1. Startseite
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. Lokalsport Magdeburg
  6. >
  7. Der schnellste Junge an der Elbe

Leichtathletik Der schnellste Junge an der Elbe

Diesem jungen Stendaler steht mit großer Wahrscheinlichkeit eine große Karriere bevor.

Von Florian Schulz 15.12.2017, 09:00

Stendal/Magdeburg l Zwar ist der gebürtige Stendaler Thomas Barthel in Diensten des Sportclubs (SC) Magdeburg erst 19 Jahre alt, allerdings darf das Leichtathletik-Talent schon auf mehrere bedeutende Titel zurückblicken. Alles fing beim SV Wasserfreunde Stendal an. Diesem Verein gehörte Thomas Barthel allerdings nur kurzzeitig an. „Die Freude hat mir gefehlt“, verrät der Altmärker. Sein vier Jahre älterer Bruder Markus, selbst auch eifrig als Leichtathlet aktiv, nahm Thomas 2010 mit zum Training und überzeugte ihn vom Stendaler LV. Von dort aus ging es für Barthel 2013 auf die Sportschule sowie zum SC Magdeburg. Bei diesem Traditionsverein möchte sich der 19-Jährige nun dauerhaft national und international einen Namen machen.

Beim Stendaler LV landete Thomas Barthel vor allem aus einem Grund: „Mein Sportlehrer Herr Arndt wollte mich, als ich damals noch das Winckelmann-Gymnasium besuchte, mit zu ‚Jugend trainiert für Olympia‘ nehmen. Darauf wollten wir uns vorbereiten.“ Flink war der Altmärker schon immer. „Bereits im Kindergarten und in der Grundschule konnte ich schnell laufen“, berichtet das Leichtathletik-Ass mit einem Schmunzeln. Ab 2011 und nach einem Jahr intensivem Training absolvierte Thomas dann auch Wettkämpfe für den SLV. „Bei Landeswettkämpfen in Magdeburg und Halle bin ich auf der Sprintstrecke allen davon geflitzt“, erinnert sich der heute 19-Jährige zurück.

Was das Laufen und Sprinten anging, trainierte der Stendaler bei Kerstin Müller, wobei er sich ab und an – aufgrund seiner idealen Größe und Muskulatur – auch beim Kugelstoßen und Diskuswerfen versuchte. „Ich konnte mich gut mit anderen reinen Werfern messen“, blickt Thomas Barthel zurück. Karin Köppe stand ihm dabei zur Seite. Weil Barthel eine tolle und vor allem rasche Entwicklung nahm, sicherte sich der SC Magdeburg zum Jahresbeginn 2013 seine Dienste. Doch nach seinem Wechsel an die Elbe trainierte der Youngster weiterhin in Stendal in einer „kunterbunten Trainingsgruppe“ und ging dort auch nach wie vor zur Schule. In den Sommermonaten probte er teilweise auch schon mit den Senioren, beispielsweise mit Otto Nawrocki.

Dazu fuhr er oftmals dienstags nach der Schule gemeinsam mit seinem Bruder zum Sprinttraining nach Magdeburg bei Eik Ruddat – auch heute noch der Trainer des Talents. Bereits 2012 beteiligte sich der Altmärker an überregionalen Wettkämpfen wie den Mitteldeutschen und Norddeutschen Meisterschaften. Er legte seinen Fokus auf die 100-Meter-Sprintdistanz. Seine Bestzeit erreichte er bei den Norddeutschen Meisterschaften in Lichterfeld bei Berlin in 11,10 Sekunden. Nebenbei nahm Thomas, gemeinsam mit Partnerin „Lotti“, bis zu zweimal wöchentlich an Tanzkursen im Tanzzentrum teil – das übrigens knapp zwei Jahre lang. Dies bezeichnet er rückblickend als guten „Ausgleich“. Das Tanzpaar probierte sich in Standardtänzen wie Walzer, Cha-Cha-Cha oder Tango aus. „Auch auf Abschlussbälle gingen wir oft zusammen“, erinnert sich der 19-Jährige, für den es von Beginn an keine echte Alternative zur Leichtathletik gab, gern zurück. Das Tanzen war nicht mehr als ein gutes Hobby, so dass er mittlerweile den Schlussstrich gezogen hat.

