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Urteil Bördegemeinde gewinnt Millionenklage

Barleben im Landkreis Börde probt den Aufstand gegen die Landesregierung. Ein Gerichtsurteil hat dem Ort 3,7 Millionen Euro beschert.

18.05.2018, 23:01

Magdeburg l Jahrelang hat sich Barleben vor den Toren Magdeburgs Ausgaben geleistet, von denen andere Kommunen nur träumen konnten: Hohe Prämien für Häuslebauer, Babys und Sportvereine. Dank sprudelnder Gewerbeeinnahmen ging es der Gemeinde am nördlichen Stadtrand Magdeburgs jahrelang hervorragend.

Doch das ist vorbei, die Einnahmen sind stark eingebrochen: Von einst mehr als 30 Millionen Euro pro Jahr ging es bei der Gewerbesteuer runter bis auf sechs Millionen Euro. Inzwischen ist ein hoher Schuldenberg in zweistelliger Millionenhöhe aufgelaufen. Zuletzt wurden die Kita-Beiträge erhöht, ein Haushalt konnte für 2018 noch nicht aufgestellt werden.

Das Land schreibt vor, dass reiche Kommunen einen Teil ihrer Einnahmen abgeben müssen. Das Geld fließt über den kommunalen Finanzausgleich jedes Jahr in einen Umlagetopf und wird anschließend an besonders finanzschwache Gemeinden gegeben. Im Jahr 2017 wurden in Sachsen-Anhalt rund 21,3 Millionen Euro auf diese Weise umverteilt.

Im Falle Barlebens führte diese Praxis 2014, kurz nach dem Gewerbesteuereinbruch, jedoch zu einer skurrilen Situation: Trotz der Mindereinnahmen sollte die Gemeinde 3,7 Millionen Euro in den Umlagetopf einzahlen. Der Grund: Bei den Berechnungen zum Finanzausgleich werden Vorjahreswerte herangezogen – und da ging es Barleben noch prächtig. Nachdem die kleine Gemeinde selbst in die roten Zahlen gerutscht ist, wollte sie es nicht hinnehmen, auch noch eine hohe Umlage an arme Gemeinden abzuführen.

Die Richter am Verwaltungsgericht Magdeburg haben dieser Klage nun stattgegeben. Der plötzliche Verlust des Gewerbesteueraufkommens rechtfertige die Befreiung der Gemeinde von der Finanzkraftumlage, urteilten sie. Die Zahlung dieser wäre ansonsten eine „besondere Härte für die Gemeinde“. Barleben soll die 3,7 Millionen Euro zurückerhalten. Gegen das Urteil kann die Landesregierung noch Berufung einlegen.

Klar ist aber schon jetzt: Sollte das Urteil rechtskräftig werden, ginge die Befreiung Barlebens zulasten derjenigen finanzschwachen Kommunen, die von der Umlage profitieren. Barleben war 2014 einer der größten Einzahler in den Topf (3,7 von 15,6 Millionen Euro). Diese Summe würde bei der Festsetzung der nächsten Zuweisungen 2019 mit verrechnet werden. Die betroffenen armen Kommunen würden deutlich weniger Geld erhalten.

Die steuerschwächsten Gemeinden in Sachsen-Anhalt sind derzeit Sommersdorf (Landkreis Börde), Schollene, Werben, Klietz (alle Landkreis Stendal), Bornstedt, Hergisdorf, Brücken-Hackpfüffel, Benndorf (alle Mansfeld-Südharz) sowie Finneland und Eckartsberga (beide Burgenlandkreis).

Architekt des kommunalen Finanzausgleichs ist das Haus von Finanzminister André Schröder (CDU). Das Ministerium kann gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Magdeburg noch Berufung einlegen. „Das prüfen wir derzeit“, erklärte ein Sprecher.

Welche Löcher Barleben mit den 3,7 Millionen Euro stopfen will, ist offen. Wird das Urteil rechtskräftig, entscheidet der Gemeinderat über die Verteilung.

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