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Landwirtschaft Vom Kunststoff zu den Schweinen

4000 Ferkel kommen pro Tag in den Ställen der LFD-Holding zur Welt. In den ehemaligen Straathofställen soll sich einiges ändern.

Von Franziska Ellrich 25.01.2017, 08:58

Genthin l Eigene Tierärzte, so wenig Antibiotika wie möglich und Ohrmarken, über die alle Stationen im Leben des Schweins nachvollziehbar werden – so klingt das neue Konzept der LFD Holding. Vorsitzender Geschäftsführer ist Jörn-F. Göbert. Er will die Gesellschaft, die einst von Adrianus Straathof gegründet wurde, wieder auf Vordermann bringen und zum Verkauf klar machen. Man könnte bei Göbert von einem professionellen „Sanierer“ sprechen.

Bisher hatte der Nürnberger mit Tieren nichts am Hut. Zuletzt war er in der Kunststoffbranche unterwegs. Jetzt steht Göbert fast täglich mit Gummistiefeln im Schweinestall. Drei Tage pro Woche ist der neue Geschäftsführer in seinen Betrieben unterwegs, fast 3000 Kilometer legt er dabei zurück. Die Standorte der LFD in Deutschland sind die gleichen wie unter Straathof.

Elf Betriebe gibt es insgesamt in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Brandenburg, Sachsen und Bayern. Anders als bei Straathof ist eine Ferkelproduktion im Ausland nicht geplant. „Wir wollen regional bleiben“, sagt Jörn-F. Göbert. Der Verbraucher soll wissen, woher das Fleisch kommt. Und außerdem, erklärt der Geschäftsführer, habe man noch jede Menge „Hausaufgaben allein in Deutschland“ zu erledigen.

Denn anders soll es auch in den Schweineställen zugehen. Die Tiere sollen nach der Besamung schnellstmöglich raus aus den sogenannten Kastenständen. Diese schmalen Boxen werden von Tierschützern hart kritisiert, weil die Sauen sich darin nicht vernünftig bewegen können. Normalerweise standen die Tiere noch bis zu einem Monat nach der Besamung zwischen den Gitterstäben. Das soll jetzt anders werden. Bei der LFD werden die Tiere ein paar Tage später zurück in die Gruppe gebracht.

Das ist auch das Ergebnis eines langen Rechtsstreites zwischen dem ehemaligen Geschäftsführer Straathof und den Gerichten. Ihm wurden von der Behörde nicht nur zu enge Kastenstände attestiert, sondern auch Qualzucht und das unbegründete Töten von Ferkeln. Er hat allem widersprochen. Doch das verhängte Tierhaltungsverbot gilt deutschlandweit noch heute.

Mit der LFD-Holding habe Straathof rein gar nichts mehr am Hut. Das betonte Göbert auf Volksstimme-Nachfrage. Für die neue Geschäftsführung ist nicht allein der umstrittene Ruf von Schweinezüchter Straathof eine Herausforderung, sondern vielmehr sind es die Finanzen. Nachdem eine Headhunterin, also eine Personalberaterin, Göbert angerufen und ihm den Job bei der LFD angeboten hat, beginnt der 45-Jährige im September 2015 mit der Arbeit. Nur einen Monat später heißt es: „Wir haben kein Geld mehr“, erinnert sich Göbert.

Er erinnert sich auch an den Stillstand in den Monaten darauf. Doch die Banken konnten überzeugt und seit einiger Zeit kann wieder investiert werden. So zum Beispiel im Schweinestall in Demsin. Dort wurde gerade für mehr als zwei Millionen Euro die Abluftanlage modernisiert. Modern und geräumig sind jetzt auch die Büros für die LFD-Mitarbeiter. Man sitzt jetzt im Technologie- und Gründerzentrum an der Mittelheide in Roßdorf (TGZ). Der Firmen-Hauptsitz wurde vom brandenburgischen Ziesar nach Gladau zurückverlegt. „Das Unternehmen ist hier geboren“, nennt Göbert den Grund.

Erst war das alte Genthiner Krankenhaus als Firmensitz im Gespräch, jedoch wären Göbert zufolge dort die Umbaumaßnahmen zu aufwendig gewesen. „Wir wollen attraktiver für Arbeitskräfte werden“, erklärt Göbert den Umzug. Unter Straathof saß auch jeder, der keine Aufgabe im Stall hatte, mit auf dem Hof der Gladauer Ferkelzuchtanlage. Ein Großteil der Mitarbeiter ist geblieben, 45 sind es aktuell. Geht es nach Göbert werden es mehr.

Der Mann aus der Prozessindustrie will mehr „Querschnittsfunktionen“. Die hätten dem Vorgänger-System gefehlt. Mit solchen Funktionen meint Göbert zum Beispiel eigene Tierärzte bei der LFD. Aktuell läuft es in der Branche so: Externe Tierärzte stellen die Diagnose, verschreiben und verkaufen auch gleichzeitig die Medikamente und Impfungen. „Das ist aber die falsche Zielsetzung, da die Gesundheit unserer Tiere nicht abhängig sein darf von Impfungen und Antibiotika, sondern von einer kontinuierlichen Verbesserung der Herdengesundheit“, macht Göbert deutlich. Es müsste wieder mehr der Natur überlassen werden. „Und dazu braucht es mehr internes Know-How.“

Die Ziele sind also hochgesteckt. Doch der Mietvertrag im TGZ ist zeitlich begrenzt. Göbert will sich nicht zu lange binden. Alles läuft – wie angekündigt – auf einen Verkauf hinaus. Spätestens Ende 2018, Anfang 2019 soll die LFD-Holding an einen neuen Betreiber übergehen.