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Beraterverträge Staatssekretär kontra Staatssekretär

In Sachsen-Anhalts Untersuchungsausschuss haben zwei Zeugen einen umstrittenen Millionen-Vertrag sehr unterschiedlich bewertet.

Von Michael Bock 11.08.2018, 01:01

Magdeburg l Es geht um einen 2015 geschlossenen 1,9-Millionen-Euro-Vertrag mit der „Wanzek Consult“ (Magdeburg). Auftraggeber war das Ministerium für Justiz und Gleichstellung unter SPD-Ministerin Angela Kolb-Janssen. Thema: die Gleichstellung von Mann und Frau. Nach der Landtagswahl 2016 erfuhr die neue Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) von dem Vertrag. Sie kritisierte, dass das Parlament umgangen worden sei. Das rügt auch der Landesrechnungshof.

Hintergrund: Bei Beraterverträgen mit einem Volumen ab 20.000 Euro muss der Landtag eingeschaltet werden. Justiz-Staatssekretär Hubert Böning (CDU) bekräftigte das am Freitag im Ausschuss: „Solche Verträge sind dem Finanzausschuss vorzulegen.“ Er halte wenig davon, mit einer spitzfindigen juristischen Begründung den Landtag zu umgehen: „Das fällt einem irgendwann auf die Füße.“

Böning wundert sich auch über andere Sachen. Die zu erbringenden Leistungen seien „wenig konkret“ formuliert worden: „An diesem Übel krankt der Vertrag. Zudem hat uns eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung gefehlt.“ Das nun CDU-geführte Ministerium kündigte den Vertrag zum Jahresende 2017.

Für den Millionen-Vertrag war nur ein Angebot abgegeben worden. Erstaunt wurde seinerzeit auch registriert, dass das Honorar um etwa 30 Prozent angehoben wurde. Nach nur einem Gespräch. Und so, wie es die Auftragnehmerin wollte. Teilweise galt ein Stundenlohn von 480 Euro netto.

Wie kam es dazu? Thomas Wünsch (SPD), bis 2016 Justizstaatssekretär, seitdem in gleicher Funktion im Wirtschaftsministerium, sollte im Ausschuss Licht ins Dunkel bringen. Eines vorweg: Er präsentierte sich bemerkenswert ahnungslos. Und verblüffte die Ausschussmitglieder mit ziemlich exklusiven Ansichten.

Zunächst widersprach Wünsch seinem Staatssekretärs-Kollegen Bönisch in einem zentralen Punkt. Das Parlament hätte nicht informiert werden müssen, beteuerte er. „Es existiert keine Vorlagepflicht.“ Grund: Es habe sich weniger um Beratungs- als vielmehr um Dienstleistungen gehandelt.

Vor knapp zwei Jahren hatte Wünsch im Volksstimme-Gespräch noch Fehler eingeräumt. Staatssekretärsrunde und Finanzausschuss hätten informiert werden müssen, sagte er.

Wulf Gallert (Linke) wies jetzt darauf hin, dass im Vertrag sogar explizit „Ad-hoc-Beratungen/Beratungen“ festgezurrt worden seien. Für diese waren insgesamt 161.280 Euro veranschlagt - allein damit war der Schwellenwert für die Vorlage im Finanzaussschuss weit überschritten.

Wünsch wiederum verstieg sich zur Behauptung, Beratungsleistungen seien nur solche, die zur Meinungsbildung der Landesregierung beitrügen. Da wunderte sich nicht nur Gallert sehr. „Was ist denn für Sie ein Beratervertrag?“, fragte er Wünsch direkt. Der geriet ins Stammeln – und blieb die Antwort schuldig.

Olaf Meister (Grüne) wollte es genau wissen. „Wer hat den Vertrag textlich ausgearbeitet?“ Wünsch: „Das kann ich abschließend nicht sagen.“ – 480 Euro Stundenlohn: Wie finden Sie das? „Dazu kann ich nichts sagen.“ – Warum hat es nur einen Bieter gegeben? Ein größeres Büro als „Wanzek-Consult“ kenne er in Sachsen-Anhalt nicht, meinte Wünsch. Und sorgte für Heiterkeit in der Runde. Denn: Im angeblich größten Büro sah es recht mau aus. Bei Angebots-Abgabe arbeiteten bei Wanzek Consult – die Chefin und eine nebentätig beschäftigte Frau.