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In der Pandemie Landes-AfD plant Massen-Parteitag

Ungeachtet der Corona-Pandemie will Sachsen-Anhalts AfD kurz vor Weihnachten einen Landesparteitag mit bis zu 600 Teilnehmern abhalten.

Von Michael Bock 10.12.2020, 05:43

Magdeburg l Die Kanzlerin hat angesichts weiter steigender Corona-Infektions- und Todeszahlen eine Verschärfung des Teil-Lockdowns noch vor Weihnachten verlangt. „Die Zahl der Kontakte ist zu hoch. Die Reduktion der Kontakte ist nicht ausreichend“, sagte sie am Mittwoch (9. Dezember) im Bundestag. 590 Todesfälle am Tag – wie an diesem Tag gemeldet – seien nicht akzeptabel. „Und weil die Zahlen so sind, wie sie sind, müssen wir etwas tun, und zwar Bund und Länder gemeinsam.“

In Sachsen-Anhalt steckten sich vom 8. auf den 9. Dezember 609 Menschen mit dem Coronavirus an. Damit wurde ein neuer Tages-Höchstwert erreicht. Innerhalb von sieben Tagen wurden hierzulande 140 Infektionen je 100.000 Einwohner registriert. Angestrebt wird eine 7-Tage-Inzidenz von maximal 50.

Ausgerechnet in dieser zugespitzten Lage hat die AfD in Sachsen-Anhalt für den 19. und 20. Dezember zu einem Parteitag in Magdeburg eingeladen. Auf dem Messegelände in Halle 2 werden an dem Wochenende kurz vor Weihnachten „500 bis 600“ Teilnehmer aus allen Teilen des Bundeslandes erwartet. Das bestätigte Matthias Kleiser von der AfD-Landesgeschäftsstelle auf Volksstimme-Anfrage. Gewählt werden die Kandidaten für die Landtags- und die Bundestagswahl. Als Bewerber für die Spitzenkandidaturen gehen Oliver Kirchner (Landtag) und Martin Reichardt (Bundestag) ins Rennen.

Bei der AfD gibt es kein Delegiertensystem wie in anderen Parteien. Theoretisch könnten also alle 1400 Mitglieder zum Parteitag kommen. Kleiser betonte, es werde ein Hygienekonzept erarbeitet. „Masken werden genügend vorhanden sein“, sagte er. Eine Maskenpflicht gebe es aber nicht.

Mit einem solchen Massenparteitag verstößt die AfD nicht gegen geltendes Recht, bestätigte das Gesundheitsministerium. In Paragraf 2a der Corona-Verordnung ist geregelt, dass es keine Personenbegrenzung gibt für „Veranstaltungen von Parteien und Wählergruppen zur Aufstellung ihrer Bewerber nach den jeweiligen Wahlgesetzen für bevorstehende Wahlen“.

Aber muss das ausgerechnet jetzt sein? In Sachsen-Anhalt dürfen sich derzeit maximal zehn Menschen treffen. Die Regeln dürften in den nächsten Wochen weiter verschärft werden. Für Silvester hat die Landesregierung bereits angekündigt, dass höchstens bis zu fünf Menschen zusammenkommen dürfen.

Die CDU etwa hat wegen der Corona-Krise ihren Listenparteitag zunächst auf Ende Januar 2021 verschoben. Einer Verschiebung kann Kleiser nichts abgewinnen. „Im Januar oder Februar wird die Lage doch nicht entspannter sein“, sagte er.

Die AfD hatte bereits im September einen Parteitag mit etwa 550 Mitgliedern veranstaltet. Seinerzeit fand der Parteitag als Open-Air-Veranstaltung auf dem Gelände eines ehemaligen Autokinos in Dessau-Roßlau statt. Hunderte Menschen saßen unter dem Dach eines großen, zur Rednerbühne hin offenen Zeltes. Dicht an dicht gedrängt. Ohne Masken. Ohne Berührungsangst. Hände wurden geschüttelt, Parteifreunde umarmt. Grünen-Landeschef Sebastian Striegel sprach danach von einer „Corona-Party“ und fragte empört: „Wer schützt uns vor solchen potenziellen Superspreadern?“

Die Stadtverwaltung Dessau-Roßlau kritisierte damals zwar die „offensichtliche Nichtbeachtung der Abstands- und Hygieneregeln“. Doch Sanktionen erfolgten nicht.

Erst Mitte November hatte Sachsen-Anhalts AfD in Halle eine Veranstaltung unter dem Titel „Stoppt die Corona-Diktatur“ organisiert. Im Landtag bezeichnete zuletzt der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Landtagsfraktion, Robert Farle, die Corona-Regeln als „geradezu kriminell. Das ist ja wie Kriegsrecht.“ Die ganze Pandemie sei „ein Schwindel“, behauptete er. Die Bevölkerung werde in Panik versetzt, damit Politiker – unterstützt von „gleichgeschalteten Medien“ – ihre Ziele durchsetzen könnten. Er sprach von „Häschern“ und „Spitzeln“ in Gesundheitsämtern.

Kanzlerin Merkel plädierte im Bundestag für weitreichende Schließungen nach Weihnachten. Sie forderte aber auch zusätzliche Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus bereits vor den Festtagen. „Wir müssen uns jetzt noch mal anstrengen“, sagte sie. In einer Phase bis zum 10. Januar sollten Geschäfte geschlossen werden. Es sollten auch die Ferien verlängert oder auf Digitalunterricht umgestellt werden. Merkel schloss sich damit ausdrücklich den Forderungen der Wissenschaftsakademie Leopoldina nach einem bundesweiten harten Lockdown an.