Dauerstreit ums Geld in Stadt Oberharz / Rat entscheidet morgen, wie es weitergeht Erste Zwangsverwaltung im Land droht
Elbingerode l Drei Jahre nach ihrer Gründung steht die Stadt Oberharz im Landkreis Harz mit knapp 12 000 Einwohnern vor dem möglichen Ende der Selbstverwaltung. Ein genehmigter Haushalt fehlt, das Land hat Zuweisungen gestoppt.
Im Rathaus in Elbingerode mehren sich offene Rechnungen. Straßenlampen werden abgeschaltet, Gehaltszahlungen verzögert, Bäder nicht pünktlich geöffnet.
Anlass für die Blockierung ist ein Haushaltsdefizit von 3,2 Millionen Euro pro Jahr. Um das Minus bis 2019 abzubauen, war von einer Beratungsfirma eine Studie erarbeitet worden, mit 43 zum Teil harten Sparmaßnahmen und Gebührenerhöhungen sowie mit dem Aus für die zehn Ortschaftsräte.
Das Sparpaket wird von der Bürgerfraktion um Ulrich Kallenbach (Bürgerinitiative Oberharz) und Teilen des Rates als Totsparprogramm abgelehnt. Die Tilgung des Defizits werde vor allem durch Belastung der Bürger erreicht, so der Vorwurf.
Die Bürgerfraktion sei nicht generell gegen Sparen, wird betont, aber gegen das starre 43-Punkte-Paket. Und: Es sei eine Illusion, so Kallenbach, in einer auf Tourismus ausgerichteten flächenmäßig großen Kommune mit sinkender Einwohnerzahl kostendeckend arbeiten zu wollen. Die Bürgerfraktion brachte deshalb einen eigenen, moderaten Sparvorschlag ein. Er wurde beschlossen, bleibt aber ohne Wirkung, weil der Ausgleich des Haushalts bis zum Jahr 2019 fehlt.
Den aber fordert die Kommunalaufsicht weiter ein. Oberharz-Bürgermeister Frank Damsch (SPD) und eine Minderheit im Rat wollen ihn auch und sehen dafür nach wie vor Chancen. Der Bürgerfraktion wird wegen ihrer Ablehnung der harten Sparschritte Populismus vorgeworfen. Es müsse vielmehr darum gehen, so Damsch, Verantwortung für die Stadt zu zeigen, die Selbstverwaltung zu erhalten und letzte Entscheidungsspielräume für die Kommune zu retten.
Bürgerfraktion hält Sparen von 3,2 Millionen Euro für Illusion
Auf Landtagsebene springt der Abgeordnete Ronald Brachmann (SPD) seinem Parteifreund Damsch bei. Landtagsmitglied Evelyn Edler (Linke) mahnt dagegen eine Daseinsvorsorge des Landes für die Stadt Oberharz an. Andere Politiker halten sich zurück. Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) stellte klar: Erst Konsolidierungsbeschluss, dann Liquiditätshilfe für Stadt Oberharz. Ob der Stadtrat dieser Vorgabe folgt, ist fraglich. Zweimal ist das Sparkonzept bereits abgelehnt worden. Bei einem dritten Nein am Dienstag kündigte die Kommunalaufsicht bereits die Zwangsverwaltung an. Ein von ihr bestellter Verwalter steht quasi in den Startlöchern. Er soll dann anstelle des Stadtrates Oberharz die Einsparungen durchsetzen. Es wäre erstmalig in Sachsen-Anhalt.
Ein fieberhaft von der Verwaltung und Stadtratsfraktionen letzte Woche erarbeitetes neues Konsolidierungskonzept ist im Hauptausschuss mit vier zu vier Stimmen knapp durchgefallen. Am Dienstag steht es zur Debatte, dann hat der Stadtrat dazu das Sagen, vielleicht zum letzten Mal.