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Angriffskrieg auf die Ukraine Innenministerin: Kein ukrainischer Staatsbürger in Sachsen-Anhalt muss befürchten, ins Kriegsgebiet zurück zu müssen

Mit scharfen Worten hat Sachsen-Anhalt Landespolitik den Angriff Russlands auf die Ukraine verurteilt. Am Freitag will sich der Landtag auch ans russische Volk wenden. Die Integrationsbeauftragte fordert, Sachsen-Anhalt müsse die Aufnahme von Flüchtlingen vorbereiten. Mit einem Brief an Olaf Scholz will die Landesregierung derweil die Senkung von Steuern auf Gas und Strom erwirken.

Von Alexander Walter Aktualisiert: 24.02.2022, 20:16
Eine Frau hält ihr Baby in einem Bus, während sie Kiew verlässt.
Eine Frau hält ihr Baby in einem Bus, während sie Kiew verlässt. Foto: Emilio Morenatti/AP/dpa

Magdeburg - „Der Angriffskrieg gegen die Ukraine ist durch nichts zu rechtfertigen“, heißt es in einem Antrag von CDU, SPD, FDP, Grünen und Linken für die Landtagssitzung am Freitag. Mit der Resolution will das Parlament den russischen Angriff auf die Ukraine auch offiziell scharf verurteilen: Die Inkaufnahme von Toten, das Leid der Zivilbevölkerung in der Ukraine, die Zerstörung der Infrastruktur werde von der Putin-Administration „als Preis einer großrussischen nationalistischen Ideologie in Kauf genommen“, schreiben die Verfasser. Und: „Der Landtag erklärt seine Solidarität mit der Ukraine“ und stehe an der Seite Ukrainer. Auch an die russische Bevölkerung richten sich die Verfasser: „Wenden Sie sich gegen diesen Krieg, in dem es keine Gewinner geben kann. Stoppen Sie diesen Präsidenten und seine Erfüllungsgehilfen.“

Integrationsbeauftragte fordert, Vorkehrungen für die Aufnahme von Flüchtlingen zu treffen

Integrationsbeauftragte Susi Möbbeck (SPD) forderte, kurzfristig Vorkehrungen für die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine zu treffen: „Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, dass wir Menschen, deren Leben und Freiheit bedroht wird, helfen“, sagte sie. Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) sagte: „Kein ukrainischer Staatsbürger, der sich in Sachsen-Anhalt aufhält, muss befürchten, ins Kriegsgebiet zurückkehren zu müssen.“ Nach einer Telefonschalte gestern werde sich der Bund in der EU dafür einsetzen, dass Ukrainern humanitärer Schutz gewährt wird. Gesonderte Asylanträge entfielen damit. 3160 Menschen mit ukrainischem Pass leben derzeit in Sachsen-Anhalt.

Magdeburgs Bischof Gerhard Feige hat für Freitag zum Friedensgebet im Magdeburger Dom aufgerufen.
Magdeburgs Bischof Gerhard Feige hat für Freitag zum Friedensgebet im Magdeburger Dom aufgerufen.
Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentra

Bis vor kurzem hätte ich mir nicht vorstellen können, dass es mitten in Europa wieder einen solchen Krieg geben könnte“

Gerhard Feige, katholischer Bischof in Magdeburg zum russischen Angriff auf die Ukraine

Magdeburgs katholischer Bischof Gerhard Feige äußerte sich erschüttert über den Angriff Moskaus: „Bis vor kurzem hätte ich mir nicht vorstellen können, dass es mitten in Europa wieder einen solchen Krieg geben könnte“, sagte er. Außer zu Spenden für die Ukraine rief er für Freitag, 18 Uhr, zum Friedensgebet im Magdeburger Dom. Die Deutsch-Ukrainische Vereinigung rief für den 26. und 27. Februar um 15 Uhr zu Kundgebungen auf dem Alten Markt in Magdeburg.

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte bereits am Morgen – wenige Stunden – nach Beginn des Überfalls: „Dieser Angriff ist durch nichts gerechtfertigt.“ Es handele sich um einen Angriffskrieg und einen eklatanten Bruch des Völkerrechts.

Die Landtagsfraktionen äußerten sich ähnlich. Einzig die AfD äußerte Verständnis für Russland: Rechtsaußen Hans-Thomas Tillschneider schrieb in einem später wieder gelöschten Beitrag bei Twitter: „,Rußland greift an!“, schreibt die Tagesschau. Falsch. Rußland verteidigt sich!“ „Wir verurteilen den Angriff Russlands auf einen souveränen Staat in Europa“, erklärte der AfD-Abgeordnete Tobias Rausch später in einer offiziellen Mitteilung für die Fraktion. Der Westen müsse sich aber die Frage gefallen lassen, inwieweit er zu lange Sicherheitsbedenken Russlands im Zuge der NATO-Osterweiterung nicht ernst genommen habe.

Ministerpräsident und Wirtschaftsminister bitten Kanzler um Absenkung von Steuerlast bei Energie

Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) rechnet wegen der Invasion mit „kurzfristig steigenden Energiepreisen“: Auch wenn nicht abzusehen sei, welche Auswirkungen der Konflikt im Detail auf Sachsen-Anhalts Wirtschaft haben wird, habe er „große Sorge“. „Dies betrifft nicht nur jeden Bürger sondern ist auch Gift für unsere energieintensive Wirtschaft.“ Schulze und Haseloff hätten einen Brief an Kanzler Olaf Scholz verfasst, hieß es aus dem Ministerium weiter. Ziel ist sei es, staatliche Steuern und Abgaben bei Gas- und Strompreis zu reduzieren oder auszusetzen. Die Bundeswehr in Sachsen-Anhalt hat derweil nach eigenen Angaben Soldaten zur Verstärkung der EFP-Battlegroup im Nato-Land Litauen im Einsatz, die aber in Kürze zurückkehren sollen. Zahlen nannte ein Sprecher nicht. Insgesamt stehen aktuell 900 deutsche Soldaten in dem Nachbarland Russlands.

Russlands Bedeutung bei Gas, Öl und Kohle

Zum Montag, 21. Februar, waren die Gasspeicher in Sachsen-Anhalt laut Wissenschaftsministerium zu knapp 40 % gefüllt; in Deutschland lag der Wert bei knapp 31 %. Die Bundesregierung davon aus, dass die Versorgung bis Ende des Winters sicher ist. Für 2022/2023 soll eine nationalen Gasreserve geschaffen werden, hieß es. Der Anteil russischer Importe bei Rohöl lag 2020 bundesweit bei gut 31 Prozent (28,1 Mio. Tonnen). Die Bundesregierung hat angekündigt, die strategische Erdölreserve (für 90 Tage) in Anspruch zu nehmen, um Lieferengpässe zu kompensieren. Bei Steinkohle stammten 2021 rund 57 % der deutschen Importe aus Russland (18,5 Mio. Tonnen). Sachsen-Anhalt ist hiervon aufgrund seines geringen Steinkohlebedarfs aber kaum betroffen.