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Alarmsignal Hebammen fehlt der Nachwuchs

Eine Studie des Landesministeriums für Arbeit, Soziales und Integration belegt die hohe Belastung der Hebammen. Auch Burg ist betroffen.

Von Susanne Klose 12.12.2018, 00:01

Burg l Die gute Nachricht: Rein statistisch gesehen sind die Geburtszahlen im Jerichower Land in den letzten zehn Jahren rund zehn Prozent gestiegen. Die weniger gute: Im ganzen Landkreis gibt es nur eine einzige Geburtsstation – das Mutter-Kind-Zentrum in der Helios Klinik Jerichower Land in Burg, mit 395 Geburten in 2017. Und die benachbarte Entbindungsstation im Klinikum Zerbst/Anhalt ist seit Juli geschlossen.

„Wir bemerken die Schließung des Standortes schon“, so Kathrin Tolle-Radigk, leitende Hebamme in der Burger Helios Klinik. Seitdem haben 22 Frauen aus der Zerbster Region in Burg entbunden. Auf der Station arbeiten derzeit zehn Hebammen, zwei davon sind momentan in Elternzeit. In Zerbst war die Station wegen Personalmangels im Juli dieses Jahres geschlossen worden, obwohl diese erst zwei Jahre zuvor aufwändig saniert worden war. Der strukturelle Nachwuchsmangel zeigt sich auch vor der Tür des Landkreises.

Ähnlich ist die Situation auch bei den freiberuflichen Hebammen. Wie viele Hebammen derzeit freiberuflich in Burg und Umgebung tätig sind, lässt sich nicht exakt beziffern. Laut der Hebammen-Studie Sachsen-Anhalt – in Auftrag gegeben vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration – habe der Landkreis über das Gesundheitsamt eine Abfrage durchgeführt: Von 18 angefragten Hebammen meldeten sich neun zurück, davon waren acht im Jahr 2017 als Hebamme tätig. In der Datenbank des Hebammenverbandes sind sechs Hebammen im Landkreis aufgelistet. Eine davon ist Charleen Reich.

„Der Hebammenmangel ist auch ein ländliches Problem“, weiß die 35-Jährige. Viele frisch ausgebildete Hebammen hätten nicht unbedingt Lust, in strukturschwachen Regionen zu arbeiten und zu leben – die klassische Landflucht scheint sich auch durch diese Berufsgruppe zu ziehen.

Immer weitere Schließungen von Kreißsälen, massive Eigenkosten als geburtshelfende freiberufliche Hebamme – auch das macht den Beruf für viele junge Menschen wenig attraktiv.

„Wir haben definitiv ein Nachwuchsproblem“, so Konstanze Möller vom Landesverband der Hebammen Sachsen-Anhalts. Das bestätigt auch Charleen Reich. Sie kennt die Probleme, die freiberufliche Hebammen in ihrem Arbeitsalltag erleben. Die Theeßenerin arbeitet seit über fünf Jahren freiberuflich, jedoch nicht in der Geburtshilfe.

„Die meisten Hebammen gehen oft wegen der hohen Kosten in die klinische Geburtshilfe“, so Reich. Allein die Haftpflichtversicherung für diejenigen, die in der Geburtshilfe selbstständig tätig sind, liegt derzeit bei 8 174 Euro im Jahr, Tendenz steigend.

Die Krankenkassen bieten einen Sicherungszuschlag an, der etwa die Hälfte der Kosten deckt. Dieser wird nach Beantragung rückwirkend ausgezahlt – die Hebammen müssen in Vorleistung gehen

Das erschwert in Kombination mit teils hohen Fahrtkosten gerade in weit verzweigten ländlichen Regionen eine Selbstständigkeit in diesem Bereich. „Das verdienen die Hebammen nicht mal eben so mit Geburtshilfe und da sind noch nicht die Kosten für die Krankenversicherung drin“, betont Konstanze Möller.

Diese Aspekte spiegeln auch die Ergebnisse der Hebammen-Studie wieder. Dafür hatte das IGES Institut Berlin rund 430 Hebammen in Sachsen-Anhalt befragt. Der Tenor ist eindeutig: Zu hohe Arbeitsbelastung, zu wenig Zeit für die Betreuung von Mutter und Kind. In den nächsten 15 Jahren hören allein mehr als 180 Hebammen aus Altersgründen auf.

Einen Personalmangel spüre das Team der Helios Klinik in Burg derzeit nicht, erklärt indes die leitende Hebamme Kathrin Tolle-Radigk. „Aktuell ist bei uns eine Stelle frei und wir hoffen, diese bald besetzen zu können.“