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Porträt Aydan Özoguz - Reizfigur für Konservative

Seit fast zwei Jahren kümmert sich Aydan Özoguz im Auftrag der Bundesregierung um Migration, Integration und Flüchtlinge. Zu Beginn galt die SPD-Politikerin als unauffällig und machtlos. Jetzt macht sie häufiger von sich reden, eckt aber auch an.

Von Anne-Beatrice Clasmann, dpa 16.11.2016, 14:19

Berlin (dpa) - Aydan Özoguz (49) ist freundlich und verbindlich. Selbst von Menschen, die sie anfeinden oder ihren Rücktritt fordern, lässt sich die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung nie zu Unhöflichkeiten hinreißen.

Das hat der zurückhaltenden Hamburgerin den Vorwurf eingebracht, sie sei "zu freundlich" und "zu tolerant". Wo da das Problem ist, versteht die SPD-Politikerin nicht so ganz. Sie sagt: "Ich finde Freundlichkeit erst einmal ein wichtiges Gut." Schließlich könne ihr niemand vorwerfen, sie habe keinen Spaß an der politischen Auseinandersetzung. Mit der CSU legt sich Özoguz sogar besonders gerne an. Denn aus ihrer Sicht gefährden die Christsozialen, indem sie die Muslime "unter Generalverdacht stellen", den gesellschaftlichen Frieden.

Nur wenn man sie auf ihre Herkunft und ihre Familiengeschichte reduziert, wird sie schmallippig. Ihre Brüder Yavuz und Gürhan betreiben ein Internetportal für Schiiten mit teilweise radikalen Inhalten. Nachdem sie mehrfach klargestellt hatte, dass sie die dort vertretenen Ansichten nicht teilt, blockt sie Fragen nach ihren Brüdern mit Hinweis auf ihre Privatsphäre ab.

Aydan Özoguz ist in Hamburg geboren, wo ihre Eltern Anfang der 60er Jahre ein Importgeschäft gegründet hatten. Nach dem Abitur studierte sie Sprachen und Personalwirtschaft, arbeitete später für die Körber-Stiftung. Özoguz ist Mutter einer Tochter und gläubige Muslimin. Ihr Mann, der ehemalige Hamburger Innensenator Michael Neumann (SPD), ist katholisch. 

Politisch steht Özoguz ganz klar links. Als Mensch wirkt sie eher konservativ. Sie trägt meist klassische, damenhafte Mode. Der kumpelhafte Ton vieler Genossen ist nicht so ihr Ding - zumindest nicht in der Öffentlichkeit.

Die SPD-Politikerin sitzt seit 2009 im Bundestag, war vorher Mitglied der Hamburger Bürgerschaft. Trotz dieser Erfahrung tut sie sich manchmal auch heute noch schwer, präzise und vorsichtig zu formulieren. Deshalb ist sie jetzt auch mit einer verunglückten Äußerung zum "Augenmaß" bei Razzien in mutmaßlichen Salafisten-Moscheen angeeckt. Anfang des Monats hatte sie mit der Aussage Kritik auf sich gezogen, man dürfe Ehen von Minderjährigen nicht pauschal verbieten, da dies "im Einzelfall junge Frauen ins soziale Abseits drängen" könne.  

Für konservative Unionspolitiker war Özoguz aber schon vorher eine Reizfigur. Das liegt vor allem an ihrer positiven Haltung zum Doppelpass und ihren wiederholten Aufrufen zu mehr Toleranz gegenüber Zuwanderern, die nicht alle Traditionen aus der alten Heimat über Bord werfen wollen.

Dabei weiß sie ganz genau, dass nicht alles, was Migranten an ideologischem Gepäck mitbringen, unproblematisch ist. Sie sagt, dass wir auch "ein gewisses Klientel von ganz stark nationalistischen, ja rechtspopulistischen Türken hier haben". Deren Hass hat sie kürzlich auch ganz direkt zu spüren bekommen. Nach der Verabschiedung der Armenier-Erklärung im Bundestag im vergangenen Juni wurde sie massiv bedroht.

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