Gesundheit Reformen: Apotheker in Sachsen-Anhalt kritisieren Lauterbach-Pläne scharf
Die Reformpläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach stoßen in Sachsen-Anhalt auf viel Kritik. Zweifel äußern auch Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung.

Magdeburg. - Nachdem die ersten Details aus dem geplanten Gesetz zur Apothekenreform publik geworden sind, regt sich in Sachsen-Anhalt scharfer Protest gegen das verantwortliche Bundesgesundheitsministerium. Jens-Andreas Münch, Präsident der Apothekerkammer, kommt zu einem vernichtenden Urteil: „Die vorgeschlagenen Reformen werden die Arzneimittelversorgung in Deutschland irreparabel zerstören, statt sie für die Zukunft zu stabilisieren.“ Münch kritisiert vor allem die geplanten Änderungen bei der Leitung von Apotheken und bei der Vergütung von Arzneimitteln.
Um den Mangel an zugelassenen Apothekern im ländlichen Raum zu kompensieren, sollen auch Pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) im Alleingang Filialapotheken öffnen und führen dürfen. Es müsste jedoch gewährleistet sein, dass sich ein Apotheker im Tagesgeschäft per Video zuschalten kann und die Apothekenleitung mindestens acht Stunden pro Woche anwesend ist. Für den Präsidenten der Apothekerkammer wirklichkeitsferne Vorstellungen, die zulasten der Patienten gehen: „Es kann nicht garantiert werden, dass man immer einen Apotheker erreicht, wenn man ihn unbedingt braucht“, sagt Münch. Die PTAs seien nicht befähigt, einzuspringen. Das gebe ihre Ausbildung nicht her. Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt (KVSA) schätzt dies ähnlich ein. Man würde Patienten über die personelle Besetzung täuschen und unter Umständen sogar gefährden.
Vergütung ist ein Streitpunkt
Vielen Apothekern missfallen zudem, die Vergütungspläne für rezeptpflichtige Medikamente, die maßgeblich zur Wirtschaftlichkeit einer Apotheke beitragen. Die Vergütung setzt sich dabei aus zwei Teilen zusammen: dem Fixum als Festpreis sowie einem prozentualen Anteil auf den Verkaufspreis. Kostet ein Arzneimittel mehr, steigt damit automatisch der Umsatz. Das soll sich ändern. Zwar wird nach den Plänen des Lauterbach-Ministeriums der Festbetrag von 8,35 Euro auf 8,66 Euro je Packung erhöht, im Gegenzug sinkt der prozentuale Anteil schrittweise von drei auf zwei Prozent. Das hätte insbesondere auf sogenannte „Hochpreiser“, also Medikamente, die für Apotheken im Einkauf mehr als 1.238 Euro pro Packung kosten, Auswirkungen. Diese Arzneimittel kommen beispielsweise bei Krebstherapien zum Einsatz. Von den „Hochpreisern“ werden einerseits nur wenige verkauft, andererseits generieren viele Apotheken einen Großteil ihres Umsatzes mit ihnen. Laut der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände lag ihr Umsatzanteil im Jahr 2022 bei den verschreibungspflichtigen Medikamenten bei 38 Prozent. „Die Einbußen würden kleinere und größere Apotheken gleichermaßen treffen. Und auch jene auf dem Land wären betroffen“, schätzt Münch ein. Auf alternative Medikamente könne man nicht umsteigen. Dafür seien sie insgesamt zu komplex.
Auch bei den Krankenkassen zweifelt man daran, ob die Reform die gewünschten Effekte erzielt. Von den bisherigen Plänen würden Apotheken in Ballungsgebieten profitieren, meint IKK-Pressesprecher Gunnar Mollenhauer. „Die erzielen einen großen Teil ihres Umsatzes durch hohen Packungsabsatz. Eine Anhebung des Fixums bevorteilt diese Apotheken, während jene in ländlichen Gebieten nicht so viel davon haben“, sagt Mollenhauer.
Ministerium äußert sich nicht
Die AOK hingegen begrüßt den Ansatz, sich weniger stark am Abgabepreis eines Arzneimittels zu orientieren. „Die stetig steigenden Arzneimittelpreise und die daraus folgende finanzielle Belastung für die Beitragszahler werden so etwas abgefedert“, so AOK-Sprecher Sascha Kirmeß. Prinzipiell könne der Entwurf dazu beitragen, dass die Versorgung durch Apotheken in strukturschwachen Gebieten robuster aufgestellt wird.
Das Bundesgesundheitsministerium wollte sich auf Anfrage der Volksstimme nicht zum Thema äußern, da der Gesetzesentwurf regierungsintern noch nicht abgestimmt sei. Seite 4