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Landespolitik Können wir uns das alles leisten?

Sachsen-Anhalt ist spitze beim Geldausgeben. Noch liegen die Ausgabewünsche der Ministerien weit über den finanziellen Möglichkeiten.

Von Michael Bock 28.03.2018, 01:01

Magdeburg l Finanzminister André Schröder (CDU) tritt auf die Ausgabenbremse: Mit Blick auf den Landeshaushalt 2019 forderte er seine Ressortkollegen zu „Realismus und Augenmaß“ auf. Die Ministerien sollten sich in ihren Haushaltsansätzen an den Rekordausgaben des Jahres 2017 (10,8 Milliarden Euro) orientieren. Das war der Plan. Doch jetzt liegen Ausgabewünsche auf dem Tisch, die ein Loch von einer Milliarde Euro in den Haushalt reißen würden. Schröder zieht die Zügel an. „Damit ist klar, dass nicht alle angemeldeten Vorhaben umsetzbar sind“, sagte er.

Dabei leistet sich Sachsen-Anhalt im deutschlandweiten Vergleich der Flächenländer schon jetzt die höchsten Ausgaben. Im Jahr 2017 waren es 4616 Euro je Einwohner. Am sparsamsten waren die Niedersachsen (3761 Euro).

Sachsen-Anhalt steht bei den Banken mit mehr als 20 Milliarden Euro in der Kreide. Das Land hat mit 9261 Euro je Einwohner die zweithöchste Pro-Kopf-Verschuldung aller Flächenländer. Düsterer sieht es nur im Saarland aus (13.850 Euro).

Den Löwenanteil bei den fürs nächste Jahr geforderten Extra-Ausgaben machen Investitionen und Investitionsförderung aus. Die Wünsche liegen satte 819 Millionen Euro über dem Ansatz von 2017.

Eine Schippe drauflegen will zum Beispiel Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD). Er möchte die Unternehmensförderung im Vergleich zu 2017 (93,9 Millionen Euro) um 18,3 Prozent auf 111 Millionen Euro erhöhen. Großgeräte an den Hochschulen sollen im nächsten Jahr mit 17,1 Millionen Euro gefördert werden. Das ist gegenüber 2017 ein Plus von 27,3 Prozent.

Und: Die Ministerien haben allein für das nächste Jahr einen Personalaufwuchs von insgesamt 2700 neuen Stellen beantragt. So soll etwa Bildungsminister Marco Tullner (CDU) mehr Lehrer, Referendare und pädagogische Mitarbeiter bekommen.

Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) möchte 150 neue Stellen für Staatsanwalte, Richter und Verwaltungspersonal haben. Damit will sie sich frühzeitig auf die bevorstehende Pensionierungswelle vorbereiten. Es besteht Handlungsdruck. Denn: Deutschlandweit scheiden bis zum Jahr 2030 fast 40 Prozent aller Juristen aus dem Dienst. Die Justiz verliert damit mehr als 10.000 Richter und Staatsanwälte.

Zu den 2700 neuen Stellen kommen Jobs, die wegen Fluktuation und Altersabgängen wiederbesetzt werden müssen. Die derzeitigen Planungen der Ressorts würden also bedeuten, dass innerhalb eines Jahres rund 6500 Beschäftige im öffentlichen Dienst neu eingestellt werden müssten. Es müsse schon die Frage gestellt werden, wie realistisch es sei, diese Stellen überhaupt besetzen zu können, sagte Schröder.

Aufwüchse seien zwar punktuell möglich, „aber es bedarf einer strengen Schwerpunktsetzung“, erklärte der Minister weiter. Ausgabewünsche, die über die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages hinausgingen und in der Koalition strittig seien, würden nicht berücksichtigt, sagte er. In diesem Zusammenhang stellte Schröder die von den Grünen gewünschte Fortsetzung eines Umweltsofortprogramms infrage.

Der Minister betonte zugleich: „Es gibt keinen Sparhaushalt, sondern erneut einen Gestaltungsetat.“ Schröder bezeichnet den Haushalt 2019 als „Reifeprüfung“ für die Kenia-Koalition. Geplant ist, dass der Landtag den Etat spätestens im Dezember beschließt.

Schröder hat drei rote Linien gezogen: keine neuen Schulden, Fortsetzung des Schuldenabbaus (seit 2016 hat das Land 325 Millionen Euro getilgt) und Sicherstellung der Konsolidierungshilfen des Bundes in Höhe von 80 Millionen Euro jährlich. Um Letztere zu bekommen, muss das Land strenge Auflagen einhalten.

Die Linke erklärte: „Gestaltung richtet sich nach den gesellschaftlich notwendigen Aufgaben und nicht nach starren Höchstgrenzen.“ Wolle der Minister ernsthaft weiter gestalten, „darf er seinen Ressortkollegen nicht schon jetzt mit der Kürzungsschere drohen“. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Sitta warf den Ministerien einen „regelrechten Ausgabenwahn“ vor. Das Sparpotenzial im Etat werde nicht ausgeschöpft. Rechnungshofpräsident Kay Barthel betonte: „Jeder Konjunkturzyklus endet irgendwann, und dann sinkt das Steuereinnahme-Niveau. Deshalb muss man jetzt vorsorgen und den Schuldenabbau vorantreiben.“

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