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Magdeburger des Jahres 2025 Ehrenamtliche Wellcome-Engel helfen frischgebackenen Eltern aus der Überforderung

Zum 34. Mal sucht die Volksstimme gemeinsam mit ihren Lesern die Magdeburger des Jahres. Im Mittelpunkt stehen engagierte Elbestädter. Zu den zehn Kandidaten gehört auch Carolin Kreutzer, die gemeinsam mit den Wellcome-Engeln Eltern mit einem Neugeborenen unterstützt.

Von Johanna Flint 28.11.2025, 18:00
Für ihr Engagement im Wellcome-Projekt wird Carolin Kreutzer als Magdeburgerin des Jahres ausgezeichnet.
Für ihr Engagement im Wellcome-Projekt wird Carolin Kreutzer als Magdeburgerin des Jahres ausgezeichnet. Foto: Viktoria Kühne

Magdeburg. - Spazieren, begleiten, aufpassen oder einfach da sein - dabei erhalten frischgebackene Eltern meist Unterstützung von Familie oder Freunden. Die Zeit nach der Geburt ist oft eine schöne, emotionale, aber mitunter auch aufreibende und anstrengende. Gerade, wenn niemand da ist, der die jungen Eltern zwischendrin entlasten und ihnen Zeit zum Durchatmen geben kann. Dann kommen in Magdeburg die Wellcome-Engel ins Spiel.

Wie Koordinatorin Carolin Kreutzer erklärt, leisten die Ehrenamtlichen niedrigschwellige Nachbarschaftshilfe, die unkompliziert und praktisch sein soll. „Jeder, der schon mal ein Baby bekommen hat, weiß, dass die Welt ganz schnell auf dem Kopf stehen kann. Das muss nicht mal mit Komplikationen oder besonderen Umständen einhergehen, wobei das Projekt natürlich auch für diese Familien gedacht ist“, sagt die 36-Jährige.

Magdeburger des Jahres 2025 - Kandidatin Carolin Kreutzer, Koordinatorin der Wellcome Engel

(Kamera: Johanna Flint, Schnitt: Laura Helcl)

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Ehrenamtliche unterstützen Eltern mit Wellcome-Projekt

Die Ehrenamtlichen, die Kreutzer „Engel“ nennt, kommen ein bis zwei Mal die Woche zu den betroffenen Familien. Wie die Hilfe aussieht, ist ganz individuell: „Die Ehrenamtlichen lieben es, mit den Babys spazieren zu gehen. Sie begleiten beispielsweise auch Zwillingsmütter zum Kinderarzt oder passen auf die Geschwisterkinder auf.“ Das Wellcome-Projekt sei auch eine präventive Hilfe und soll dafür sorgen, dass aus kleinen Problemen keine Krisen entstehen, weil sich die Eltern alleine gelassen und überfordert fühlen.

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Nicht nur die Eltern profitieren durch das Projekt, auch für die Ehrenamtlichen sei es schön. Viele von ihnen seien bereits im Rentenalter. „Es sorgt auch dafür, dass ältere Menschen sich gebraucht fühlen und Wertschätzung erfahren“, sagt Kreutzer.

In der Gesellschaft sei es wichtig, sich gegenseitig zu helfen und füreinander da zu sein. Früher sei der Umgang viel familiärer gewesen, was heute eher weniger der Fall sei. Das strahlende Baby oder die dankbare Mutter, die auf den Termin wirklich hinfiebert - das sorge dafür, dass die Besuche den Ehrenamtlichen viel Freude bereiten.

Verein Spielwagen trägt soziales Projekt in Magdeburg

Kreutzer hat 2018 als Schulsozialarbeiterin beim Verein Spielwagen angefangen, dem Träger des Wellcome-Projekts in Magdeburg. So ist sie auch zur Schule am Sternsee für körperbehinderte Kinder gekommen, an der die 36-Jährige heute als Förderschulpädagogin arbeitet. Die soziale Arbeit habe sie aber nicht gänzlich aufgeben wollen.

Dass die Initiatorin des Wellcome-Projekts Spielwagen 2020 verließ, kam Kreutzer gelegen, sodass sie die Koordination übernahm. Ursprünglich kommt das Projekt aus Hamburg, wo es das Sozialunternehmen Wellcome 2002 ins Leben gerufen hat. Mittlerweile gibt es im deutschsprachigen Raum mehr als 200 Standorte.