Erster Höhepunkt in seiner SCM-Zeit war die Teilnahme an den Deutschen Jugendmeisterschaften in Rostock. Dort ging Thomas Barthel in der 4x100-Meter-Staffel an den Start. Natürlich hatte er sich zuvor besonders mit seiner eigenen Zeit über die 100 Meter befasst – und er konnte zufrieden sein. Am 26. Juni des Jahres 2013 ging Thomas als U16-Athlet neben mehreren U18-Startern an der Ostseeküste über die 100 Meter an den Start – die Magdeburger Staffel wurde Zweite, auch Barthel selbst freute sich über den Silberrang. „Die haben nicht schlecht geguckt, als sie auf dem Siegerpodest erstmal mitbekommen haben, dass ich eigentlich noch zu jung war“, erinnert sich der 19-Jährige, in Rostock unterstützt von seiner Mutter, deren Lebensgefährten sowie weiteren Familienangehörigen, grinsend zurück. Anschließend ging es an den Ostseestrand zum „Family-Meeting“. „Wir haben zu fünft angestoßen und ich sagte: Nächstes Jahr werde ich dann Deutscher Meister.“

Anschließend, besser gesagt nach den Sommerferien 2013, wechselte der Altmärker dann auf das Internat in Magdeburg. „Ich musste Familie, Freunde, Bekannte und Schule in Stendal zurücklassen“, verrät der 19-Jährige. Seine Eltern Katrin und Heiko wussten, was auf ihren Sprössling zukommt. „Sie waren auf einem ähnlichen Erfolgsniveau wie ich“, erklärt Thomas. „Schon damals hatte ich eine Lauftechnik, wo ich heute denke: Wie ging das?“, fügt er an. Als Vizemeister Deutschlands schaffte er im 100-Meter-Finale eine Zeit von 10,84 Sekunden. „Ich habe damals noch gar nicht wirklich wahrgenommen, was abging. Dabei wurde ich oft als Rohdiamant bezeichnet“, verrät der Stendaler. Großen Anteil daran hatte Trainerin Kerstin Müller. Doch irgendwann konnte sie mit ihrem Wissen das Talent nicht mehr weiterentwickeln, in Bezug auf eine Leistungssteigerung. „Ich habe als ihr Schüler quasi ihre Prüfungen erfolgreich abschließen können und wurde mit einem sehr sicheren Gefühl an Eik Ruddat übergeben“, verrät Thomas Barthel. Der ist noch immer vor jedem Wettkampf angespannt: „Das muss auch so sein.“ Sein Senior wohnt berufsbedingt bereits seit mehreren Jahren in Magdeburg und begleitete Thomas schon in den Jahren 2011 und 2012 oft zu dessen Wettkämpfen.

Seine Eltern leiteten auch seinen Wechsel nach Magdeburg mit in die Wege, auch wenn der SCM schon zuvor mehrfach nach Wettkämpfen Interesse bekundete. Katrin und Heiko Barthel führten im Winter 2012 Gespräche mit Eik Ruddat. Davon wusste Thomas Barthel nichts. „Am Abend hat mir meine Mutti erklärt, dass sie nicht zu einer Weiterbildung war, sondern sich mit einem Trainer vom SCM getroffen hat“, verrät der 19-Jährige. Nachdem sie ihm auch alles Weitere verriet, hatte Thomas den gesamten Dezember über Zeit, um sich Gedanken über den Gang auf das Sportgymnasium in der Landeshauptstadt zu machen. Das Ergebnis: Er entschied sich dafür, den schwierigen, aber auch großen Schritt zu machen.

Ab dem 1. Januar 2013 stand im Startpass des Stendalers in der Rubrik Verein der SC Magdeburg. Maximilian Menshausen und weitere, bis zu vier Jahre ältere Athleten erleichterten dem Altmärker in den einzelnen Trainingseinheiten im Olympiastützpunkt von Winter bis Sommer den Einstieg. „Im Internat und im Verein waren mir durch die vorausgehenden Wettkämpfe viele Namen und Gesichter bereits bekannt“, verrät Barthel. Auch der Stendaler, mittlerweile in Neuermark-Lübars wohnhaft, war vielen Neu-Vereinskollegen bereits bekannt. In der Leistungsspitze in ganz Deutschland sieht Thomas Barthel sich noch nicht. Das ließe sich schon allein an den Zeiten über 100 Meter festmachen. 2013 lag er noch bei 10,84 Sekunden, in diesem Jahr ist er nach stetigen Verbesserungen immerhin bei 10,35 Sekunden angelangt. „Wohin die Reise da noch gehen kann, weiß niemand“, ist der 19-Jährige gespannt.

