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„Spaziergänge“ Politiker in Sachsen-Anhalt verurteilen Belagerung des Privathauses des Oberbürgermeisters von Halberstadt

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff und Innenministerin Zieschang verurteilen Proteste vor dem Privathaus von Halberstadts Oberbürgermeister Daniel Szarata (beide CDU). Auch andere Politiker reagieren empört und fordern Konsequenzen.

Von Michael Bock Aktualisiert: 15.02.2022, 12:33
Ministerpräsident Reiner Haseloff hat die Corona-Proteste vor dem Privathaus des Halberstädter Oberbürgermeisters Daniel Szarata scharf verurteilt.
Ministerpräsident Reiner Haseloff hat die Corona-Proteste vor dem Privathaus des Halberstädter Oberbürgermeisters Daniel Szarata scharf verurteilt. dpa-Zentralbild

Halberstadt/Magdeburg - Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat die Corona-Proteste vor dem Privathaus des Halberstädter Oberbürgermeisters Daniel Szarata scharf verurteilt. Haseloff warnte vor einer Radikalisierung der Proteste und vor einer zunehmenden Instrumentalisierung durch rechtsextreme Kräfte.  „Zur Demokratie gehören auch Meinungsverschiedenheiten. Sie muss Spannungen aushalten können. Man kann gegen die Corona-Maßnahmen natürlich demonstrieren. Aber es gibt auch rote Linien", so Haseloff. Die Proteste vor dem Privathaus von Oberbürgermeister Szarata stellten einen Tabubruch dar und seien aufs Schärfste zu verurteilen. "In unserer Gesellschaft darf es keinen Platz für Hass, Hetze und Einschüchterungen geben. Meine uneingeschränkte Solidarität gilt Oberbürgermeister Szarata und seiner Familie.“

Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang und der Landrat des Landkreises Harz, Thomas Balcerowski, haben am Dienstag eine gemeinsame Erklärung zum Aufzug vor dem Privathaus des Halberstädter Oberbürgermeisters Daniel Szarata am Montagabend abgegeben.

„Den gestrigen gezielten Einschüchterungsversuch gegenüber Herrn Oberbürgermeister Szarata verurteilen wir auf das Schärfste“, betonten Innenministerin Zieschang und Harzer Landrat Balcerowski. „Einem solchen Missbrauch des Versammlungsrechts werden Versammlungsbehörden und Polizei entschieden entgegentreten. Kommunalpolitikern, die sich täglich für das Gemeinwesen einsetzen und Verantwortung für ihre Stadt übernehmen, verdienen für ihr Engagement höchsten Respekt, Sicherheit und Schutz.“

Die Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert nach der Belagerung des Privathauses des Oberbürgermeisters klare Konsequenzen. „Ein Mob, der mit Fackeln und Pyrotechnik das Privathaus eines kommunalen Amtsträgers belagert, ist ein Tabubruch“, sagte Innenpolitiker Sebastian Striegel . „Leider kommt diese Grenzüberschreitung nicht unerwartet, die Radikalität der Proteste von Seuchenbefürwortern ist keine Überraschung.“

Die Ereignisse von Halberstadt zeigten, dass Innenministerin Zieschang dringend umdenken müsse. „Es braucht konsequentere Strafverfolgung gegen diejenigen, die diese Drohszenarien aufbauen. Dies gilt insbesondere auch für Halberstadt, wo gegen die illegalen und von Rechtsextremen gelenkten Aufmärsche zu lange nicht konsequent genug eingeschritten wurde.“

Der demokratische Rechtsstaat stehe vor einer großen Bewährungsprobe: „Diese kann nur bewältigt werden, wenn wir gemeinsam aufstehen gegen die Feinde der Demokratie innerhalb und außerhalb der Parlamente.“

Linke-Fraktionschefin Eva von Angern sagte: „In Halberstadt wurden deutliche Grenzen durch Corona-Leugner überschritten. Ein Fackelaufzug mit angsteinflößenden Szenen vor dem Wohnhaus von Halberstadts Oberbürgermeister Daniel Szarata ist nicht hinnehmbar.“

Das Demonstrationsrecht müsse als hohes Gut geschützt werden: „Doch es gibt deutliche Grenzen, wenn kommunale Mandatsträger durch martialische Aufzüge in ihrer Sicherheit gefährdet werden. Das Innenministerium muss endlich tätig werden und strafrechtlich relevante Handlungen von Corona-Demonstrierenden konsequent verfolgen. Das staatliche Versagen im Umgang mit Corona-Protesten muss beendet werden.“

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Chris Schulenburg, verurteilt diese Art von Protesten. „Das ist ein absoluter Tabubruch“, sagte auch er. Die Meinungsfreiheit endet da, wo Druck auf das Privatleben von Politikern ausgeübt wird. Einschüchterungen durch Menschenmassen sind nicht vom Versammlungsrecht gedeckt. Die Versammlungsbehörde muss reagieren und sensible Orte, wie das Privathaus, zur Bannmeile erklären.“

"Die Bedrohung von Politikern aller Ebenen hat leider ein neues und erschreckendes Ausmaß erreicht. Demokratie braucht die kritische Auseinandersetzung, ohne Frage auch um die Corona Maßnahmen, aber mit dem Aufsuchen der Privatwohnungen ist definitiv eine Grenze überschritten", sagte Katja Pähle, Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag. Dass die Bewegung sich radikalisiere, obwohl wesentliche Öffnungsschritte vor der Tür stehen, zeige auch: Für die rechtsextremistischen Querdenker ist und bleibt der Protest gegen Corona-Auflagen nur Mittel zum Zweck, so Pähle weiter. 

"Das hohe Gut der Demonstrationsfreiheit darf nicht dazu genutzt werden, Politiker und ihre Familien heimzusuchen, sie zu bedrohen und mit Fackeln und Pyrotechnik in Angst und Schrecken zu versetzen. Solche Aufmärsche vor den Privathäusern sind ein Missbrauch der Versammlungsfreiheit und eine nicht hinnehmbare Grenzüberschreitung, die uns als FDP-Fraktion zutiefst empört und die wir aufs Schärfste verurteilen", so Andreas Silbersack, Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt.

Am Montagabend war der wöchentliche „Spaziergang“ von Corona-Kritikern eskaliert. Zahlreiche Teilnehmer zogen mit Fackeln, Tröten und Trommeln vor das Privathaus des Oberbürgermeisters. Sie wurden angeführt von der rechtsextremen Gruppierung „Harzrevolte“ .