Neue Aufgaben suchen Ausgefüllt durch den Tag auch im Rentenalter
Keine Arbeit, keine Termine, keine Verpflichtungen: Was verlockend klingt, kann im Alter zur Herausforderung werden. Denn was tut man den lieben langen Tag, wenn nichts ansteht?
Bonn (dpa/tmn) - Der Tag beginnt für viele Rentner bereits um 7.30 Uhr oder noch früher. Auf Anrufe der Kollegen wartet man vergeblich, wichtige Meetings stehen nicht an. Sind die Mahlzeiten oder gelegentliche Arzttermine alles, was bleibt?
Wie schafft man es unter diesen Umständen, nicht vor dem Fernseher zu versumpfen? Oder sich nur von Essen zu Essen zu hangeln?
Senioren wird selten langweilig
"Den meisten Senioren, die ich kenne, wird nicht langweilig, denen ist der Tag eher zu kurz", konstatiert Ursula Lehr, stellvertretende Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO). Manch einer reist um die Welt oder ist froh, endlich in den Tag leben zu können, fernab vom Terminstress der Arbeitswelt. Die nächsten widmen sich den Enkeln, wieder andere bringen Flüchtlingskindern die deutsche Sprache bei oder passen auf fremde Häuser auf.
Wem sich diese Möglichkeiten nicht bieten, dem kann eine selbst auferlegte Struktur und Tagesplanung mit festen Aufgaben helfen, sagt Cornelia Jurrmann, Sprecherin des Sozialverbands VdK. "Es ist aber auch wichtig, sich mit anderen Menschen zu umgeben und das Haus zu verlassen, falls das möglich ist."
Einer Gruppe anschließen
Routinen sind gut und geben Sicherheit, findet auch Lehr. Etwa das morgendliche Zeitunglesen. "Das zeigt Interesse an dem, was in der Welt vor sich geht." Andererseits fühle man sich durch zu starre Strukturen häufig eingeengt, gibt Erhard Hackler zu bedenken. Er ist Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Seniorenliga.
Ob Tanz-, Sport-, oder Freizeitverein, Stammtisch oder eine Arbeit in der Pfarrei - eine aktive Gestaltung des Alltags nach den eigenen Vorlieben ist den Experten zufolge erstrebenswert. Wer sich einer Gruppe anschließt, habe es zudem einfacher, dranzubleiben. "Suchen sie sich eine Aufgabe, die sie weder über- noch unterfordert", rät Lehr.
Frühere Hobbys wiederbeleben
"Welche Talente habe ich, wo will ich hin, was will ich tun?" Diese Fragen könnte man sich laut Hackler auf der Suche nach neuen Optionen stellen. Dabei gebe es viele kostenlose Angebote, sagt Jurrmann. Welche Hobbys wurden früher gepflegt, aber aufgrund der Arbeit oder der Kinder aufgegeben? So könnte beispielsweise die Begeisterung für das Singen oder ein Instrument wieder entfacht werden.
"Am besten überlegt man schon frühzeitig vor dem Pensionsschock, was man tun will", rät Hackler. Wer gar keine Idee hat, dem empfiehlt er, die örtliche Seniorenvertretung aufzusuchen. Oder bei der nächsten Kindertagesstätte zu fragen, ob Unterstützung gebraucht wird. "Auch der Hausarzt weiß, wer in der Nähe hilfsbedürftig ist."
Vorhandene Lebenserfahrung nutzen
Darüber hinaus ist ehrenamtliches Engagement eine gute Möglichkeit, die freie Zeit zu gestalten. Rund 34 Prozent der Über-65-Jährigen sind laut Lehr bereits ehrenamtlich tätig. Wer auf der Suche nach einer passenden Aktivität ist, kann sich an sogenannte Ehrenamtskoordinatoren, den VdK oder die christlichen Gemeinden vor Ort wenden. Besuchsdienste in Altenheimen beispielsweise oder Lesepaten in Kindergärten sind immer gefragt. "Das ist eine nette Abwechslung, die Spaß macht und einen bereichert", findet Lehr.
"Senioren besitzen eine Menge Lebenserfahrung, einen großen Wissensschatz und häufig sehr viel Expertise aus ihrem zurückliegenden Berufsleben", erklärt Jurrmann. Das sei in vielen Bereichen gefragt. Zudem komme ein Blick über den Tellerrand allen Generationen zugute.
Ein Hund als Kontaktstifter
Auch ein Hund kann dem Alltag Struktur geben, sagt Lehr. Halter müssen morgens früh raus und mittags und abends noch einmal spazieren gehen. "Außerdem ist der Hund Kontaktstifter, man kommt leicht mit anderen Menschen ins Gespräch."
Ein Hindernis kann die abnehmende Mobilität im Alter sein. Wer das Haus nur noch schwer oder gar nicht mehr verlassen kann, vereinsamt schnell, warnt Jurrmann. Hier helfen spezielle Mobilitätsdienste, die Senioren abholen und zu Behörden oder zum Einkaufen begleiten.
Warum nicht ins Internet?
Darüber hinaus kann das Internet ein Weg sein, um soziale Kontakte zu pflegen und aufrecht zu erhalten, etwa mit den Angehörigen zu skypen. "Es gibt Organisationen, die gezielt PC-, Tablet- und Smartphone-Schulungen anbieten", sagt die VdK-Sprecherin. "Auch wer ein gutes Buch liest, Musik oder Hörbücher hört, kann durchaus damit ausgefüllt sein", ergänzt Lehr.