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"Aufstehen" Linke Bewegung in Sachsen-Anhalt ohne Echo

Die „Aufstehen“-Bewegung von Sahra Wagenknecht soll SPD, Linke und Grüne erreichen - in Sachsen-Anhalt bisher erfolglos. Ein Stimmungsbild.

Von Steffen Honig 23.08.2018, 01:01

Magdeburg l Er sei etwas verwundert über die „Kollegin Wagenknecht“, formuliert Wulf Gallert, Vizepräsident des sachsen-anhaltischen Landtages, spitzzüngig, „sie war früher auf Parteitagen die härteste Kritikerin solcher Zusammenschlüsse“. Gleichwohl findet Gallert die Grundidee richtig: „Ich bin seit 1994 dabei, linke Mehrheiten zu suchen und gestaltungsfähig zu machen. Allerdings nicht sehr erfolgreich. Ich sehe auch nicht, wie das mit dieser neuen Bewegung gelingen kann.“ Man wisse nicht genau, wofür sie stehe.

Auch sei das Verhältnis zwischen Bewegung und Partei nicht geklärt. Dass Wagenknecht erkläre, ihre Ziele nicht mit der Linkspartei erreichen zu können, befremdet Gallert. Die Fraktionschefin lehne die Willkommenskultur ab – für Gallert ein programmatisches Problem. Er macht dennoch ein Spaltungspotenzial der Bewegung für die Linkspartei aus, hält es aber für beherrschbar: „Die Partei ist stabil genug.“

Spaltungstendenzen sieht auch Sachsen-Anhalts Linken-Chef Andreas Höppner – die Sammlungsbewegung polarisiere und wäre ein „großes Thema“ in der Partei. Das Manko sei, dass es außer „Bildchen und Filmchen im Internet“ nicht viel gebe: Keine Ziele, keine Inhalte und keine Strukturen. „Es ist ein großes Problem, dass Sahra Wagenknecht von oben herab agiert und ihre Idee nicht mit der Partei diskutiert hat.“

Es gebe aber nichts dagegen zu sagen, wenn sich Linke bei „Aufstehen“ engagieren wollten. Bisher kenne er indes keine Beispiele. Persönlich kann sich Höppner eine Doppelmitgliedschaft in Partei und Bewegung nicht vorstellen. „Ich bin 2008 Mitglied einer Sammlungsbewegung geworden, die sich ein Jahr zuvor als Linkspartei formiert hat.“

Farbwechsel: „Gar nichts“ hält Sebastian Striegel, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Landtagsfraktion, von der Wagenknecht-Initiative. „Die Bewegung ist die falsche Antwort zur Lösung der Fragen unserer Zeit. Globale Krisen – wie beim Klima oder bei der Gerechtigkeit – lassen sich nicht mit nationalstaatlichen Mitteln bewältigen.“ Striegel vermutet einen persönliche Profilierungsversuche von „Frau Wagenknecht und Herrn Lafontaine“.

„Ich kenne in meinem Umfeld keinen einzigen Wagenknecht-Fan“, sagt Grünen-Abgeordneter Striegel und ergänzt: „Auch im Landesverband ist die Sammlungsbewegung kein Diskussionspunkt.“

Auf schroffe Ablehnung stößt die „Aufstehen“-Idee bei sachsen-anhaltischen SPD-Spitzenpolitikern: „Ganz klar: Meine politische Heimat ist die SPD“, sagt Landtags-Fraktionsvorsitzende Katja Pähle. „Es hat sich vielfach gezeigt, dass solche Bewegungen scheitern müssen, weil sie zur Zersplitterung führen. Ich kämpfe weiter für eine starke SPD.“

Katrin Budde, als SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Kulturausschusses bekannt: „Sahra Wagenknecht ist für mich eine Art Kunstfigur und niemand, mit dem ich zusammenarbeiten werde. Ich sehe in dieser politischen Bewegung auch keinen Sinn.“ Sie sei linke Sozialdemokratin und brauche nichts anderes. Budde glaubt, dass es in der SPD-Mitgliedschaft wenig Widerhall für die Sammlungsbewegung gibt. „Wir sind auf keinen Fall Sparringspartner von Kommunisten, die es in der Linken auch gibt.“

Karamba Diaby, SPD-Bundestagsabgeordneter, meint: „Diese Bewegung ist zum Scheitern verurteilt. In der vergangenen Wahlperiode hat es in Berlin verschiedene Treffen von SPD, Linken und Grünen gegeben. Ich habe nicht gehört, dass Sahra Wagenknecht auch nur einmal dabeigewesen wäre.“

Zwischen Parteispitzen und der jeweiligen Basis und Sympathisanten liegen jedoch mitunter Welten. Wenn sich die „Aufstehen“-Bewegung also nicht von ganz unten entwickelt, dürfte sie in Sachsen-Anhalt keine Chance haben.