Sachsen-Anhalt Spagat der SPD

Die SPD hat Mittwoch in Magdeburg den Entwurf eines Wahlprogramms für die Landtagswahl im Juni 2021 präsentiert.

Von Michael Bock 30.07.2020, 01:01

Magdeburg l Die SPD-Spitzenfrau sagt gleich klipp und klar, was sie im nächsten Jahr nicht mehr will: eine Fortsetzung der Koalition mit der CDU. Katja Pähle bekräftigt: „Wir streben eine progressive Mehrheit anstatt erzwungener Bündnisse an.“ Derzeit müssten Parteien zusammenarbeiten, „die in vielen Fragen ganz unterschiedlicher Auffassung sind“, sagt die Hallenserin. In einem neu gewählten Landtag mit großen demokratischen Mehrheiten müssten wieder Koalitionsbildungen nach politischen Übereinstimmungen möglich werden.

Für die SPD werde es ein schwieriger Wahlkampf, prophezeit Pähle. Denn: „Wir tragen Regierungsverantwortung und wollen gleichzeitig auf vielen Gebieten Veränderungen erreichen. Aber den Spagat halten wir aus.“ Darum: „Wir werden unsere Erfolge und die unserer Regierungsmitglieder selbstbewusst darstellen. Zugleich werden wir deutlich machen, dass die schwierigen Mehrheitsverhältnisse im heutigen Landtag oft für politischen Stillstand sorgen.“

So blockiere die CDU seit langer Zeit ein Tariftreue- und Vergabegesetz. Anderes wiederum hätte viel schneller gehen können, sagt Pähle. Etwa die geplante Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Hier stellte sich die Union lange quer. Oder die Einführung eines Azubitickets. Die CDU lenkte erst nach hartem Ringen ein.

Aktuell fordert die SPD ein investives Anti-Krisen-Paket über zwei Milliarden Euro. Dieses soll auch über neue Schulden finanziert werden. Die CDU lehnt das strikt ab.

In vielen Punkten im 95-seitigen Entwurf für ein Wahlprogramm offenbart die SPD eine weitaus größere Nähe zur oppositionellen Linken als zum ungeliebten Koalitionspartner CDU. In der Flüchtlingspolitik etwa fordern die Sozialdemokraten: „Sachsen-Anhalt braucht mehr Zuwanderung, um wirtschaftlich leistungsfähig und kulturell attraktiv zu bleiben.“ Verlangt wird die Rückkehr zum Rechtsanspruch auf Familiennachzug. Abschiebungen nach Afghanistan werden „auf absehbare Zeit“ abgelehnt. Sachsen-Anhalt soll sich an der Aufnahme von aus Seenot geretteten Menschen beteiligen. Bei der Linken dürfte da kaum einer widersprechen.

Die CDU verfolgt eine härtere Linie. In der Union gibt es nicht wenige, die in diesen Fragen auf Kuschelkurs mit der AfD sind. Die SPD traut ohnehin den Beteuerungen der CDU-Spitze nicht sonderlich, nach der Landtagswahl nicht mit der AfD anbändeln zu wollen.

Auch in der Bildungspolitik hat es zwischen SPD und CDU in den zurückliegenden Jahren immer wieder heftig gerappelt. „Der Notstand wird nur verwaltet“, wirft Pähle dem CDU-Minister Marco Tullner vor. Der Umgang mit digitaler Bildung sei verzagt. Die SPD fordert mehr Gemeinschaftsschulen. Auch dafür hält sich die Sympathie auf CDU-Seite in sehr überschaubaren Grenzen.

Und dann ist da noch die Sache mit dem Slogan. Der SPD-Entwurf für ein Wahlprogramm ist überschrieben mit dem Satz: „Ein Land für alle.“ Dumm nur: Der Slogan ist abgekupfert. Mit genau diesem Satz überschrieb die Linke im Jahr 2011 ihr Wahlprogramm. Die designierte Linke-Spitzenkandidatin Eva von Angern kommentiert das so: „Wenn die SPD jetzt noch die Inhalte übernimmt, ist das eine gute Grundlage für eine Zusammenarbeit.“

CDU-Generalsekretär Sven Schulze sagt: „Wenn die Inhalte von SPD und Linken schon nicht mehr zu unterscheiden sind, warum nicht auch dem Wahlprogramm den gleichen Namen geben?“ Meinung