Carolin Kreutzer hat das Wellcome-Projekt 2020 übernommen.
Carolin Kreutzer hat das Wellcome-Projekt 2020 übernommen.
Foto: Viktoria Kühne

„Ich habe meine Kollegin früher immer für das tolle Projekt beneidet“, sagt die 36-Jährige. Kreutzer ist selbst Mutter von zwei Söhnen, die mittlerweile acht und elf Jahre alt sind. „Ich kann sagen, die Zeit mit den Babys ist toll und besonders, aber auch sehr anstrengend. Wenn man tatsächlich niemanden hat, der einen unterstützen kann, braucht es solche Projekte umso mehr.“

Überforderte Eltern erhalten Hilfe von Magdeburger Wellcome-Engeln

Für diese Familien ist die Magdeburgerin Ansprechpartnerin. Sie steht im Kontakt zu Frauen- und Kinderarztpraxen und Hebammen, die die betroffenen Familien auf das Projekt hinweisen. Auch ihre Kollegen vom Spielwagen-Familienzentrum „Emma“ haben immer ein offenes Ohr für Eltern und vermitteln gegebenenfalls: „Wenn im Gespräch herauskommt, dass sich eine Mutter überfordert fühlt oder alleine nicht klarkommt, werden sie auf das Angebot hingewiesen.“

Per Telefon findet dann ein Beratungsgespräch statt - Kreutzer wolle die Betroffenen nicht durch einen Vor-Ort-Termin zusätzlich belasten. „Oft hört man dann schon heraus, wo es zwischen Familie und Engel ganz gut passen könnte“, sagt sie. Wenn sich dann eine Ehrenamtliche gefunden hat, kommt es zum Kennenlernen und die Hilfe kann losgehen. Meistens dauern die Begleitungen zwischen drei und sechs Monaten, „bis das Leben wieder besser flutscht“. Die zehn Ehrenamtlichen begleiten im Jahr etwa zehn bis 15 Familien.

Wellcome-Projekt auf der Kippe - Spenden dringend benötigt

Kreutzer hat derzeit jedoch mit einem großen Problem zu kämpfen: Das Projekt finanziert sich aktuell nur durch Spenden. Als gemeinnütziger Verein ist Spielwagen darauf angewiesen. Die Spendenbereitschaft sei aber nicht besonders groß, das Projekt steht auf der Kippe.

„Bei den meisten Menschen wird die Bedürftigkeit nicht hoch genug angesehen. Viele denken, sie haben ihre Kinder ja auch großgezogen. Man muss sich dann aber in die besonderen Lagen der Familien hineinversetzen, wie es wirklich ist, ein Kind oder mehrere großzuziehen, wenn man niemanden hat, der einen mal kurz entlasten kann“, sagt Kreutzer. Für viele klinge es nicht nach viel, wenn eine Ehrenamtliche ein paar Stunden in der Woche hilft - für die Familien bedeute es aber die Welt und gebe ihnen Hoffnung und Kraft.

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Für die Zukunft ihres Herzensprojektes wünscht sich die 36-Jährige mehr Sicherheit und Ruhe. Ihre ehrenamtlichen Engel machen sich ebenfalls Sorgen - auch für sie möchte Kreutzer die Zukunftssorgen so gering wie möglich halten.

Alle Kandidaten-Porträts zum Magdeburger des Jahres 2025 können Sie auf www.volksstimme.de/mdj lesen.

Kandidatin Carolin Kreutzer im Kurzporträt:

  • Alter/Familienstand/Kinder: 36, verheiratet, zwei Söhne (8 und 11)
  • Beruf/Tätigkeit: Förderschulpädagogin
  • Das mag ich an Magdeburg: Es ist eine schöne, grüne Stadt
  • Hier kann Magdeburg noch besser werden: Magdeburg braucht immer sehr lange, um mit den hippen und modernen Sachen mitzugehen. Da sollten wir mutiger werden und auch mal voranschreiten
  • Magdeburg ist in zehn Jahren: eine weltoffene, coole und hippe Stadt

Das sagt Wellcome-Engel Birgit Röstel über die Kandidatin

Toll, dass Carolin Kreutzer seit 2020 die "Engel" im Hintergrund und ganz bescheiden koordiniert und das Wellcome-Projekt organisiert. Damit sorgt sie dafür, dass die Familien, die Unterstützung benötigen, diese erhalten.

Wellcome-Engel Birgit Röstel ist seit 2017 als Ehrenamtliche dabei.
Wellcome-Engel Birgit Röstel ist seit 2017 als Ehrenamtliche dabei.
Foto: Privat/Röstel

Dafür möchte ich im Namen der Engel Danke sagen, dieses Engagement gerne auch in der Öffentlichkeit bekannt machen und Carolin Kreutzer für den Magdeburger des Jahres vorschlagen.