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Hobby Amateurfunk-WM in Sachsen-Anhalt

2018 findet in Sachsen-Anhalt die Funkamateur-Weltmeisterschaft statt. Rund 60 Mannschaften werden 24 Stunden lang um Punkte morsen.

Von Bernd Kaufholz 16.02.2018, 00:01

Elbingerode l „Rufe Tango, Alpha, Four, Alpha, Hotel. Hier ist Delta, Lima, Four, Sierra, Tango.“ Stefan Seifert sitzt im Harzer Elbingerode im Funkzimmer seines Hauses und ruft in die Welt. „Mein Zeichen ist DL4ST“ erklärt er. „Wir benutzen die internationalen Kennungen für diese Buchstaben. Jedes Rufzeichen, das mit D – also Delta – beginnt, gehört einem deutschen Hobbyfunker.“ Tango, Alpha – TA – sei der Ländercode für die Türkei.

Seifert lauscht in das Fiepen und Knistern seiner 300-Watt-Anlage und wartet auf eine Antwort eines Gleichgesinnten zwischen Istanbul und Yüksekova.

Seitdem er sieben, acht Jahre alt war, beschäftigt sich der „Wellenreiter“ mit dem Funken. Er erzählt: „Es begann damit, dass mein Vater ein altes Röhrenradio ausrangiert hat. Ich fand es spannend, das Gerät wieder zum Laufen zu bringen und habe das auch geschafft. Das Radio war nun meins und ich konnte die gängigen Mittelwellensender hören. Meistens die, die in der DDR nicht sonderlich geschätzt wurden – dazu noch im Schierker Grenzgebiet, in dem wir damals wohnten.“

„,Golf‘ war zu DDR-Zeiten das Zeichen für Wernigerode.“

Stefan Seifert, DARC-Distriktvorsitzender Sachsen-Anhalt

So richtig los mit dem Funken sei es dann im Elektromotorenbau Wernigerode gegangen, wo er Elektromaschinenschlosser mit Abitur gelernt habe, sagt der 62-Jährige und wiederholt seinen Ruf in den Äther: „Rufe Tango, Alpha, Four, Alpha, Hotel ...“

Im Elmo habe es eine Amateurfunk-Klubstation gegeben. „Da habe ich mich angemeldet. Zuerst nur als Hörer – also, ich konnte nur empfangen.“ An sein damaliges Zeichen kann sich Seifert noch genau erinnern: „DM-EA9436/Golf. Golf war das Zeichen für Wernigerode.“

Auf dem Tisch mit den zwei Laptops, dem Kurzwellenfunkgerät vom Feinsten in der Mitte und dem UKW-Sender links oben, dem Morse-Ticker, darüber die zwei Uhren mit deutscher und der „Mittleren Greenwich-Zeit“, die Einheitszeit aller Hobbyfunker und den drei Handsprechfunkgeräten liegt eine postkartengroße Hochglanzpappe mit der Aufschrift DL4ST – German Amateur Radio Station –, dem Logo des Deutschen Amateur Radio Clubs e. V. und der Abbildung eines Morsetickers, nicht viel größer als eine Mausefalle.

Diese Karte ist die Visitenkarte eines jeden Hobbyfunkers. „Denn diese ,Ausweise‘ sind die Belege für die Funk-Aktivitäten“, sagt Seifert. „Darauf werden Rufzeichen, Kontaktzeit, Hörbarkeit und Frequenzen der Stationen, die miteinander kommuniziert haben, notiert. Diese Logbücher werden dann untereinander ausgetauscht – auf elektronischem Wege oder per Post. Sind die Angaben identisch, hat alles seine Ordnung.“

Bei den Kontakten komme es nicht auf intensive und stundenlange Gespräche an, so Sachsen-Anhalts Distrikt-Chef. Und es gebe feste Regeln, welche Themen tabu seien. „Keine politischen Äußerungen und keine gewerblichen Themen.“

Bei Wettkämpfen, wie der Weltmeisterschaft am zweiten Juliwochenende im Raum Wittenberg/Jessen geht es noch weniger um „Plaudereien“. Da wird lediglich bewertet, wer innerhalb von 24 Stunden wie viele Verbindungen rund um den Globus herstellen kann – „je mehr und je weiter, desto mehr Punkte“, sagt Seifert.

Das Gebiet im Osten Sachsen-Anhalts habe man ausgewählt, weil es dort die besten Bedingungen für den Amateurfunk gebe. „In der Umgebung gibt es keinen Berg, kein Tal, die den Wettkampf beeinflussen könnten.

Nach seiner NVA-Zeit, wo er natürlich als Funker eingesetzt war, ging Seifert zur Polizei. Allerdings war es da schnell aus mit der Funkerei. „Meine Schwester war in die Bundesrepublik abgehauen“, erzählt der 62-Jährige. „Das war dann der Führung doch zu heiß: Polizist, Funker und die Schwester im NSW – da könnte man ja ganz einfach per Äther Kontakte mit dem Klassenfeind knüpfen.“

„Am Hindukusch bekam ich Kontakte zu seltenen Stationen.“

Stefan Seifert, DARC-Distriktvorsitzender Sachsen-Anhalt

Erst 1989 beantragte er über die Bundesnetzagentur eine neue Prüfung. Inzwischen besitzt er die höchste Klasse – „A“. Bei seinen Auslandseinsätzen als Beamter der internationalen Polizeitruppe, zum Beispiel in Bosnien-Herzegowina und Afghanistan, nutzte er seine Freizeit, um auch dort seinem Hobby nachzugehen.

„Am Hindukusch bekam ich Kontakt zu seltenen Stationen.“ Diese seien so etwas wie Goldstaub für jeden Hobbyfunker. Mit der ISS-Raumstation in Kontakt zu treten, sei für Hobbyfunker kein technisches Problem, weiß Seifert. Eher ein logistisches, denn die Sprechzeiten mit „Erdbewohnern“ außerhalb des Raumfahrtprogramms müssen langfristig angemeldet und geplant werden.

„Die 300 Kilometer bis zur Raumstation ohne topografische Hindernisse sind für unsere Anlagen nur ein Katzensprung.“ Lediglich die Tatsache, dass die ISS bei jedem Überflug nur etwa zehn Minuten empfangen werden kann und sich während dieser kurzen Zeitspanne, „die gesamte Welt auf sie stürzt“, mache den Kontakt kompliziert.

So gesehen sind die Schüler des Dessauer Liborius-Gymnasiums echte Glückspilze. Sie können zwischen dem 22. und 28. Oktober mit dem deutschen ISS-Astronauten Alexander Gerst sprechen. Er wird im April zur Raumstation starten und das Kommando auf dem Erd-Außenposten übernehmen. Der genaue Termin für die Verbindung steht noch nicht fest.

Stefan Seifert hat mit TA4AH Kontakt. Bevor er die Verbindung unterbricht, bedankt er sich mit dem Funker-Abschiedsgruß: „73“ – Viel Glück!