1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Die Altmark driftet auseinander

Wirtschaft Die Altmark driftet auseinander

Laut Landkreis-Ranking 2018 ist der Altmarkkreis Salzwedel die wirtschaftlich schwächste Region Deutschlands. Doch woran liegt das?

Von Alexander Walter 04.01.2018, 00:01

Magdeburg l Nicht erst seitdem die Altmark 2014 die Werbekampagne „Grüne Wiese mit Zukunft“ aufgelegt hat, vermarktet sie sich gern als eine Region. Slogans wie „Wenn Sie mal niemanden mehr sehen wollen“ sollen laut den Machern des Konzepts Ruhe und Weite vermitteln und zugleich auf viel Platz für innovative Ideen aufmerksam machen.

Wirtschaftlich driftet die Region, bestehend aus dem Altmarkkreis Salzwedel und dem Landkreis Stendal, derweil allerdings immer stärker auseinander. Laut dem am Mittwoch veröffentlichen Landkreis-Ranking 2018 des Magazins Focus Money ist der Altmarkkreis Salzwedel gar die wirtschaftlich schwächste Region Deutschlands. Im Vorjahr noch auf Rang 347 von 381 Kreisen und kreisfreien Städten rutschte sie trotz sinkender Arbeitslosigkeit, steigender Einkommen und Investitionen bundesweit auf den letzten Platz 381 ab.

Ausschlaggebend waren unter anderem eine sinkende Wirtschaftsleistung (-0,05 Prozent im Vergleich zu 2015) und eine schrumpfende Bevölkerung. Ganze 86.000 Einwohner leben im Landkreis auf einem Gebiet so groß wie das Saarland. Zwischen 2015 und 2016 ging die Einwohnerzahl erneut um 0,7 Prozent zurück.

Anders dagegen die Entwicklung im Nachbarkreis Stendal: Die Region verbesserte sich im Ranking von Platz 355 auf Rang 289 um 66 Plätze. Sowohl bei der Wirtschaftsleistung (+4,43 Prozent) als auch bei der Bevölkerungszahl (115.000 Einwohner; +0,6 Prozent) konnte der Kreis zulegen.

Wie aber kann das sein? Sind es Infrastukturentscheidungen wie ICE-Bahnhof, Fachhochschule oder der in Aussicht gestellte Autobahnanschluss der A14, von denen Stendal profitiert, während Regionen wie die westliche Altmark in die Röhre schauen?

Salzwedels Landrat Michael Ziche (CDU) jedenfalls übte am Dienstag auch Kritik an der Strukturpolitik des Landes: Neben ungünstigen Entwicklungen für einzelne Branchen im Kreis wirke sich nachhaltig die bestehende Infrastrukturschwäche aus, sagte er. Es fehlten der direkte Zugang zu Autobahnen und das schnelle Internet. Und: „Die Altmark als Wirtschaftsregion findet im Rahmen der Landesentwicklung bei der Landesregierung nur unzureichende Beachtung.“ Stendals Landrat Christian Wulfänger (ebenfalls CDU) mochte die Äußerung gestern so nicht unterschreiben. Die Entwicklung im Landkreis Stendal sei erfreulich, sagte er und ergänzte: „Bei allen Infrastrukturprojekten brauchen wir die Unterstützung des Landes.“ Auch das Wirtschaftsministerium wies Kritik zurück. Zahlen belegten, dass sich die Wirtschaft im Altmarkkreis trotz schwieriger Rahmenbedingungen solide fortentwickle.

In den vergangenen 17 Jahren seien im Kreis 202 Wirtschaftsprojekte mit rund 120 Millionen Euro bezuschusst worden. Mit Hilfe der Förderung hätten 1845 Arbeitsplätze geschaffen werden können. „Wenig hilfreich ist es, nach Schuldigen zu suchen“, sagte Sprecher Matthias Stoffregen.

Trotz aller Förderaktivitäten: Sachsen-Anhalt hat Nachholbedarf. Das Land hält mit einer durchschnittlichen Platzierung seiner Regionen auf Rang 331 im Vergleich mit allen anderen Bundesländern die rote Laterne. Am besten schnitten innerhalb des Landes noch vor Stendal der Saalekreis (bundesweit Rang 264, zuvor 321) und die Landeshauptstadt Magdeburg (Rang 265, zuvor 319) ab. Magdeburg profitierte unter anderem von einem vergleichsweise starken Anstieg der Wirtschaftsleistung im Vergleich zu 2015 (+4,18 Prozent) und einer wachsenden Bevölkerung (+1,6 Prozent). Noch stärker war hier allerdings Dauerkonkurrent Halle, das bei der Wirtschaftsleistung um 5,9 Prozentpunkte zulegte, bei der Einwohnerzahl um 1,6 Prozent. Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) sprach dennoch von einem positiven Signal. „Wir sind aber noch nicht da wo wir hinwollen“, betonte er.

Die wirtschaftlich wirklich starken Regionen liegen indes im Südwesten. Sieger wurde Böblingen vor den Toren Stuttgarts (Baden-Württemberg), gefolgt vom Audi-Standort Ingolstadt und dem Vorjahressieger Landkreis Ebersberg (beide Bayern). Gemessen wurde die Wirtschaftskraft anhand von sieben Indikatoren: Wachstum des Bruttoinlandproduktes, Arbeitslosenquote, Bevölkerungswachstum, Erwerbstätigenentwicklung, Investitionen im verarbeitetenden Gewerbe, Bruttowertschöpfung und verfügbares Einkommen.

Aus dem Siegerland Baden-Württemberg mit einer durchschnittlichen Platzierung von 97 stammt dann auch die bekannteste Werbekampagne für eine Region: „Wir können alles außer Hochdeutsch.“

Lesen Sie hier den Kommentar zum Thema von Alexander Walter.