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Mediziner: Herzpatienten scheuen in Pandemie Gang zum Arzt

Herzpatienten haben wegen Corona Angst, bei Beschwerden einen Spezialisten aufzusuchen. Die Folgen sind oftmals dramatisch.

25.12.2020, 09:46
Frank Rumpenhorst
Frank Rumpenhorst dpa

Coswig (dpa/sa) - Die Furcht vor dem Coronavirus schreckt viele Patienten ab, bei Herzproblemen einen Hausarzt oder Spezialisten aufzusuchen. Verzögerungen haben aber schwerwiegende Folgen, wie der Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Mediclin Herzzentrums Coswig (Landkreis Wittenberg), Thomas Eberle, sagte. "Wir haben zahlreiche Fälle gesehen, in denen die Patienten in einem sehr schlechten Zustand verspätet in unsere Klinik gekommen sind."

Beispielsweise hatte demnach ein 75-jähriger Patient drei Tage lang "angina pectoris"-Beschwerden, sogenannte Brustenge, verspürt. Er ging nicht zum Arzt. Sechs Wochen später kam es zu einer zunehmenden Luftnot. Die Ärzte sahen, dass er einen Herzinfarkt mit einem Loch in der Herzscheidewand der Herzkammern hatte. "Trotz erfolgreicher Behandlung in Coswig durch kathetergestützes Einsetzen eines Verschlusssystems in das Loch der Herzscheidewand, sind die Lebensqualität und Lebensdauer dieses Patienten nun stark herabgesetzt. Eine einfache Herzkatheteruntersuchung hätte dies verhindern können", sagte der Mediziner.

Bei einem Herzinfarkt fehlt dem Herzen wegen verstopfter Blutgefäße Sauerstoff, ein Teil des Herzmuskels stirbt ab. Es kommt zu Rhythmusstörungen, die einen Herzstillstand auslösen können. Als Risikofaktoren gelten Übergewicht, Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum sowie plötzliche Stressbelastungen.

Seit 2013 gibt es das regionale Herzinfarktregister Sachsen-Anhalt (RHESA), das jetzt in ein elektronisches Register (eHESA) umgewandelt wird. Das Ministerium für Soziales, Arbeit und Integration des Landes Sachsen-Anhalt fördert das Projekt bis Ende 2022 mit rund 640 000 Euro. Zwischen Mitte 2013 und Ende 2019 wurden rund 5200 Herzinfarkte registriert.

"Es sterben immer noch zu viele Menschen an Herzinfarkten hier in der Region. Wir müssen diesem Problem ursächlich begegnen und dafür ist das Register gut", sagte der Direktor des Instituts für Medizinische Epidemiologe, Biometrie und Informatik der Medizinischen Fakultät der Universität Halle, Rafael Mikolajczyk. Das eRHESA ist an seinem Institut angesiedelt.

Neben Sachsen-Anhalt bestehen in Augsburg, Berlin, Brandenburg und Bremen lokale Herzinfarktregister.

MEDICLIN Herzzentrum Coswig

Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik