Magdeburger des Jahres 2025 Die Ferien-Macherinnen vom Barleber See
Zum 35. Mal sucht die Volksstimme mit ihren Lesern die Magdeburger des Jahres. Zu den Kandidaten gehören auch Michelle Strobel und Zahide Adigüzel. Sie haben ukrainischen Kindern eine Auszeit vom Krieg beschert.

Magdeburg. - Unbeschwert den Sommer genießen statt ängstlich auf die nächste Detonation warten. Nachts ruhig schlafen, statt vom nächsten Knall geweckt zu werden. Das Projekt „Ferien vom Krieg“ ermöglicht Kindern und Jugendlichen aus Magdeburgs Partnerstadt Saporischschja diese Auszeit - und das seit 2023. In diesem Sommer waren 40 junge Ukrainer am Barleber See. Die beiden Magdeburgerinnen Michelle Strobel und Zahide Adigüzel haben ihnen einen unvergesslichen Aufenthalt bereitet. Und ihnen so eine Auszeit vom Krieg geschenkt.
Dass sie sich schon in so jungen Jahren ehrenamtlich engagieren, ist für Michelle Strobel (19 Jahre) und Zahide Adigüzel (20 Jahre) eine absolute Herzensangelegenheit. Die beiden Magdeburgerinnen sind selbst als Kinder in dem Ferienlager am Barleber See gewesen und sagen unisono: „Wir wollen etwas zurückgeben.“
Magdeburger des Jahres 2025 - Kandidatinnen Michelle Strobel und Zahide Adigüzel
(Kamera: Sabine Lindenau, Schnitt: Laura Helcl)Hinweis: Sollte das Video nicht angezeigt werden, laden Sie bitte Ihren Browser neu.
Magdeburger des Jahres 2025: Stimmen Sie hier ab
Kandidatinnen als Kinder selbst im Ferienlager am Barleber See
Die 19-Jährige Michelle Strobel hat vor fünf Jahren angefangen, sich in dem Internationalen Jugendbegegnungszentrum Barleber See zu engagieren. Als sie 14 Jahre alt war, habe es das Sommercamp „Ferien vom Krieg“ noch nicht gegeben. Damals war eben auch noch kein Krieg in der Ukraine. Seinerzeit habe sie sich als Hilfsbetreuerin um Kids aus Magdeburg gekümmert. Nach einer zwischenzeitlichen Pause ist sie 2023 an den Barleber See zurückgekehrt. Die komplette Verantwortung für eine Auszeit von Kindern und Jugendlichen aus Saporischschja hat die Auszubildende in diesem Sommer übernommen.
Lesen Sie auch: Magdeburger des Jahres 2025: Alle Kandidatinnen und Kandidaten im Überblick
„Es macht mir einfach Spaß, die Freude zu sehen“, sagt sie. „Wenn man am Ende ein Lächeln geschenkt bekommt, oder eine Umarmung, ist das so toll“, blickt Michelle Strobel gern auf die zwei Wochen zurück, in denen sie den Gästen aus der Ukraine viel von Magdeburg gezeigt, aber auch für Freizeitaktivitäten gesorgt hat. Der Krieg in der Ukraine sei in den Gesprächen aber niemals Thema gewesen. Die Kids zwischen 11 und 15 Jahren haben einfach für ein paar Tage vergessen wollen, was in ihrer Heimat passiert. Es sei spürbar gewesen, wie schnell sie in Magdeburg aufgeblüht seien.
Große Dankbarkeit der ukrainischen Kinder und Jugendlichen in Magdeburg
Das war auch im Durchgang, den Zahide Adigüzel geleitet hat, so. Die heute 20-Jährige war als kleines Kind in dem Ferienlager. Als sie 16 Jahre alt war, hat sie angefangen, dort ehrenamtlich zu arbeiten. „Ich habe es einfach gemacht, weil ich selbst etwas zurückgeben wollte“, sagt sie. Ihre Ferienzeiten als Kind seien prägend gewesen. Da ihre Familie nie viel Geld hatte, seien die Ferien am Barleber See für sie der Sommerurlaub schlechthin gewesen. Sie verknüpft nur positive Erinnerungen mit dem Camp. „Deshalb ist es für mich einfach eine kleine Geste“, bleibt die Auszubildende bescheiden.
Sie schätzt die Dankbarkeit der ukrainischen Mädchen und Jungen. Schon kleine Aktionen hätten bei ihnen eine sehr große Freude ausgelöst. „Sie haben auch immer bitte und danke gesagt.“ Zahide Adigüzel erinnert sich noch gern an die Ausflüge, bei denen ihre Schützlinge immer großes Interesse gezeigt haben. Auch Michelle Strobel weiß noch, wie beliebt etwa der Magdeburger Dom oder das Hundertwasserhaus als Fotomotive waren. Überall hätten die jungen Leute aus Saporischschja ihre Handys gezückt und Bilder gemacht.

Auch wenn nur die wenigsten Kinder und Jugendlichen Deutsch sprechen konnten, so habe die Verständigung doch super funktioniert. Meistens auf Englisch, manchmal aber eben auch mit Händen und Füßen. Aber immer auf Augenhöhe.
„An den ersten zwei Tagen waren sie noch sehr zurückhaltend“, erinnert sich Michelle Strobel. Doch dann hätten sie bei allen Aktivitäten super mitgemacht. „Sie waren total freundlich, auch gesprächig. Das hätte ich nicht gedacht“, sagt die 19-Jährige, die derzeit eine Ausbildung zur Pflegefachfrau absolviert. „Sie wollten immer was machen, sind nie nur in ihrem Zimmer geblieben.“ Ihr Enthusiasmus und ihre Begeisterung seien ansteckend gewesen.

Das war auch in dem zweiwöchigen Durchgang, den Zahide Adigüzel betreut hat, nicht anders. Die 20-Jährige macht derzeit noch ihre Ausbildung in einer Versicherung. Das Ehrenamt möchte sie aber nicht aufgeben. „Wenn nichts dazwischenkommt, mache ich es nächstes Jahr wieder“, blickt sie voraus.
Magdeburgerinnen haben immer noch Kontakt mit den Ukrainern
Für Michelle Strobel gehört ehrenamtliches Engagement auch zum Leben dazu. Auch sie will versuchen, immer mal als Betreuerin am Barleber See dabei zu sein. Da sie ihre Ausbildung gerade erst begonnen habe, sei es im nächsten Sommer aber eher schwierig.
Beide Magdeburgerinnen stehen aber immer noch in Kontakt mit Jugendlichen, die am Sommer ihre Auszeit vom Krieg am Barleber See verbracht haben. Soziale Medien machen die Kommunikation einfach. Und auch beim Schreiben spüren beide immer noch die Dankbarkeit und die Freude, die sie ihren jungen Schützlingen bereitet haben. Da geht Michelle Strobel und Zahide Adigüzel das Herz auf.
Die Kandidatinnen im Kurzporträt:
- Alter/Familienstand: Michelle Strobel (19), ledig; Zahide Adigüzel (20), in einer Beziehung
- Beruf/Ehrenamt: Auszubildende
- Das mögen wir an Magdeburg: Dass immer mehr Menschen hierherkommen, die mit frischen Ideen, Engagement und guter Energie die Stadt voranbringen
- Hier kann Magdeburg noch besser werden: Magdeburg darf stärker auf Schutz, Respekt und ein friedliches Miteinander, sowie auf Sicherheit und Schutz vor sexueller Gewalt setzen und zugleichmutiger und farbenfroher werden
- Magdeburg ist in zehn Jahren... eine sichere, vielfältige, offene, moderne, und farbenreiche Stadt sein, die man nicht nur besucht, sondern in der man gern bleibt, weil sie inspiriert und willkommen heißt und die neugierig macht und Menschen anzieht, weil sie Wärme und Zukunft ausstrahlt
Das sagt Sozialbeigeordneter Ingo Gottschalk, Fürsprecher der beiden: „Zahide Adigüzel und Michelle Strobel sind sehr engagiert. Ihnen gelang es in der Ferienfreizeit ,Ferien vom Krieg’ in kürzester Zeit, ein Vertrauensverhältnis zu den Kindern und Jugendlichen aufzubauen.“