Oft geht Thomas Barthel morgens in der Mensa allein frühstücken, um seine Ruhe zu genießen. Ab und an begleitet ihn aber eine gute Freundin namens Lena, mit der er sich ohnehin viel austauscht. Die Schule beginnt um 7 Uhr, wobei sich von 9 bis 11 Uhr direkt eine Trainingseinheit anschließt. Nachdem Thomas von 12.30 bis 15 Uhr noch einmal die Schulbank drückt, wird von 15.30 bis etwa 17.30 Uhr noch ein zweites Mal trainiert. In der Zwischenzeit hat der Stendaler ab und an Zeit, um seine Hausaufgaben zu erledigen. Somit darf er sich nach dem Abendessen um 18 Uhr zumeist auf sein Bett freuen. Dort schaut sich der Altmärker, um abzuschalten, häufig Gaming-Videos auf YouTube an. Thomas wird im Frühjahr des kommenden Jahres sein Abitur nach 13 Jahren ablegen. „Wie es danach weitergeht, steht noch nicht fest“, verrät der 19-Jährige, der sich schon ein wenig mit der Filmeproduktion vertraut gemacht hat und dies als großes Hobby ansieht.

In seiner Geburtsstadt trifft man Thomas Barthel auch noch häufig an. Beispielsweise fungierte er als Kampfrichter und Helfer bei den Hallen-Altmarkmeisterschaften im November dieses Jahres. „Ich bin sehr heimatverbunden und freue mich auch immer riesig, in Stendal und beim SLV zu sein“, verrät der 19-Jährige. Auch am 27. Mai des kommenden Jahres wird Barthel wieder in der Kreisstadt der Ostaltmark gastieren. Dann nämlich wird im Rahmen des 6. Hanse-Cups erstmals die Supersprinterin beziehungsweise der Supersprinter der Altmark gesucht. „An diesem Sonntag werde ich dabei sein und zusammen mit dem SLV die Schnellsten der Jahrgänge 2008 bis 2013 suchen, was ein Riesenspaß wird“, freut sich der Wahl-Magdeburger bereits auf die Veranstaltung.

Womöglich wird er dann auch auf seine ehemalige Trainerin Kerstin Müller treffen, mit der das Talent noch immer im regelmäßigen Kontakt steht. Für Deutschland möchte Barthel im kommenden Jahr unbedingt bei der 4x100-Meter-Staffel der Männer bei der Europameisterschaft in Berlin starten, ein weiteres großes Ziel sind die Olympischen Spiele in Tokio 2020. Beruflich hat der 19-Jährige aktuell noch nicht wirklich geplant. Er setzt vor allem auf die Karte Leistungssport. Ob er auch nach seiner Laufbahn dem Sport, beispielsweise als Übungsleiter, verbunden bleiben wird, kann der Altmärker zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verraten.

Gern blickt Thomas auf das Jahr 2017 zurück. „Es war ein einziges Highlight, was wir noch immer genießen und worauf wir immer gern zurückblicken“, so der Youngster. Viele Impressionen in Form von Fotos und Videos hat er auf seiner Instagram-Seite „Schneller_Junge_an_der_Elbe“ hochgeladen. Moderator und N-TV-Netzreporter Daniel Schüler nannte Barthel im Juli dieses Jahres bei der zweitägigen Bauhaus-Juniorengala in Anlehnung an seinen Account „Schnellster Junge an der Elbe“. „Eigentlich wollte ich das erst nicht, aber er machte es im Finale, als ich die 100 Meter in 10,35 Sekunden gelaufen bin“, verrät der Stendaler schmunzelnd. „Für die Zukunft wünsche ich mir nur, dass ich gesund bleibe und allein entscheiden kann, wann ich aufhöre mit dem Leistungssport“, so der 19-Jährige abschließend. Und wer weiß: Vielleicht geht Thomas Barthel in vielen Jahren nach einer hoffentlich erfolgreichen Laufbahn auch noch mal für den Stendaler LV – da, wo alles anfing – auf Titeljagd.