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Grippeschutz Impfstoff-Mangel erzürnt Patienten

Wer sich gegen Grippe impfen lassen will, muss Glück haben. Einige Ärzte haben noch Impfstoffdosen, andere nicht.

16.11.2020, 23:01

Magdeburg l Manuela Neumann hat nichts mehr, schon wieder nicht. Zwei Mal ist der Ärztin mit Praxis in Magdeburg in diesem Herbst schon der Grippeimpfstoff ausgegangen, wieder wartet sie nun auf eine neue Lieferung. Das birgt Konfliktpotenzial. „Die Schwestern haben einiges auszuhalten“, sagt Neumann. Teils würden sie beschimpft von Menschen, denen die Impfung gegen Grippe versagt bleibt, berichtet die Ärztin.

Der Grippeimpfstoff ist weiterhin Mangelware im Land. Wer sich impfen lassen will, muss einen Arzt finden, der etwas hat. Wie viele noch auf der Suche sind, ist nicht klar. Ärzte gehen davon aus, dass die allermeisten Impfwilligen bereits ihre Dosis bekommen haben.

So sieht es auch Burkhard John. Zwischen 80 und 90 Prozent der Menschen, die eine Impfung gegen Grippe wollten, hätten sie bereits bekommen, sagt der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt. Er erwartet, dass schlussendlich genug Impfstoff da sein werde, auch wenn Praxen nachbestellen müssten.

Insgesamt stehen für diese Grippesaison nach Ankündigungen des Bundesgesundheitsministeriums rund 26 Millionen Impfdosen zur Verfügung. Das ist beinahe doppelt so viel, wie in der vergangenen Saison verabreicht wurde. Weil absehbar war, dass die Impfbereitschaft gegen Grippe in diesem Herbst höher ist, bestellte die Bundesregierung sechs Millionen Dosen als nationale Reserve. Diese Dosen würden ab diesem Monat Schritt für Schritt ausgeliefert, wie ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums bestätigt.

Wie viele Impfstoffdosen noch übrig sind, ist nicht klar. Das Paul-Ehrlich-Institut gab zuletzt jede Woche Hunderttausende Dosen für den Verkauf frei. Mittlerweile haben nach Angaben des Bundesinstituts 23,7 Millionen produzierte Impfdosen eine Freigabe für den Marktverkauf.

Über Apotheken und Großhändler gelangt der Impfstoff dann zu den Ärzten. Doch auch Apotheken warten derzeit auf neue Lieferungen. Laut Thomas Rößler, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Landesapothekerverbandes, ist die Situation ähnlich wie bei den Ärzten. „Einige haben noch Impfstoff, andere nicht“, sagt er. Viele hätten nachbestellt. Was davon in den kommenden Wochen tatsächlich ausgeliefert werde, sei aber unklar, betont der Apotheker.

Bestellt haben viele Apotheken und Ärzte bereits im Frühjahr. Mediziner müssen das mit Bedacht tun. Bestellen sie deutlich zu viel, könnten sie auf den Kosten sitzen bleiben. Dabei kann es um hohe Beträge gehen.

Hausärztin Neumann berichtet, dass sie etwa 23 Euro für eine Impfstoffdosis bezahlt. Rund 850 Spritzen hat sie in diesem Herbst bereits verabreicht. – Impfstoff im Wert von knapp 20 000 Euro. Neumann bestätigt, was auch andere Ärzte sagen: Mehr als zehn Prozent der bestellten Menge sollte nicht liegenbleiben, dann nämlich könnte es schwierig werden mit der Kostenübernahme durch die Krankenkassen.

In der vergangenen Grippesaison hat das Paul-Ehrlich-Institut 21 Millionen Impfstoffdosen für den Verkauf freigegeben. Die Ärzte spritzten am Ende nur 14 Millionen Dosen. Weil das Serum nur für eine Saison wirksam ist, wurde der Rest vernichtet.

Bei der Impfstoffvergabe setzen einige Ärzte durchaus Prioritäten. Neumann berichtet, dass sie zuletzt Dosen für ihre Hausbesuche bei Risikopatienten zurückgehalten habe.