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Spezial-Operationen Kassen raten zu erfahrenen Kliniken

Kliniken, die Spezial-OPs oft ausführen, sind besser als unerfahrene Häuser. Kassen in Sachsen-Anhalt raten im Zweifel zu längeren Wegen.

Von Alexander Walter 30.01.2021, 00:01

Magdeburg l Die Pandemie überlagert derzeit viele Debatten, so auch jene um die Zukunft der Kliniken in Sachsen-Anhalt. Sollen sich die Häuser zukünftig stärker spezialisieren? Welche Behandlungen sollen künftig wo angeboten werden?

Gut fünf Monate vor der Landtagswahl liefern Barmer-Ersatzkasse und AOK der Debatte neue Nahrung. Anlass sind Daten zur 30-Tage-Überlebensrate nach Spezial-Operationen. Beispiel Bauchspeicheldrüsen-Krebs: Bundesweit überstehen laut Barmer im Mittel 10,3 Prozent der Patienten den ersten Monat nach dem Eingriff nicht. Steigt die Zahl der Operationen in einem Krankenhaus aber auf das Doppelte, fällt die 30-Tage-Sterblichkeit auf 8,4 Prozent. Zudem verringert sich die Häufigkeit an Komplikationen deutlich. Bei Darmkrebs-OPs ist das Bild ähnlich. Hier fällt die Sterblichkeit im Mittel von 4,4 auf 3,6 Prozent. Die Zahlen stammen aus dem Barmer-Krankenhausreport.

Der AOK liegen Daten für andere Bereiche vor. So nimmt die Sterblichkeit bei OPs bei Speiseröhrenkrebs vom Mittelwert 8,5 Prozent auf 6,3 Prozent ab, wenn Kliniken den Eingriff häufig ausführen. Bei minimalinvasiven Herzklappen-Implantationen sinkt der Wert von 2,6 auf 2,4 Prozent. Klingt nach einem niedrigen Zugewinn. Handlungsbedarf aber besteht: Allein in Sachsen-Anhalt sterben laut Barmer jedes Jahr rund 3000 Patienten nach einer OP im Krankenhaus. „Allein bei Bauchspeicheldrüsen- und Darmkrebs-Operationen könnten innerhalb eines Jahres bundesweit knapp 380 Todesfälle verhindert werden, wenn die OPs in Krankenhäusern mit doppelt so hoher Fallzahl ausgeführt würden“, sagte Barmer-Landesgeschäftsführer Axel Wiedemann.

Wiedemann rät Patienten, bei komplizierten Eingriffen, ein Krankenhaus mit hohen Fallzahlen und Spezialistenteams zu bevorzugen. Die große Mehrheit der Sachsen-Anhalter erreiche ein solches Krankenhaus binnen 60 Minuten. Die meisten Bauchspeicheldrüsen-OPs führten 2019 die Unikliniken Magdeburg (76) und Halle (67) sowie das Klinikum Magdeburg (40) aus. Andere, darunter das Harzklinikum (11) oder das Johanniterkrankenhaus Stendal (14), bewegten sich teils weit darunter.

Dabei arbeiten die Kliniken nicht im rechtsfreien Raum. Der Gesetzgeber hat für komplizierte Operationen Untergrenzen festgelegt. So gilt für die Einsetzung künstlicher Kniegelenke die Mindestzahl von 50 OPs jährlich, für Nieren-Transplantationen liegt sie bei 25 OPs, für Bauchspeicheldrüsen-OPs bei 10. 2021 dürfen laut AOK wegen der geltenden Untergrenzen nur noch 29 der 48 Kliniken in Sachsen-Anhalt überhaupt Spezial-Ops ausführen.

Wegen des Zusammenhangs zwischen Sterblichkeit und OP-Häufigkeit forderte die AOK zuletzt eine Anhebung der Untergrenzen, etwa für komplizierte Bauchspeicheldrüsen- und Speiseröhren-OPs.