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Armut und Überschuldung sind Hauptauslöser für die Entscheidung der Hinterbliebenen Erben-Verzicht - Nachlass geht immer öfter an den Staat

26.03.2012, 03:20

Magdeburg (dapd) l Immer häufiger schlagen Erben in Sachsen-Anhalt die Hinterlassenschaft beispielsweise eines Angehörigen aus. Allein in Magdeburg sei von 2010 zu 2011 die Zahl der Ausschlagungen von 288 auf 411 gestiegen, sagte der Sprecher des Amtsgerichtes Magdeburg, Frank Gärtner. Nach seiner Einschätzung ist vor allem eine Überschuldung des Nachlasses Auslöser einer solchen Entscheidung. Hartz-IV-Empfänger fielen zunehmend in Armut. Oftmals landeten solche Fälle nicht bei den Gerichten. Dann einigten sich die Erben mit Vermietern, Stromlieferanten oder Banken einvernehmlich. Diese gehörten zu den hauptsächlichen Gläubigern. Sie seien es aber auch, die regelmäßig Auskunft über mögliche Hinterbliebene einholten, um offene Forderungen einzutreiben.

Das Amtsgericht Oschersleben berichtet von einem Anstieg zwischen 2010 und 2011 von 20 Ausschlagungen auf 150. Direktor Dietmar Beddies verwies darauf, dass in vielen Fällen durchaus auch mehrere Erben auf das noch vorhandene Hab und Gut verzichteten. In der Region Haldensleben stieg die Zahl der Ausschlagungen im gleichen Zeitraum von 90 auf 110. Mit 244 Fällen lagen die Verzichte auf ein Erbe am Amtsgericht Dessau-Roßlau um rund 20 Prozent höher als 2010, berichtete Direktor Ulrich Bauer.

Für den Nachlass eines Verstorbenen ist zunächst das Nachlassgericht beim Amtsgericht zuständig, das am Wohnsitz des Toten ist. Wer das Erbe ausschlagen will, kann sich auch an das Amtsgericht als Nachlassgericht wenden, das sich in seiner Stadt befindet. Es gelte eine Frist von sechs Wochen, sagte die Pressesprecherin des Justizministeriums, Ute Albersmann. Hat jemand, der kein Testament gemacht hat, keinen Ehegatten hinterlassen und können auch Verwandte nicht ermittelt werden, tritt an letzter Stelle der Staat als Erbe ein. Das ist grundsätzlich das Bundesland, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte.

Auch an Gerichten im benachbarten Sachsen wird eine ähnliche Entwicklung beobachtet. Altersarmut und Mietschulden sorgen zum Beispiel in Zwickau für gestiegene Erbausschlagungen. In Oschatz werde das Erbe vor allem dann ausgeschlagen, wenn der Verstorbene Sozialleistungen empfangen oder in einem Heim gelebt hat, teilte das Amtsgericht mit.