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Sicherheit Cyberagentur für digitalen Schutz

Eine neue Cyberagentur in Halle soll in Zukunft für mehr Sicherheit im Internet sorgen. Ein Gespräch mit dem Chef, Christoph Igel.

Von Steffen Honig 12.09.2020, 01:01

Was sind die zunächst wichtigsten Aufgaben Ihrer etwa 100 Mitarbeiter?
Christoph Igel:
Nun, unsere Aufgabe besteht darin, zukunftsweisende, mutige Themen für Forschung und Innovation in der Cybersicherheit, also die Sicherheit im Internet, im digitalen Raum, zu identifizieren, zu stimulieren und mittel- und langfristig zu finanzieren. Dabei steht die Sicherheit Deutschlands im Fokus, wir wollen Beiträge für die Innere Sicherheit als auch für die Verteidigung unseres Landes leisten.

Im Cyberraum verschmelzen Innere und Äußere Sicherheit zunehmend, man kann diese nur noch schwer voneinander trennen. Um diese Aufgabe zu lösen, wollen wir mit den klügsten und motiviertesten Köpfen in Deutschland zusammenarbeiten. Köpfe aus der Forschung, aus der Industrie, aus Startups. Auch Einzelne jenseits bekannter Strukturen sind willkommen. Diese zu finden, die zukunftsweisenden Themen zu kennen und darüber hinaus auch die Cyberagentur als Unternehmen des Bundes auf den Weg zu bringen, dies sind aktuell unsere wichtigsten Aufgaben.

Die Agentur ist eine Schaltstelle. Welche Forschungskapazitäten wollen und können Sie zusammenbringen?
Christoph Igel:
Wir reden derzeit mit Wissens­trägerinnen und Wissensträgern aus unterschiedlichsten Bereichen: aus Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, aus der Sicherheitsindustrie, wir reden mit Startup-Gründerinnen und -Gründern, und wir reden mit interessierten Enthusiasten und Internet-Evangelisten. Die ganze Bandbreite, in vielen Teilen in Deutschland.

Die Fragen, die wir stellen, sind immer wieder die gleichen: Haben Sie Ideen, wie wir Deutschland im Internet sicherer machen können? Ganz konkret geht es etwa um Forschung zur Steigerung der Internetsicherheit im Kontext von Cyber Crime, um die Identifikation von Extremismus im WorldWideWeb, um die Detektion von Hacker-Angriffen auf die IT der Bundeswehr durch digitale Bots. Es ist unser Ziel, diese Fachleute zusammenzubringen, mittels von uns finanzierter Forschungsprojekte Antworten auf diese Fragen zu finden, damit wir in der Zukunft auch im digitalen Raum tagtäglich sicher leben können.

Welche Qualifikation ist erforderlich, um in der Cyberagentur tätig zu werden?
Christoph Igel: Mut und Kreativität, die Bereitschaft, neue, ungewöhnliche Wege zu gehen. Teamfähigkeit, Integrität und Managementfähigkeiten sind ebenso wichtig wie die persönliche Offenheit und der Wunsch nach Gestaltung von Innovation und Zukunftsfragen. Und natürlich ein hohes Interesse an Forschung und Entwicklung von Cyberthemen, an Digitalisierung, an Digitalität, dem Internet der Dinge - und an Cybersicherheit. Das Ganze gepaart mit fundiertem Wissen. Und ganz wichtig: ein nachhaltiges Interesse an Sicherheit und Verteidigung und die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung für unsere Gesellschaft.

