Zackmünde (Salzlandkreis)

Gegraben wurde in diesem Jahr erneut am Ringheiligtum Pömmelte-Zackmünde (Salzlandkreis) auf den Flächen, die sich im Nordosten und -westen an das mehr als 4.000 Jahre alten Monumentalbauwerk anschließen.

Mit drei neu aufgedeckten glockenbrecherzeitlichen (2600-2200 v. Chr.) Hausgrundrissen ist nun auch belegt, dass es sich dort um den Vorgänger der frühbronzezeitlichen (2200-800 v. Chr.) Megasiedlung und die größte ihrer Art in Mitteldeutschland handelt.

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Insgesamt zwölf Gebäude verteilen sich auf rund 39.000 Quadratmetern in unmittelbarer Nähe der einzigen europäischen Kreisgrabenanlage, die ähnlich komplex angelegt ist, wie das berühmte und zur selben Zeit entstandene englische Stonehenge (Süd-England). Die entdeckten Hausfragmente dürften im 24. Jahrhundert vor Christus bewohnt worden sein.

Slawisches Gräberfeld bei Wettin-Löbejün (Saalekreis)

Beim Bau einer geplanten Gleichstromverbindung untersuchte das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie an der Trasse zwischen Wolmirstedt (Börde) und Droyßig (Mansfeld-Südharz) den Boden.

Ein Familiengrab bei Wettin-Löbejün im Saalekreiis mit zwei bestatteten Erwachsenen und zwei Kindern.
Ein Familiengrab bei Wettin-Löbejün im Saalekreiis mit zwei bestatteten Erwachsenen und zwei Kindern.
Foto: LfD

Bei Wettin-Löbejün (Saalekreis) stießen es dabei auf ein slawisches Gräberfeld. Es handelt sich um 60 Bestattungen, die in zwei parallelen Reihen ausgerichtet sind.

Der außergewöhnlichste Fund dort ist die Bestattung eines kranken Kindes, das wohl an einem „Wasserkopf“ litt. Hinweise darauf gibt der aufgeblähte Schädel des Skeletts. Im Falle des Kindes von Wettin-Löbejün wurde dem Verstorbenen besondere Wertschätzung durch Perlen im Brustbereich zuteil.

Wie die Archäologen vermuten, könnte es dabei um ein Zeichen der Fürsorge der Gemeinschaft für das Kind handeln.

Burganlage bei Haldensleben (Börde)

Dass sich östlich eines Bereiches in Haldensleben (Börde) eine außergewöhnliche Burganlage aus dem Hochmittelalter (Mitte des 11. Jh. bis Mitte des 13. Jh.) befand, war bereits seit den Grabungen in den Jahren 2010/2011 bekannt.

Im Zusammenhang mit neuen Untersuchungen auf dem Gelände eines Versandzentrums im Mai dieses Jahres stießen die Ausgräber auf Artefakte aus der Bronze- (2200 v. Ch.-800 v. Ch.), der Eisenzeit (750 v. Chr,-1025 n. Chr.) sowie des Mittelalters (6.-15. Jh.). Darunter charakteristische Kugeltöpfe aus Keramik, eiserne Messer, Bronzebeschläge, ein verzierter Knochenkamm sowie bronzene Pfrieme (Schuhmacherwerkzeuge) und Nadeln.

Ein hoch-/spätmittelalterlicher Brunnen mit eingebautem Flechtwerk wurde ebenfalls freigelegt.

Martinikurie an der Südspitze des Merseburger Domhügels (Saalekreis)

Im Zusammenhang mit der Sanierung der Martinikurie an der Südspitze des Merseburger Domhügels im Saalekreis führte das Landesamt archäologische und bauhistorische Untersuchungen in dem Denkmal durch. Dadurch erhielten die Wissenschaftler wichtige neue Erkenntnisse zur Baugeschichte des Ortes mit landeshistorisch hoher Bedeutung.

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Heraussagend ist dabei die Entdeckung der gut erhaltenen Reste eines großen und repräsentativen Vorgängerbaus. Dabei handele es sich um den ersten Bischofspalast auf dem Domhügel, heißt es vom Landesamt. Er sei etwa zur Zeit der zweiten Weihe des Merseburger Doms im Jahr 1042 durch Bischof Hunold (1036-1050) errichtet worden.

Silberschatz in der Altstadt von Wettin (Saalekreis) gefunden

Ehrenamtliches Engagement spiele oft eine große Rolle, um die „zahlreichen hochkarätigen Bauwerke in Sachsen-Anhalt zu erhalten“, so das Landesamt. So betreue der Verein Altstadt-Wettin e. V. im Saalekreis ein Ackerbürgergehöft, das abgerissen werden sollte im Zentrum der Stadt.

Bei Bauarbeiten im Hof des Anwesens waren Münzen aus dem 17. Jahrhundert entdeckt worden. Die 285 grünlich verfärbten Silbermünzen lagen ohne Gefäß im Boden. Ein Behältnis aus organischem Material, das über die Jahrhunderte verrottet ist, etwa ein Beutel, sei aufgrund der kompakten Lage jedoch anzunehmen.

Der im Block geborgene Münzfund auf dem Ackerbürgergehöft in der Wettiner Brauhausgasse (Saalekreis).
Der im Block geborgene Münzfund auf dem Ackerbürgergehöft in der Wettiner Brauhausgasse (Saalekreis).
Foto: LfD/Juraj Liptak LfD

Mit Unterstützung der anwesenden Vereinsmitglieder konnte der sogenannte Hortfund fachgerecht im Block geborgen werden. Die Dokumentation vor Ort übernahm Dr. Claudia Beuger, Vereinsmitglied und Archäologin. Freigelegt wurde der Fund in der Restaurierungswerkstatt des Landesamtes unter Laborbedingungen. Dabei wurden die Münzen in Schichten freipräpariert, gelöst, verzeichnet und restauriert.

Silberschatz in Wettin: Besitzer bekannt

Nachdem der Silberschatz untersucht wurde, gehen die Experten davon aus, dass er ein Beleg für weitreichende Handelsverbindungen ist. Und nach dem Studium historischer Dokumente ist sogar der einstige Besitzer der Münzen bekannt geworden.

Das Haus in der Wettiner Brauhausgasse gehörte zur Zeit, als die Münzen deponiert wurden, einem gewissen Johann Dondorf. Er galt als einer der reichsten Bürger Wettins und war seit den 1660er Jahren auch Bürgermeister der Stadt. Sein Broterwerb war hauptsächlich die Landwirtschaft – vornehmlich Weinbau. Er besaß aber auch Braurechte, denn Wettin war während des Dreißigjährigen Krieges eine überaus reiche Braustadt.

Wie wohlhabend Dondorf tatsächlich war, zeigte sich nach seinem Tode im Jahr 1675. Bei der gerichtlichen Aufnahme seines Nachlasses fanden sich in seinem Haus mehr als 2.500 Taler in 13 einzelnen Positionen – davon allein 1.000 Taler in einem ledernen Beutel.