Bei der Cybertechnologie steht Deutschland in weltweiter Konkurrenz und läuft Gefahr abgehängt zu werden. Wie kann die Agentur hier gegensteuern?
Christoph Igel: Ach wissen Sie, dieses immer wieder beschworene Damoklesschwert „Deutschland wird abgehängt“. Ich war als Wissenschaftler lange Jahre international unterwegs. Wenn ich in China war, hörte ich, dass die Chinesen die Befürchtung hatten, abgehängt zu werden. War ich in USA, hörte ich identische Befürchtungen. Zurück in Europa – auch hier eine sehr ähnliche Vermutung. Und ja, auch mir sind Studien bekannt, die diese Vermutung mit Daten und Fakten untermauern. Als Forschungsdirektor der Cyberagentur möchte ich jedoch nicht lamentieren und mich in die Reihe derjenigen einordnen, die Befürchtungen äußern. Ich finde, wir sollten die Dinge tun, die notwendig sind, um voranzukommen. In diesem Sinne ist die Cyberagentur gegründet worden. Und in diesem Sinne verstehe ich unseren Auftrag und die wichtige und interessante Aufgabe, dieses Thema zu gestalten.

Ihre Agentur soll Militär, Wirtschaft, Verwaltung als auch dem einfachen Bürger Cybersicherheit bieten. Wie können Sie dieses Spektrum abdecken?
Christoph Igel: Dies können wir selbstverständlich nicht alleine. Und dann auch nur in dem begrenzten Segment der mittel- und langfristig finanzierten Forschung – wir nennen diese auch Fernlicht-Forschung. Faktisch ist die Cyberagentur ein Puzzle-Teil, ist ein Element zur Gestaltung der digitalen Souveränität Deutschlands im Cyberraum. Mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, mit der Zentralen Stelle für Informationstechnik in der Sicherheit, mit dem Organisationsbereich Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr, mit dem Nationalen Cyber-Abwehrzentrum, das die behördenübergreifende Koordinierung von Schutz- und Abwehrmaßnahmen gegen IT-Sicherheitsvorfälle zur Aufgabe hat, bestehen weitere hervorragende Einrichtungen. Um nur einige zu nennen. Und glauben Sie mir – alle sind notwendig, die Vielzahl von Sicherheitsvergehen im digitalen Raum ist derart vielfältig und an mancher Stelle so neu, dass es viele kompetente Institutionen braucht. Wir fokussieren eben die Fernlicht-Forschung für die Zukunft.

Was bringt Sachsen-Anhalt an Vorteilen für den Agentur-Sitz mit, gibt es Defizite?
Christoph Igel: Die Vorteile sind offensichtlich: tolle Lage in der Mitte Deutschlands mit hervorragenden in­frastrukturellen Anbindungen. Attraktive Region mit hoher Lebensqualität und freundlichen Menschen. Offenheit, Interesse, Bereitschaft zur Unterstützung beim Aufbau der Cyberagentur. Mit dem Universitätsverbund Mitteldeutschland verfügt die Region über hervorragende Universitäten und über tolle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich unter der Federführung des Rektorats der Universität Halle mit Offenheit und Interesse in den letzten Monaten mit uns ausgetauscht haben.

Derzeit wird geprüft, ob im Rahmen des wissenschaftlichen Profils ein neuer Cybersicherheits-Schwerpunkt ausgebracht werden kann. Und vergessen wir nicht die Wirtschaftsregion Leipzig-Halle mit Anknüpfungspunkten zu Digitalem und IT. Von all dem konnte ich mir persönlich in den zurückliegenden Monaten ein Bild machen und ich muss sagen, ich bin wirklich sehr begeistert.

Die Tätigkeit der Behörde ist wegen der sicherheitspolitischen Relevanz nichts für laufende Pressekonferenzen. Wird die Agentur dennoch öffentlichkeitswirksam werden?
Christoph Igel: Die Information der Öffentlichkeit, der Gesellschaft, über unsere Aktivitäten ist eine wichtige Aufgabe für uns. Regelmäßig finden Gespräche mit Abgeordneten auf Bundes-, Landes- und regionaler Ebene statt. Und selbstredend stehen wir der Presse zur Verfügung. Dass Forschungsthemen der Cyberagentur mitunter auch sensibel sind, liegt in der Natur der Sache. Wichtig ist doch, dass wir in Sicherheit leben können. Und dazu wollen wir einen Beitrag leisten.